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#„Völkermord“: Eine Definition in der Kritik

Völkermord setzt eine Vernichtungsabsicht voraus. Kritiker sagen, die Voraussetzungen seien zu streng. Schon Sartre bemerkte, nicht alle Regierungen seien so dumm wie Hitler und kündigten ihren Plan an.

Als Südafrika vor dem Internationalen Gerichtshof seine Vorwürfe gegen Israel vortrug, zitierte seine Delegation ausführlich Aussagen israelischer Politiker, die eines belegen sollten: dass Israel die Militäroffensive mit der Absicht begonnen hat, das palästinensische Volk auszulöschen.

Dabei beließ es Südafrika nicht. Die Juristin Adila Hassam fügte noch etwas hinzu, das man auch als Kritik an der Völkermord-Konvention der Vereinten Nationen verstehen konnte: Völkermorde würden nicht im Voraus angekündigt, sagte das Mitglied der südafrikanischen Delegation. Israels kriegerische Handlungen sprächen für sich.

In dem Verfahren, das Südafrika in Den Haag führt, steht das Urteil noch aus. Bislang haben die Richter nur über Eilanträge entschieden, nicht über den wesentlichen Vorwurf, Israel begehe in Gaza einen Völkermord.

Menschen töten, weil sie Palästinenser sind?

Laut der Völkermord-Konvention von 1948 reicht es dafür nicht, dass Mitglieder einer nationalen, ethnischen, rassischen oder religiösen Gruppe getötet werden. Auch eine besonders große Opferzahl erfüllt den Tatbestand für sich genommen nicht. Vielmehr muss eine bestimmte Intention hinzukommen: Völkerrechtler sprechen von einem „genozidalen Motiv“. Die Handlungen müssen in der „Absicht“ begangen werden, „die Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören“. Israel müsste also eine kollektive Agenda nachgewiesen werden, Palästinenser zu vernichten, weil sie Palästinenser sind. Nur dann greift die Völkermord-Konvention.

Nach Auffassung der meisten Völkerrechtler dürfte Südafrika dieser Nachweis schon deshalb nicht gelingen, weil das militärische Vorgehen im Gazastreifen eine Reaktion auf den Überfall der Hamas am 7. Oktober war und damit unter das Recht auf Selbstverteidigung falle. Auch die Bundesregierung verwies darauf, als sie ankündigte, dem Verfahren als Drittpartei beizutreten. Jedes Land hat das Recht zu solch einer Nebenintervention, wenn es am Internationalen Gerichtshof um die Auslegung eines Vertrages geht, das es selbst unterzeichnet hat.

Instrumentalisierung der Völkermord-Konvention?

Die Bundesregierung hob nicht nur die besondere Verantwortung Deutschlands für Israel hervor. Einer politischen In­stru­men­talisierung gerade der Völkermord-Konvention trete man entschieden entgegen, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Auch er verwies auf den 7. Oktober. Damals hätten Terroristen der Hamas „unschuldige Menschen in Israel brutal überfallen, gequält, getötet und entführt“, sagte Hebestreit Mitte Januar. Er ergänzte: „Das Ziel der Hamas ist es, Israel auszulöschen. Israel verteidigt sich seitdem gegen den menschenverachtenden Angriff der Hamas.“

Auch das Selbstverteidigungsrecht gilt aber nicht grenzenlos. Juristen verweisen mit Blick auf Gaza auf andere Tatbestände, die in Betracht kommen, Kriegsverbrechen etwa. Auch hierbei handelt es sich um schwerwiegende Vorwürfe. In der öffentlichen Debatte spielt der Völkermord aber die weitaus größte Rolle, das Verbrechen der Verbrechen.

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