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#Biathlon-WM: Warum sich die Norweger nur selbst schlagen können

Ob Schlangenbisse, Irrläufer oder andere Rückschläge – die norwegischen Biathleten sind so gefestigt, weil sie sicher sein können: Mindestens einer von ihnen schafft es immer aufs Treppchen.

Wer geglaubt hat, die norwegischen Biathleten würden bei der diesjährigen Weltmeisterschaft auf dem Podium öfter mal Platz machen für andere Nationen, konnte diesen Irrglauben spätestens nach der ersten Woche in Nove Mesto begraben. Vor dem Einzelrennen an diesem Mittwoch (17.20 im ZDF und bei Eurosport) stellt sich nur die Frage: Welcher Norweger steht diesmal auf dem obersten Treppchen?

Vor einem Jahr wäre die Antwort einfacher gewesen: Johannes Thingnes Bö. Der fünfmalige Olympiasieger war mit elf Siegen in 15 Rennen (die Staffeln ausgenommen) zur WM nach Oberhof gereist, wo er sieben Medaillen gewann, darunter fünf goldene.

Die aktuelle Saison begann für ihn allerdings holprig: ein Sturz in der Vorbereitung, ein Schlangenbiss bei der Gartenarbeit, fehlende Muskelkraft und Probleme mit dem Ellbogen. Vom ersten Weltcup-Wochenende in Östersund reiste er mit Platz 18 im Sprint und 15 in der Verfolgung ab. Mitte Dezember in Hochfilzen begann er die Wettkämpfe mit drei Schießfehlern im Sprint. Um einen Tag später seinen ersten Saisonsieg zu erreichen und über den Druck zu sprechen, der auf ihm lastete: „Nach der letzten Saison war klar, dass nur Siege gut genug sind. Der erste nach so einer Saison ist der schwierigste.”

Diametrale Formkurven

Rennen für Rennen zu betrachten, wieder in den Wettkampf-Rhythmus zu kommen, sei der Schlüssel zum Erfolg gewesen. Bei der WM in der Tschechischen Republik verteidigte er nach der Silbermedaille im Sprint erfolgreich seinen WM-Titel in der Verfolgung – vor vier seiner Landsmänner. „Gegen diese Jungs zu gewinnen ist eine große Leistung“, sagte Bö später und erklärte die Renntaktik seines Teams: „Wir wissen um unsere Stärke. Es ist besser, etwas zu riskieren als auf Sicherheit zu gehen.“

Etwas riskieren wollten eigentlich auch die deutschen Biathleten in dieser Saison – vor allem am Schießstand. Immer wieder haben sie in der Vorbereitung das schnelle Schießen unter Konkurrenzdruck geübt. Zu Beginn des Weltcups sah es so aus, als könnten sie mit den Norwegern mithalten. Doch inzwischen verlaufen die Formkurven diametral.

Während die Deutschen die erste WM-Woche ohne Medaille beendeten, fand bei den Norwegern nicht nur Johannes Thingnes Bö zu alter Stärke zurück. Auch der fünfmalige Weltmeister von 2021, Sturla Holm Laegreid oder Vetle Sjaastad Christiansen, der in Nove Mesto bisher zweimal Dritter geworden ist und die ersten Individual-Medaillen seiner Karriere gewonnen hat, zählen zu den Favoriten im Einzelwettkampf über 20 Kilometer, dem längsten und härtesten WM-Rennen.

Schock beim Trockentraining

An der Hierarchie im Team rüttelte jüngst der 26-jährige Laegreid, dem mit seinem Sprintsieg am Samstag ein Coup gelungen war. Auch er kämpfte zu Saisonbeginn mit gesundheitlichen Problemen. Beim Weltcup in Lenzerheide kurz vor Weihnachten bekam er es plötzlich mit der Polizei zu tun: Ein Schuss hatte sich beim Trockentraining im Hotel versehentlich aus seiner Wettkampf-Waffe gelöst und war in einem Sitzhocker gelandet. Zwar wurde kein Mensch dabei verletzt, doch wie tief der Schreck Laegreid in die Glieder gefahren war, zeigte ein Interview, das er danach unter Tränen dem norwegischen TV-Sender NRK gab.

„Nachdem ich die physischen Probleme bis Weihnachten im Griff hatte, kam die mentale Belastung durch den Vorfall in Lenzerheide“, sagte er in Nove Mesto. Nach dem Jahreswechsel hatte er aber auch das verarbeitet und scheint aus all dem Trubel gestärkt herausgekommen zu sein: „Ich habe den alten Sturla wiedergefunden“, sagte er. Bös Vorherrschaft hatte er nur kurz unterbrochen. Nachdem die beiden in der Verfolgung die Plätze eins und zwei wieder getauscht hatten, schrieb Laegreid auf Instagram: „Ich habe den Thron nur für dich warmgehalten.“

Ob Schlangenbisse, Irrläufer oder andere Rückschläge – die norwegischen Biathleten sind so gefestigt, weil sie sicher sein können: Mindestens einer von ihnen schafft es immer aufs Treppchen. Und weil für sie mentales Training so normal ist wie die Arbeit am Schießstand und auf der Laufstrecke: „Wenn du ein Problem mit den Zähnen hast, gehst du zum Zahnarzt“, sagte etwa Vetle Sjaastad Christiansen, „wenn du ein mentales Problem hast, geht du zum Psychologen.“

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