#CDU-Fraktionschefin Ines Claus: Patzer auf dem Weg an die Spitze
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Ines Claus, die Vorsitzende der hessischen CDU-Landtagsfraktion, wollte beim Bundesparteitag der Union als stellvertretende Vorsitzende kandidieren. Aber es ist etwas schiefgegangen.
Der frühere hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) hätte sie gern als seine Nachfolgerin gesehen. Aber Ines Claus ist noch immer Vorsitzende der Landtagsfraktion. Die 46 Jahre alte Juristin arbeitet anscheinend vertrauensvoll mit Bouffiers Nachfolger Boris Rhein (CDU) zusammen. Sie setzte aber ein Signal der Eigenständigkeit, indem sie sich nach dem Sieg der CDU bei der Landtagswahl im Oktober nicht ins Kabinett einbinden ließ, sondern Fraktionschefin blieb. Ganz auf dieser selbstbewussten Linie lag die Nachricht, dass Claus sich auf dem Bundesparteitag der CDU im Mai um das Amt einer stellvertretenden Vorsitzenden bewerben wolle. Doch dazu wird es nicht kommen.
Auf der offiziellen Vorschlagsliste der hessischen CDU für den Bundesvorstand stehen sieben Namen. Claus ist nur für das 23 Köpfe zählende Präsidium nominiert. Die Frage, warum sie nicht für den kleinen Kreis der fünf Vizeparteichefs vorgeschlagen wird, drängt sich umso mehr auf, als die ursprüngliche Ausgangslage dafür sehr komfortabel war. Nachdem Rheins Vorgänger Bouffier die gerade gewählte Abgeordnete Claus vor vier Jahren in robuster Manier als Chefin der Landtagsfraktion durchgesetzt hatte, schlug er sie vor gut zwei Jahren für den Bundesvorstand der Partei vor.
Starke Konkurrenz aus NRW
Er selbst verzichtete auf seine Position als stellvertretender Vorsitzender und machte von der Regel Gebrauch, dass Ministerpräsidenten dem Präsidium kraft Amtes als beratende Mitglieder angehören. Claus kandidierte als Neuling aber nicht für die von Bouffier freigegebene Position, sondern ließ sich stattdessen zu einem „weiteren Mitglied“ des Präsidiums wählen. Erst der Parteitag im Mai dieses Jahres schien ihr die Chance zu bieten, in den kleinen Kreis der stellvertretenden Bundesvorsitzenden aufzurücken.
Dort ist ein Platz frei, seitdem Parteichef Friedrich Merz den Paderborner Bundestagsabgeordneten Carsten Linnemann als Generalsekretär berief. So kam der hessische Landesverband in eine günstige Ausgangslage. Die Landespartei kann auf dem Parteitag mit einem hohen Wahlsieg glänzen und dafür einen Bonus erwarten. Und sie bietet mit Claus die einzige Frau der Republik auf, die eine Landtagsfraktion führt.
Doch am 24. Februar meldeten die Sozialausschüsse der Partei ihren Anspruch auf die vakant gewordene Position an. Die CDA schickte ihren langjährigen Vorsitzenden, den nordrhein-westfälischen Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann, ins Rennen. Der 66 Jahre alte Münsterländer gilt in seiner Partei nicht nur als Sympathieträger. Der Chef der Arbeitnehmervereinigung bildet auch ein Gegengewicht zur wirtschaftsfreundlichen Parteispitze um Merz und Linnemann.
Sechs Kandidaten für fünf Positionen
Dass alle drei aus Nordrhein-Westfalen stammen, taugt als Gegenargument nur bedingt. Nordrhein-Westfalen stellt den bei Weitem größten Landesverband der Bundes-CDU und verfügt darum bei Parteitagen über die meisten Delegierten. Trotzdem bedeutete Laumanns Kandidatur nicht zwangsläufig das Ende der hessischen Ambitionen.
Dass es für fünf Positionen sechs Kandidaten gab, hätte auch der niedersächsischen Bundestagsabgeordneten Silvia Breher oder der schleswig-holsteinischen Bildungsministerin Karin Prien zum Verhängnis werden können. Zwar gehören beide heute schon zum engsten Führungszirkel. Aber ihre Landesverbände sind relativ klein, deren Einfluss bei Parteitagen also begrenzt. Mit beiden kann sich Claus jederzeit messen. Ihr fehlt es auch nicht an Ehrgeiz. Dass Bundeskanzler Olaf Scholz die Vorsitzende der hessischen SPD-Fraktion, Nancy Faeser, an die Spitze des Bundesinnenministeriums berief, hat die weiblichen Politiker im Wiesbadener Regierungsviertel nicht kaltgelassen.
Spätestens als Laumanns Kandidatur bekannt gegeben wurde, hätte die hessische CDU ihre Argumente für die Kandidatin Claus in die Partei hineintragen müssen. Dabei kommt es vor allem auf die Landesverbände an. Deren Vertreter verabreden die Besetzung der Vorstandsposten in einem austarierten Geben und Nehmen. Die Ergebnisse der Verhandlungen werden den Delegierten der Bundesparteitage am Vorabend bei internen Treffen präsentiert. Zwar sind die Abstimmungen geheim, aber die Personalempfehlungen werden erfahrungsgemäß ernst genommen. Doch die hessische CDU hatte nicht die Zeit, in der seit Jahrzehnten üblichen Weise für Claus zu werben.
Verhängnisvoller Zeitungsartikel
Nur drei Tage nachdem die CDA Laumann mit einem einstimmigen Beschluss offiziell nominiert hatte, erfuhr die Partei durch den Bericht eines Boulevardblatts von Claus’ Ambitionen. So etwas kommt schlecht an in einer Partei, in der man Konflikte gern dadurch vermeidet, dass man Personalien einvernehmlich in diskreten Verhandlungen klärt. Erschwerend kam die Überschrift des Zeitungsartikels hinzu: „Diese Frau will Merz zum Kanzler machen“. Der Claus unterstellte, ans Lächerliche grenzende Anspruch schadete ihren Ambitionen nicht nur im Allgemeinen. Er ging auch an anderen Akteuren nicht spurlos vorüber.
Rhein beispielsweise ist zwar gegenwärtig unangefochten, vielleicht sogar auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Er kann anderen etwas gönnen, nimmt es aber natürlich wahr, wenn in hoher Auflage über die angeblich so immensen Einflussmöglichkeiten einer hessischen Parteifreundin berichtet wird. Die Regeln der Machtpolitik sind klar: Würde Claus tatsächlich zur stellvertretenden Bundesvorsitzenden gewählt, käme ihr in der Partei jedenfalls formal ein größerer Einfluss zu, als Rhein selbst ihn in seiner Eigenschaft als beratendes Präsidiumsmitglied besitzt.
Ausschlaggebend dürfte am Ende die Führung der Bundespartei gewesen sein. Sie musste das Interesse haben, eine öffentlich ausgetragene Kampfabstimmung zu vermeiden, in der Frauen gegeneinander antreten. Der Aufschlag aus Hessen war offenkundig missglückt. Er genügte, um Claus aus dem Rennen werfen. Die Landtagsfraktion, der sie vorsteht, ist ihr in der Partei keine wirkliche Machtbasis.
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