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#Wasserstoff ist das „neue Gas“

„Wasserstoff ist das „neue Gas““

Die Faszination Japans als Land der Wasserstofftechnologie ist in Deutschland ungebrochen. Auf besonderen Wunsch besucht Olaf Scholz während seines kurzen Besuchs in Japan am Freitag ein Unternehmen, das etwas mit Wasserstoff zu tun. Chiyoda in Yokohama hat mit Unterstützung der japanischen Regierung eine Technik entwickelt und getestet, mit der Wasserstoff über die Weltmeere nach Japan transportiert werden kann. Irgendwann gegen 2030 und später will das Unternehmen die Technik kommerziell nutzen. Doch das Signal, das Scholz mit dem Besuch setzt, ist eindeutig: Deutschland möchte mit Japan in Sachen Wasserstoff zusammenarbeiten.

Patrick Welter

Korrespondent für Wirtschaft und Politik in Japan mit Sitz in Tokio.

Ein neues globales Geschäft gelte es zu entwickeln, schwärmt Scholz in Tokio, um die ehrgeizigen Klimaschutzziele beider Länder zu erreichen. Wasserstoff sei das neue Gas. Die wahre Energiewende bestehe darin, die Industrie mit ihrem großen Verbrauch auf den umweltfreundlichen Wasserstoff umzustellen. Japans Ministerpräsident Fumio Kishida steht in der Pressekonferenz daneben und hört aufmerksam zu. Zum Thema Wasserstoff sagt er nichts.

Offene Märkte

Ein globales Geschäft setzt offene Märkte voraus. Scholz nutzt die Gelegenheit in Tokio, vor einer De-Globalisierung zu warnen. „Erstmals seit den 30er- und 40er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts geht das Ausmaß der wirtschaftlichen Offenheit und internationalen Vernetzung empirisch messbar zurück“, sagt der Kanzler vor der Außenhandelskammer. Freier Handel, fairer Wettbewerb und offene Märkte seien keine Selbstverständlichkeit. „Wir müssen aufpassen, dass daraus kein decoupling wird und kein Vorwand für Protektionismus“, sagt Scholz. Bei Kishida rennt er damit offene Türen ein.

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Japan und Deutschland sind rohstoffarme Länder, die von der Energieeinfuhr abhängig sind. In Regierungskreisen in Tokio wird diese Parallelität betont, um dann zu begründen, warum Tokio und Berlin die Sanktionen gegen Russland wegen des Ukraine-Kriegs mittragen, aber vor einem schnellen Verzicht auf Gas und Öl aus Russland zurückschrecken. Die scheinbare Harmonie verdeckt Bruchlinien. Während Deutschland den Verzicht auf russisches Öl und Gas mittelfristig ins Auge fasst, denkt Japan an einen Ausstieg aus drei Öl- und Gasförderanlagen auf Sachalin und in der russischen Arktis nicht. Zum Schutz der Energieversorgung, aber auch aus geopolitischen Gründen will die Regierung die Anlagen nicht in chinesische Hände fallen lassen. Und während Scholz bekräftigt, dass Deutschland bis zum Herbst auf russische Kohle verzichten wolle, weicht Kishida der Journalistenfrage nach einem Zeitplan für Japan aus.

Flexible Energiepolitik

Generell pflegt Japan in der Energiepolitik eine flexiblere Linie als Deutschland. Die Bundesregierung beschloss nach der dreifachen Kernschmelze im japanischen Kraftwerk Fukushima Daiichi 2011 den Ausstieg aus der Atomenergie. Japans Regierung aber hält an der Kernkraft fest. Unter dem Eindruck des Kriegs in der Ukraine schwindet nun auch der Widerstand der Bevölkerung gegen die Atomkraft. Zum ersten Mal seit mehr als zehn Jahren plädiert in einer Umfrage der Wirtschaftszeitung Nikkei mit 53 Prozent eine Mehrheit dafür, stillgelegte Kernkraftwerke wieder hochzufahren, solange das sicher möglich ist. 38 Prozent waren dagegen.

Kishida sagte in dieser Woche, dass Land müsse angesichts steigender Energiepreise und des schwachen Yen wieder über die Kernkraft nachdenken. Seit dem atomaren Unfall hat Japan zehn oder rund ein Drittel der im Prinzip einsatzfähigen Reaktoren wieder ans Netz geführt. „Für einen Abbau der Abhängigkeit vom Ausland im Energiebereich ist die Nutzung der Kernenergie, einer quasi-einheimischen Energiequelle, für uns unerlässlich“, sagt der Vizevorsitzende des mächtigen Wirtschaftsverbands Keidanren, Toshiaki Higashihara, zur Begrüßung von Scholz.

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Auch beim Wasserstoff denkt Japan pragmatisch. Während Deutschland die Farben des Wasserstoffs und seine Umweltfreundlichkeit diskutiert, macht Japan Nägel mit Köpfen. Gerade erst hat das Land „braunen“, aus Kohle gewonnenen Wasserstoff aus Australien auf minus 253 Grad tiefgekühlt auf einem Schiff nach Japan bringen lassen, um als globale Premiere diese Transporttechnik zu demonstrieren. Auch grüner Wasserstoff ließe sich später so transportieren. Kawasaki Heavy Industries, eines der federführenden Unternehmen in dem Projekt, will auf den Pilotfahrten aufbauend nach 2030 eine Wasserstofflieferkette entwickeln. Chiyoda in Yokohama versetzt den Wasserstoff mit einem Lösungsmittel, um ihn flüssig zu normalen Druckbedingungen zu lagern oder zu transportieren.

Kooperation mit Häfen in Südasien und Europa

So holte das Unternehmen schon 2020 testweise Wasserstoff aus Brunei Darussalam per Schiff nach Japan. Chiyoda hat schon Kooperationen mit dem Hafen Rotterdam und mit Singapur vereinbart. Doch noch sind die Kosten zu hoch, um die Technik zu kommerzialisieren.

Die Pilotprojekte zum Transport ragen aus einer Fülle von Wasserstoffprojekten in Japan hervor. Regierung und Unternehmen produzieren nahe der Atomruine von Fukushima grünen Wasserstoff oder testen Gabelstapler und Züge mit Wasserstoffantrieb. Als erstes Land hatte Japan schon vor Jahren eine nationale Wasserstoffstrategie aufgelegt. Doch auch 2030 soll nur 1 Prozent des Stroms aus Wasserstoff kommen. Erst danach wolle man die Energiequelle im großen Stil einsetzen, heißt es im Industrieministerium. Das Land weiß, wie schnell Wasserstoffträume verfliegen können. Zu den Olympischen Spielen in Tokio 2020 wollte die Regierung einst 40.000 Brennstoffautos auf den Straßen haben. Doch Toyota hat von dem Wasserstoffauto Mirai in Japan bislang nur 6500 Stück und global 18 700, meist in Nordamerika, verkauft. Die Zahl in Deutschland ist so klein, dass Toyota sie nicht nennt.

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