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#Braucht man eigentlich Vorhänge?

Braucht man eigentlich Vorhänge?

Da haben wir es wieder. Manchmal kommen auch bei Einrichtungsfragen Frauen von der Venus und Männer vom Mars. Oder umgekehrt. Ihre Frau liebt kahles Schlossfeeling, Sie finden kuscheliges Himmelbettgefühl herrlich. Ihre Frau blickt – einer Feldherrin gleich – gern weit ins Land hinaus, Sie aber haben Angst davor, dass der Paketbote auf die eingetrockneten Cornflakes-Schüsseln in Ihrer Küche starrt. Da Sie von einem Townhaus sprechen, nehme ich an, dass neben Ihnen zwölf weitere solcher Häuser stehen. Somit scheidet das völlig unbeschwerte Castle-Gefühl mit Fernsicht über Latifundien schon einmal aus.

Hier ist die Antwort klar: Vorhänge müssen sein!


Hier ist die Antwort klar: Vorhänge müssen sein!
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Bild: ZB

Klar kann ich verstehen, dass Sie sich ein wenig in Stoff einhausen wollen, Ihre Nussschale mit Watte auspolstern möchten. Wobei unter ästhetischen Gesichtspunkten Ihre Frau natürlich einen Punkt hat. Die meisten gewollten und auch ungewollten Nachfahren von Bauhaus-Bungalows sehen theoretisch super aus ohne Stoff vor den Fenstern. Klare Linien, reduzierte Formen, Innen und Außen verbunden. Gewebe funkt in dieses Konzept hinein wie ein Störton im Radio. Ich weiß, wovon ich spreche. Ich habe einmal meine wallenden weißen Seidenvorhänge aus einer hohen Pariser Barockwohnung in einem norddeutschen Neubau aufgehängt. Sie sahen aus wie schlappe Bettlaken vor den bodentiefen grauen Hightech-Fenstern. Als ich es mit schlichten weißen Baumwollvorhängen versuchte, wie ich sie in Le Corbusiers „Villa Savoye“ gesehen hatte, war es auch nicht viel besser. Ich hab sie abgerissen und die Nachbarn reinsehen lassen. Aber das hilft Ihnen ja auch nicht weiter.

Rollos gegen neugierige Blicke

Um Munition für die Diskussionen mit Ihrer puristischen Hauschefin zu haben, schlage ich Ihnen drei Thesen vor, die Sie als bestens informierter Experte beim abendlichen Planen einbringen können: Vorhänge können 1. schlicht sein wie eine weiße Papiertüte, siehst du gar nicht, wirklich! 2. Sie können lässig wie Capes aussehen, oder 3. Sie können pompös wie Abendkleider wirken. „Chérie, wähle selbst!“

Gardinen hindern erschweren allerdings auch das Hinausschauen.


Gardinen hindern erschweren allerdings auch das Hinausschauen.
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Bild: Picture-Alliance

Die schlichteste Variante ist das Installieren von weißen blickdichten Rollos, entweder in glatter Kunstfaser oder als weiche Raffmodelle aus Stoff. Diese lösen die harten Kanten der Fenster etwas auf, ohne kitschig zu wirken, und sind ein Schirm gegen neugierige Blicke. Zu dieser Lösung kann ich Ihnen aber nur raten, wenn Sie abends auch gerne einen Lindenblütentee trinken statt Whisky. Die zweite unaufgeregte Lösung: Sie hängen durchsichtige Gardinen auf. Sogenannte Voiles oder Sheers. Die sind das Pendant zu hauchdünnen beigen Strumpfhosen und meist genauso hässlich, auch wenn sie dezenter sind als die weißen Häkelgardinen, wie man sie immer noch in den Siebziger-Jahre-Fenstern in Goslar oder im Bergischen Land sieht. Selbst im Gästezimmer der amerikanischen Stil-Ikone Aerin Lauder werden sie immer noch gesehen! Gegen diese Durchsicht-Dinger ist nichts zu sagen. Aber auch nichts für sie. Und beim Einzug in ein neues Leben sollte ja jedes Stück, das man um sich hat, eine wahres Feuerwerk der Freude sein.

Samt sieht in modernen Häusern gut aus

Das meint auch der Chef der Pariser Stoffmanufaktur Pierre Frey, der internationale König der Webkunst. Der ist mehr für die Cape- oder Abendkleid-Variante im Haus. Als ich ihn für Ihre Frage antelefonierte, rief er spontan: „Sie brauchen einen Clash! Kontrast! Nehmen Sie einen klassischen Damast mit einem modernen Muster!“ Er hat vor einigen Jahren in seinem New Yorker Loft mit hartem Industriechic einen Vorhang aus Jacquard-Gewebe in den dramatischen Farben Bordeauxrot/zerquetschte Himbeere aufgehängt. Einfach fallend, ohne großen Schnickschnack. Ja, er nennt die Farbe Ton tatsächlich „framboise écrasée“, zerquetschte Himbeere. „Das gab diesem Industrieraum einen dramatischen Ton vor all den Ziegeln und dem Beton“, sagte er. Der Franzose ist überzeugt: „Der Schock der Stile ist oft eine gute Idee! Alles andere ist zu einfach! Natürlich können Sie weiße durchsichtige Stoffe aufhängen, aber das ist langweilig.“ Wenn Sie zu den Menschen gehören, die sich nicht trauen, für ihre Town­häuser einen Jacquard-Stoff im Farbton Bordeaux/zerquetsche Himbeere zu wählen, aber auch nicht langweilig sein wollen, dann rät er zu unifarbenem Velours. „Samt, etwa in Flaschengrün oder Senfgelb, sieht gerade in modernen Häusern gut aus.“

Wer es richtig knallen lassen will, kuratiert seine leeren Fenster wie eine Galerie und sucht Stoffe, die wie ein Kunstwerk wirken. Ein solches sind etwa die drei Meter hohen bestickten Stoff-Paneele der Frey-Manufaktur namens „Beau monde“, eine Arbeit der Pariser Künstlerin Noëmie Vallerand, die lebensgroße Gestalten in indigenen Gewändern zeigen. Die kosten dann auch so viel wie ein Kunstwerk, sind dafür aber auch Mittelpunkt des Raumes und halten bei guter Pflege – und wenn die Katze sich nicht in den Stickereien festkrallt – länger als das neue E-Auto. Wenn eine solche Investition außerhalb des Budgets liegt, kann man gerade für kleinere Fenster auch Vintage-Lösungen ausprobieren. So nähte eine Freundin von mir einmal aus Dirndlschürzen ihrer Großmutter aus den sechziger und siebziger Jahren einen Patchwork-Vorhang für das Schlafzimmer ihrer Schwester als Überraschung. Es sah phantastisch aus und brachte alle Familienmitglieder zum Lachen.

Aber ich habe die leise Ahnung, dass solche Ideen bei Ihnen etwas zu weit gehen. Wenn Sie weder mit der schlichten, lässigen oder opulenten Vorhang-Variante bei Ihrer Frau punkten können, dann helfen nur Paravents als Sicht- und Sonnenschutz. Sie können sie nach Maß vom Schreiner bauen lassen, sie als Pinnwände benutzen oder Ihre Kleider drüber werfen. Und wenn Sie noch mehr Dramatik wollen, empfehle ich den Farbton Bordeauxrot/zerquetschte Himbeere!

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