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#„Was ist denn hier los?“

„„Was ist denn hier los?““

Als die Schiedsrichterin abpfiff, konnten die norwegischen Spielerinnen gar nicht schnell genug in der Kabine verschwinden. Nichts wie weg, nichts wie raus hier. Die Engländerinnen dagegen schlenderten gemächlich in Richtung des Spielertunnels, klatschten sich gegenseitig ab, und die Ersatzspielerinnen bildeten ein improvisiertes Empfangskomitee an der Seitenlinie. Das Bizarre daran: Der Pfiff der Schiedsrichterin hatte nicht das Spiel beendet, sondern bloß die erste Halbzeit. Doch weil England da bereits mit sage und schreibe 6:0 führte – obendrein vor mehr als 28.000 überwiegend englischen Fans im ausverkauften Stadion in Brighton –, wussten die Spielerinnen nun offenbar nicht so recht, wie sie sich in dieser Situation verhalten sollten.

In der zweiten Halbzeit schaltete England einen Gang zurück, Trainerin Sarina Wiegman wechselte nach und nach ausgeruhte Spielerinnen ein und schonte dadurch ihr Stammpersonal, und trotzdem behielt ihr Team durchweg die Kontrolle über das Spiel und legte sogar noch zwei weitere Tore zum 8:0-Endstand nach. Eine Sensation! Zur Einordnung: Norwegen ist als einer der Favoriten zur Europameisterschaft gereist, sie haben in der Vergangenheit die Weltmeisterschaft, die Olympischen Spiele und zweimal die EM gewonnen.

Sie stehen auf Platz elf in der FIFA-Weltrangliste, nur drei Plätze unterhalb von England. Das Gruppenspiel gegen Norwegen galt deshalb als ultimativer Härtetest für die englische Auswahl, die sich ebenfalls Chancen auf den Titel ausrechnet. Doch aus dem Härtetest wurde ein Fußballfest, das mit einem neuen Turnier-Rekord endete: Noch nie zuvor hatte eine Mannschaft bei einer EM der Frauen oder der Männer in einem Spiel acht Tore geschossen.

Und Norwegen konnte sich glücklich schätzen, dass es nicht neun oder sogar zehn Gegentore hatte hinnehmen müssen. Die Chancen dazu waren vorhanden, weil Englands Stürmerinnen mitleidlos die Schwäche der gegnerischen Verteidigung ausnutzten. Drei Spielerinnen in Norwegens Viererkette spielen zwar für Profiklubs in der englischen Women’s Super League, wirkten hier aber völlig überfordert. Englands erprobte Spielzüge – wie Vertikalpässe zur Grundlinie, um den Ball von dort aus querzulegen – klappten immer und immer wieder.

Ada Hegerberg bleibt quasi unsichtbar

Bei der WM 2019 war England abhängig von den Toren der erfahrenen Ellen White, die auch gegen Norwegen zweimal traf. Heute haben die „Löwinnen“ eine Reihe von Spielerinnen, die Tore schießen können. Rechtsaußen Beth Mead etwa lief gegen Norwegen zur Höchstform auf und erzielte drei Tore. Sie hatte zuvor schon beim 1:0 im Eröffnungsspiel gegen Österreich den Treffer für England geschossen.

Auf der anderen Seite des Spielfelds machte Englands Defensive um Kapitänin Leah Williamson gegen den normalerweise gefürchteten norwegischen Angriff einen tiefenentspannten Eindruck. Norwegens Mittelstürmerin Ada Hegerberg hat mit Olympique Lyon in der zurückliegenden Saison die Champions League gewonnen, sie ist einer der größten Stars im Frauenfußball.

Keine Chance: Beth Mead ist bei ihrem Tor zum 5:0


Keine Chance: Beth Mead ist bei ihrem Tor zum 5:0
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Bild: dpa

Doch als sie in Brighton nach 75 Minuten ausgewechselt wurde, dürften viele Zuschauer im Stadion sie zum ersten Mal so recht wahrgenommen haben. Allerdings hatte sie auch kaum einmal die Gelegenheit, sich in Szene zu setzen, denn ihre Mannschaft hatte nur mickrige 36 Prozent Ballbesitz. Englands Torhüterin Mary Earps war praktisch nie ernsthaft gefordert.

Keine Chance auf Tiefstapelei mehr

England steht durch den Sieg schon vor dem letzten Gruppenspiel am Freitag gegen Nordirland als Sieger in Gruppe A fest. Im Viertelfinale treffen sie am Mittwoch der kommenden Woche auf den Zweiten der Gruppe B, in der auch Deutschland antritt. Die Erwartungen im Land waren schon vor dem Norwegen-Spiel hoch, doch nach dieser Machtdemonstration wird Trainerin Wiegman sie selbst mit den künstlerischsten Mitteln der Tiefstapelei nicht mehr einfangen können.

Jonas Eidevall, Trainer der Frauenmannschaft des FC Arsenal, sagte als Fernsehexperte beim Sender BBC, England habe Norwegen regelrecht zerlegt: „Sie waren zwei oder drei Stufen über Norwegen. Ich hatte ein ausgeglichenes Spiel erwartet, aber das war wirklich eindrucksvoll von England.“

Wiegman hatte die Nationalmannschaft der Niederlande bei der EM 2017 zum Titel und bei der WM 2019 ins Finale geführt. Sie gilt als detailversessen und perfektionistisch, frühere Wegbegleiter beschreiben sie als Workaholic. Während der ersten Halbzeit gegen Norwegen sah man sie, wie sie akribisch Notizen in ein Buch schrieb. Hinterher gewährte sie einen Einblick in ihre Gedanken, als sie dabei zusah, wie ihre Mannschaft alle paar Minuten ein Tor schoss.

„Um ehrlich zu sein, dachte ich: Was ist denn hier los? Ich glaube, ich kann heute Abend sehr zufrieden sein.“ Ihr Job wird nun sein, das Team vom Rausch zurück in die Routine zu führen und die Konzentration im Kader hochzuhalten. „Es sind drei Punkte, ob du 1:0 oder 8:0 gewinnst“, sagte sie. „Wir haben noch nichts gewonnen. Wir bleiben auf dem Boden.“

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