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#Brenn, Mutterliebe, brenn!

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Brenn, Mutterliebe, brenn!

Zuerst flackert eine Ampel an Kabeln über einer Straße. Flammen lutschen Licht aus dem Gerät, dann fallen sie wie Blutstropfen zur Erde. Dämmerung folgt, nicht als Lichtereignis, sondern als Klang: breit, tief, wird heller und zieht die schlafenden Körper der Stadt Valparaíso in den Tanz, der Tag heißt. Woher kommt dieses Licht, woher das Feuer, das die Ampel frisst? Aus einem Flammenwerfer, der jetzt zu Bogarts Hut, Nicholsons Axt, Stallones Boxhandschuhen gehört, als Kinoreliquie. Mit dem Gerät zerstört Mariana di Girólamo in Pablo Larraíns „Ema“ als Titelteufelin nicht nur Ampeln. Gefragt, was ihr das Feuer gebe, sagt sie, wie es ist: „Ein Stoß kochendes Wasser, zwanzig Sekunden lang, aus einem Elefantenrüssel“, und grinst. Man muss, lehrt sie dazu, manchmal alles niederbrennen, wenn man säen will.

Dietmar Dath

„Ema“ ist der Schaffensgipfel eines großen Regisseurs, arrangiert um eine Jahrhundertfilmgestalt: die Tänzerin mit gespensterbleich an den Kopf geklebten Haaren (wenn sie nach vorn fallen, sieht’s aus, als explodiere ein Drachenschädel), in untragbaren Klamotten (ein roter Anemonen-Flusenteppich, eine eiskalte Stonewashed-Jeansjacke, bauchfreie Shirts), mit Eispickel-Ohrring. Wenn es ernst wird, klettert sie auf den Tisch einer Scheidungsanwältin, um die tanzend zu verführen, weil der Klientin das Geld fehlt, die Juristin anders zu bezahlen. Der Mann, den Ema loswerden zu wollen scheint (es ist komplizierter, denn sie ist komplizierter), ist ihr Tanztruppenchef Gastón. Er figuriert im Film weitgehend rein dekorativ, Gael García Bernal bescheidet sich bei seiner Deutung der Rolle neben der Unglaublichen klug damit, das knusprige Sensibelchen zu geben, und schaut ansonsten in der gemeinsamen Wohnung in Schreireichweite der Möwen sehnsüchtig und bestürzt ins Weite, mitten durch die Geliebte hindurch.

„Ein Stoß kochendes Wasser aus einem Elefantenrüssel“: Emas Feuerwerfer gehört  nun zu den Kinorequisiten wie Nicholsons Axt.


„Ein Stoß kochendes Wasser aus einem Elefantenrüssel“: Emas Feuerwerfer gehört nun zu den Kinorequisiten wie Nicholsons Axt.
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Bild: Koch Films

Vor Beginn der Handlung hat das Paar einen gemeinsam adoptierten Jungen in die Obhut des Staates zurückgegeben. Den hatte es aufnehmen wollen, weil Gastón unfruchtbar zu sein scheint (es ist komplizierter, denn er ist komplizierter).

Der Junge heißt Polo, man hat ihn aus Kolumbien („Kolumbianer sind verflucht gute Tänzer“, sagt Gastón) und wohl böser Armut gerettet. Er friert Haustiere ein und spielt mit Feuer; Emas ebenso ehrfurchtgebietende wie schreckenerregende Mutterliebe macht ihn nicht gerade leichter erziehbar („Du hast ihm beigebracht, Sachen anzuzünden“, sagt Gastón).

Daran, dass das Paar ihn verstoßen hat, ist es als Paar zerbrochen. Beide bereuen das. Der Film nun handelt davon, wie diese Reue kämpft, wie sie wütet und schließlich hilft, wem und warum. Naturgewalt ist ein Dreck dagegen, wie so ziemlich jeder andere Film über Intimes, den man in den letzten Jahren gesehen hat, außer „Nuestro Tiempo“ (2018) von Carlos Reygadas (irgendwas Numinoses muss südlich der Vereinigten Staaten von Amerika im Wasser sein, dass da dauernd solche Filme herkommen können).

Eine Frauenbande gegen die Welt

Ema kämpft nicht allein, sie hat Freundinnen, die nach der Losung des militanten Feminismus der siebziger und achtziger Jahre „Frauen, bildet Banden!“ eine sehr gebildete Bande darstellen. Sie dienen Emas Vision einer Familie, wie’s noch keine gab. Bei deren Verwirklichung wird niemand geschont, am wenigsten Paola Giannini als Raquel, die Scheidungsanwältin, neben di Girólamo das zweite, im Gegensatz zu jener still in sich gekehrte Kraftzentrum des Films. Ohne ihre Tränen wäre Emas Lachen fast nicht wahr; die Bemitleidenswerte unterliegt ihren Gefühlen mit bewegender Würde.

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