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#Bleibende Spuren in der Wüste

„Bleibende Spuren in der Wüste“

Die norwegischen Architekten des Büros Snøhetta („Schneekappe“) stellen mit ihren Bauten die Winckelmannsche Klimatheorie auf den Kopf. Ihr Osloer Opernhaus mit seiner in den Hafen kippenden riesigen Freifläche aus weißem Marmor erinnert an Caspar David Friedrichs Eisschollen aus dessen Gemälde „Gescheiterte Hoffnung“ und kühlt selbst an heißesten Tagen durch den bloßen Anblick wohltuend herunter. Snøhettas achtzehnstöckiger Mu­seumsbau ITHRA in der arabischen Wüste im weitläufigen Dhahran hingegen glänzt wie ein gigantischer Kiesel im Sand, der von ebenfalls rund geschliffenen „Stein“-Ne­ben­gebäuden gehalten wird. Die Oberfläche des Baus mit achtzigtausend Quadratmetern Fläche für Theater, Kinos, Ausstellungen und einer fünfstöckigen Bi­bliothek im Innern, die furios die berühmte Treppenspirale des Guggenheim in New York zitiert, wirkt aber nur aus der Entfernung glatt. Tatsächlich erscheinen beim Annähern feine Riefen auf der Oberfläche, als hätte sie der Wüstenwind dort über die Zeiten eingeschmirgelt. Es sind Tausende und Abertausende von Metallrohren, die den Bau überziehen wie die silbrigen Pipelines der nahen Ölquellen oder die Leitungen der allenthalben notwendigen künstlichen Bewässerungsanlagen den Sand.

Auch im Innern überrascht der von au­ßen wie ein futuristischer Monolith thronende Bau, in dem in den vergangenen Jahren Leonardo da Vincis Codex Atlanticus, Edvard Munchs kühle Landschaften und Van Gogh präsentiert wurden: Kein frostig modisches Metall empfängt den Besucher, vielmehr in warmen Lehmtönen eingefärbter Stampfbeton, aus dem noch die Kiesel herausragen und der von dunkel augenschmeichlerischen Bronzegewänden eingefasst wird. Atmende Lehmwände also, wie sie die Architektur im wüstenheißen Saudi-Arabien einst prägten – und wie sie direkt in die Geschehenszeit von „Hidschra. Auf der Fährte des Propheten“ führen. Denn für die islamische Welt beginnt heute vor genau 1400 Jahren der Tag 1.1.1, als Mohammed an einem 8. September von Mekka nach Medina floh. Es ist der Anfang der muslimischen Zeitrechnung.

Die einzige Zeitrechnung, die mit einer Wanderung beginnt

Die auf knapp dreitausend Quadratmetern in verschlungen Wegen ausgebreitete Schau verfolgt mit teils prähistorischen Werken, aber auch Beiträgen zeitgenössischer Künstler diese acht Tage „Aus-Wanderung“ (so die deutsche Übersetzung des arabischen „Hidschra“). Denn jede einzelne Station dieser abenteuerlichen Reise über vierhundert Kilometer hat sich in der islamischen Kunst manifestiert und tut es bis heute. Ihre kulturelle und soziopolitische Bedeutung für die nomadischen Araber der spätantiken Völkerwanderungszeit des frühen siebten Jahrhunderts (als auch viele Ahnen der Europäer noch Nomaden waren!) sind somit kaum zu überschätzen. Doch behandeln die gezeigten aktuellen Beiträge von Künstlerinnen und Künstlern aus der gesamten arabischsprachigen Welt (was auch daran liegt, das der britische Turquoise Mountain Charity Trust des Prince of Wales und der Berkeley-Professor Hamza Yusuf Hanson mitkuratierten) ebenso das Thema „Migration heute“ mit lauernden Gefahren und dem dafür benötigten Mut, aber auch den dabei geschlossenen Freundschaften fürs Leben.

Birgt eine halbe Million Bücher: Snøhettas luxuriöse Bibliothek des Ithra-Museums in Dhahran mit der längsten Rolltreppe der arabischen Welt.





Bilderstrecke



Schau zur Hidschra in Arabien
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Seine Spuren im Sand

Kongenial zu Snøhettas Riesenkiesel ist bereits der Auftakt der Schau. Dem Bau sehr ähnliche, uralte Steinidole aus der Wüste hinter Mekka sind dort aufgetürmt, um die von Mohammed angeprangerte Götzenverehrung zu veranschaulichen, die er überall entlang und auch abseits der Karawanenstraßen fand. Die Pilgerreise „in den Fußstapfen des Propheten“ (wie der Ausstellungstitel auch übersetzt werden könnte) ist bekanntlich für die anderthalb Milliarden Muslime weltweit bis heute Verpflichtung. Wie bei allen Wegen von Religionsstiftern und Heiligen gibt es von dieser Reise Reliquien, wovon etwa die Kopie der Sandale Mohammeds gezeigt wird, die als schadenabwehrendes Bild in stilisierter Kontur in den unterschiedlichsten Materialien immer wieder in Kunst verwandelt wurde – und sich sogar auf kostbarst illuminierten persischen Pergamentseiten wiederfindet.

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