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#Björk und die männliche Venus

Björk und die männliche Venus

Eigentlich hätten es Rühreier sein sollen, die Björk im Video zu „Venus as a Boy“ zubereitet. Doch Regisseurin Sophie Muller bestand auf Spiegeleiern und so sehen wir die damals Siebenundzwanzigjährige in einer bunt eingerichteten Küche, wie sie mit romantisch entrücktem Blick Eier in einer Pfanne brutzelt, die ihr zwischendurch sogar anbrennen. Dass eine fluide, amorphe Masse passender gewesen wäre, merkten später sowohl Björk als auch Muller an, obwohl dieser „Fehler“ im Grunde egal sein könnte. Schließlich ist „Venus as a Boy“ einer der populärsten Videoclips der neunziger Jahre – und ein früher Beleg für Björks so extensiven wie genialen Einsatz des Mediums Video, der weit über die reine Bebilderung der Songs hinausgeht.

Björks Inspiration zu Song und Ei-Motiv stammen aus dem Buch „Story of the Eye“ („L’Histoire de l’oeil“, 1928) von Georges Bataille, in dem – neutral ausgedrückt – sexuelle Experimente eines Teenagerpärchens beschrieben werden. Verschiedenste Flüssigkeiten von Milch bis Urin und natürlich Eigelb und -weiß sind zentrale Elemente des Romans, von dem schon die ganz junge Björk Gudmundsdottir so sehr beeindruckt war, dass das Debütalbum ihrer ersten Band Kukl den Titel „The Eye“ trug. Von Kukls Debüt bis zu Björks Soloalbum „Debut“ vergingen gut zehn Jahre inklusive der Zeit mit den legendären Sugarcubes – die Faszination mit dem Bataille-Stoff blieb, den Sophie Muller vor den Dreharbeiten aus zeitlichen Gründen nicht lesen konnte, weshalb sie den unterschiedlichen Aggregatszuständen zubereiteter Eier nicht die angemessene Bedeutung zukommen ließ. Stärker für Muller sprechen ihre Referenzen: Sie zeichnete für viele Videos von Annie Lennox, Sade, Sinéad O’Connor und Shakespear’s Sister verantwortlich und war die perfekte Wahl, um Björks Solo-Image zu kreieren, lange bevor deren intensive Kooperation mit Michel Gondry begann.

Als Björk 1992/93 in London mit Producer Nellee Hooper (Soul II Soul, Wild Bunch) die Platte einspielte, war „Venus as a Boy“ eins der letzten Stücke, die Gestalt annahmen. „Debut“ erschien im Juli 1993, als die letzten Ausläufer von Grunge die Musikwelt dominierten, Nirvana brachte „In Utero“ heraus, Pearl Jam ihre zweite Platte „Vs“. 1993 war aber auch ein Jahr mit sehr starken Alben aus weiblichen Händen wie Liz Phairs „Exile in Guyville“, „Last Splash“ von den Breeders, und „Rid of Me“ von PJ Harvey. Inmitten dieses gitarrenlastigen Veröffentlichungsumfelds wirkte „Debut“ wie ein freundlicher, wundersamer Alien: Die Mischung aus Dancebeats (wie in „Big Time Sensuality“ und „Violently Happy“), der ungewöhnlichen Instrumentierung mit Harfen und Flöten plus Björks exaltierten Vocals begründeten ihren Ruf als isländische und damit exotische, weil nicht angloamerikanische Pop-„Elfe“.

Das Stück entwickelte sich zum Langzeitliebling

Die spätere Avantgarde-Entwicklung wird auf „Debut“ bereits vorweggenommen, ebenso macht sich Björks thematische Konzentration auf den Dualismus respektive Widerspruch Mensch – Natur in Songs wie „Human Behaviour“ schon deutlich bemerkbar. Dennoch: Auch für heutige Ohren klingt „Debut“ erstaunlich zugänglich und catchy, vereint Indiepop-Schrägheiten mit mainstreamtauglichem Hitgespür und Liebe zum Detail. Die charakteristischen Tablaklänge von „Venus As A Boy“ zum Beispiel wurden auf Björks und Hoopers Wunsch von Talvin Singh on site in Bombay eingespielt, um typisch indische Bollywood-Atmosphäre einzufangen. Nach den ersten verschleppt-verführisch klöngelnden Tönen skizziert Björk einen Jungen, dem es wie der römischen Göttin der Liebe um die Schönheit in allen Dingen geht – beziehungsweise völlig unverblümt um Sex:

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