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#Besteck zum Fest: Über die Vorzüge des Tafelsilbers

Altes Silberbesteck strahlt auf jeder Tafel. Und sollte auch im Alltag häufiger genutzt werden. Denn es ist pflegeleichter, als man denkt.

Dem Tischtuch bleibt selten etwas verborgen. Der Rotwein tröpfelt vom Glas, die Erbse rollt zum Gruße dem Nebenmann entgegen, der Deckensaum fängt flüggen Rotkohl ab – wie immer in letzter Sekunde, kurz vor Hosenbein. Doch das Schöne an einer Festtafel ist ja, dass das Tischgesudel die feierliche Stimmung nicht trüben kann. Im Gegensatz zum einfachen Abendbrotgedeck. Denn festtags geht Kleckern mit Klotzen einher.

Anna-Lena Niemann

Redakteurin im Ressort „Wohnen“.

Zu danken haben wir dafür auch dem Familiensilber. Schwer liegt es in der Hand und hübsch wie nichts auf dem Tisch. Das Besteck „für gut“, das es oft war (und manchmal noch ist) bringt spätestens zu den Festtagen etwas Glanz auf den Tisch. Egal, ob es eine ziselierte Rose schmückt oder feine Art-déco-Linien. Silber ist Trumpf.

Noch schöner ist eigentlich nur, wenn Silber auf Kerzenschein trifft oder besser: Kerzenschein auf Silber. Wie warm die Oberfläche des kühlen Edelmetalls dann funkelt – da könne elektrisches Licht nicht mithalten. Sagt einer, der es wissen muss: Klaus Jantos. Der Fachmann hat sich ganz dem Silber verschrieben. An der Frankfurter Paulskirche betreibt er ein kleines Antiquitätengeschäft, dessen Name „Silberkammer“ keine Übertreibung ist. In seinen Vi­trinen liegt neben allerlei historischen Objekten, Schmuck, Porzellan und Silbergeschirr auch edles Besteck.

Altes Besteck mit eher schlichtem Dekor ist auch auf modernen Festtafeln bis heute beliebt.


Altes Besteck mit eher schlichtem Dekor ist auch auf modernen Festtafeln bis heute beliebt.
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Bild: Aaron Leithäuser

„Silberbesteck war ein Statussymbol und etwa im 18. Jahrhundert noch eine Angelegenheit des Adels“, sagt der Fachmann. Weil das Metall gleichzeitig als Währung im Umlauf war, konnten sich nur wenige die in aufwendiger Handwerkskunst gefertigten Stücke leisten. Erst als der technische Fortschritt die industrielle Fertigung erlaubte, die heute das alte Handwerk vollständig verdrängt hat, und durch Galvanisierung im Vergleich günstiges, versilbertes Besteck auf den Markt kam, wurde das Tischsilber massentauglich.

Für sein Geschäft kauft Jantos aber nur Stücke an, die tatsächlich aus Silber bestehen und nicht einfach versilbert sind. Viele der Besteckteile kommen aus England oder Frankreich, weisen über ihre Punzierungen Feingehalte von 750, 800, gar 950 auf, manche haben einst höfische Festtafeln geziert. „Löffelmacher“ war damals noch ein eigener Beruf. Ein Exemplar aus dieser Zeit, gefertigt 1745 und aus dem Besitz des Herzogs zu Württemberg-Oels, zeigt noch die Spuren feiner Hammerschläge in der Laffe, dem Schöpfteil des Löffels.

Wenn warmes Licht auf kühles Silber trifft, zeigen sich die alten Glanzstücke von ihrer besten Seite.


Wenn warmes Licht auf kühles Silber trifft, zeigen sich die alten Glanzstücke von ihrer besten Seite.
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Bild: Aaron Leithäuser

Besonders wertvoll ist Barocksilber, erzählt Jantos. Es ist selten, weil Moden schon damals die Esstische Europas veränderten. Von etwa 1780 an setzt man im Klassizismus auf schlichtere Dekore. „Viel Barocksilber wurde eingeschmolzen, man wollte zeitgemäßere Bestecke haben“, sagt der Händler. Die Stücke nach dem Einschmelzen aber wieder zu punzieren, also Ziffern oder Symbole einzutreiben, die etwa nachweisen, wie hoch der Silbergehalt ist oder wer für die Arbeit verantwortlich zeichnet, sparten sich einige der Auftraggeber – denn auf Silber mussten meist Steuern entrichtet werden. Das macht die Bestimmung hin und wieder knifflig.

Das Auge isst mit, vor allem wenn man das dekorative auf edlem Stoff in Szene setzt.


Das Auge isst mit, vor allem wenn man das dekorative auf edlem Stoff in Szene setzt.
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Bild: Aaron Leithäuser

Nicht nur Laien verzweifeln gelegentlich an der Frage, wozu nun diese Zange oder jene eigentümlich perforierte Kelle aus Uromas Besteckkasten dienen soll. Auch die Kenner wie Dennis Zieres rätseln zuweilen. Beim Besteckexperten der Frankfurter Silberkammer scheint es, als gäbe es keine Jahreszahl, kein Dekor, keine Manufaktur und keinen berühmten Vorbesitzer, den er nicht im Kopf hätte. Dass auch die Fachleute das Wesen eines alten Besteckstücks mal nicht erschließen können, sei selten, komme aber vor. Ein Kuvert, also ein Besteckset für eine Person, ist früher nicht selten zwölfteilig gewesen. Und so erzählt Zieres von Schneckengabeln und Marklöffeln, bevor er aus einem Kämmerchen im Laden eine französische Austerngabel holt und einen reich verzierten Fleischspieß, dessen Opulenz nur das vergoldete Hochzeitssilber von Kaiser Wilhelm II. zu überbieten vermag, das Zieres noch danebenlegt.

Außer bei eingeschworenen Sammlern seien solche Arbeiten aber nicht mehr gefragt. Auch figurative Dekore wie bäuerliche Motive in Silberschalen oder die „Hildesheimer Rose“ verkaufe Jantos heute fast nur noch nach China oder in den arabischen Raum. Im Gegensatz zu Sets aus Jugendstil oder Art déco, die auch hierzulande noch beliebt für die Festtafel sind und wohl besser in moderne Wohnzimmer passen.

Damit sich das Silber dort lange bewährt, kommt es auf die richtige Pflege an. Silber ist zwar antiseptisch, aber säureempfindlich und eher weich, weshalb Messerklingen meist aus Stahl bestehen. Im Geschirrspüler haben die edlen Werkzeuge überdies nichts verloren, sagen die Experten. Denn Messer erweisen sich als besonderer Problemfall, weil die Griffe mit Kitt gefüllt sind. In der heißen Maschine kann sich die Masse ausdehnen und das Messer im schlimmsten Fall bersten. Auch vor Tricks wie dem Alufolien-Salzbad gegen oxidierte Stellen warnt Zieres. „Auf Dauer greift das die Oberfläche an, und das Silber kann stumpf werden“, sagt er. Eine einfache Politur aus der Drogerie und ein bisschen Geduld genügten.

Und eine kleine Meditationsübung vor dem Festtrubel muss schließlich nichts Schlechtes sein. Wer die Zeit bis zum großen Auftritt meist im Samtbett verweilen darf, wird sich wohl ohnehin zu den Schätzchen eines Haushalts zählen können und hat so viel Hingabe verdient. Und scheuen sich die Hüter des Besteckkastens doch, gibt es einen letzten Ausweg: das Silberbesteck zum Alltagsbegleiter machen. Dann kommen die Glanzstücke gar nicht erst dazu, anzulaufen.

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