Nachrichten

#Bröckelt unsere Solidarität mit den Flüchtlingen?

„Bröckelt unsere Solidarität mit den Flüchtlingen?“

Im März und April lag über ganz Deutschland ein blau-gelber Schleier der Hilfsbereitschaft. Überall erzählten sich Menschen davon, wer aus dem Freundeskreis Geflüchtete bei sich aufgenommen, welche Kinderkleidung man wo vorbeigebracht hatte und dass im Konzerthaus vor der eigentlichen Vorstellung die ukrainische Nationalhymne gespielt worden war. Eine Freundin sagte damals: „Wir machen aus Sorge Fürsorge.“

Eva Schläfer

Redakteurin im Ressort „Leben“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Im August 2022 scheint sich die Fürsorge langsam aufzubrauchen. Sorgen haben wir weiterhin. Die drängendste scheint bei vielen aber nicht mehr zu sein, ob Putin seine Krallen noch weiter ausstreckt, gar weiter Richtung Westen. Sondern die, wie teuer alles wird. Und ob sich die Energiekrise zu einer veritablen Wirtschaftskrise auswächst. Bröckelt unsere Solidarität?

Julia Kroß sagt: „Ich nehme wahr, dass die Hilfsbereitschaft zurückgeht.“ Die Hamburgerin hat sich gleich von Kriegsbeginn an für die Geflüchteten engagiert und die Entwicklung der Lage deshalb eng verfolgt. Habe sie in der Anfangszeit einen Aufruf bei Ebay-Kleinanzeigen geschaltet, seien ihr keine halbe Stunde später aus der Nachbarschaft Fahrräder und Bettdecken gebracht worden. Nun sehe sie auf Facebook-Seiten immer häufiger Kommentare wie: Warum bekommen die Ukrainer alles geschenkt?

„Die Anpack-Bereitschaft ist zurückgegangen“

„Gerade auf Social Media gibt es immer die drei Vollpfosten, die Kommentare schreiben, die es nicht braucht“, sagt Marina Lessig von dem Verein „Münchner Freiwillige“, der in der bayrischen Landeshauptstadt spontanes ehrenamtliches Engagement unterstützt. Von Neid auf die Ukrainer könne allerdings keine Rede sein. Was aber auch Lessig bemerkt: „Die Anpack-Bereitschaft ist zurückgegangen.“ Nach völligen Ausnahmesituationen wie im Frühjahr sei das durchaus normal.

Julia Kroß erzählt am Telefon von den vergangenen fünf Monaten. Seit ein paar Wochen wohnen die selbständige Interimsmanagerin und ihr Mann wieder allein in ihrem 150-Quadratmeter-Haus in Hamburg. Statt wie an vielen Abenden zu neunt sitzen sie nun nur noch zu zweit am Esstisch. Ein Gästezimmer mit eigenem Bad sowie ein nicht wirklich ausgebautes Dachgeschoss mit starken Schrägen haben sie monatelang Geflüchteten zur Verfügung gestellt. „Ich habe nicht nachgedacht, ich habe einfach gemacht“, sagt Kroß über die Anfangszeit.

Viele Menschen in Deutschland handelten ähnlich. Bis 9. August wurden 934.863 Ukrainer im deutschen Ausländerzentralregister registriert. Weil für die EU kein Visum nötig ist, könnte die tatsächliche Zahl der Schutzsuchenden höher liegen. Aber auch, wie viele wieder ausgereist sind, zählt keiner. Ein Großteil der Menschen jedenfalls scheint zunächst privat untergekommen zu sein: Laut einer Befragung des Bundesinnenministeriums wohnten Ende März etwa ein Viertel der Geflüchteten bei Freunden, 22 Prozent in einer sonstigen Privatwohnung und 19 Prozent bei Verwandten.

Am Münchner Hauptbahnhof wurden die ankommenden Flüchtlinge von Mitarbeitern der Caritas und von freiwilligen Helfern in Empfang genommen.


Am Münchner Hauptbahnhof wurden die ankommenden Flüchtlinge von Mitarbeitern der Caritas und von freiwilligen Helfern in Empfang genommen.
:


Bild: dpa

„Man packt an, weil der Staat nicht in der Lage ist, das sofort zu übernehmen. Mit der Hoffnung, dass dann aber der Staat irgendwann in der Lage sein wird“, sagt Marina Lessig von den „Münchner Freiwilligen“. Während am Berliner Hauptbahnhof die Züge aus Polen eintrafen, kamen in der bayerischen Landeshauptstadt viele ukrainische Familien an, die den Weg über die Slowakei und Österreich gewählt hatten. Bis zu 20.000 Menschen aus der Ukraine waren es Mitte März, mittlerweile sind es noch 7100. 10.000 haben die „Münchner Freiwilligen“ temporär untergebracht – und das im Großraum München, wo Wohnraum noch knapper ist als anderswo.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!