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#Chromosomen haben eine spiralförmige Struktur

„Chromosomen haben eine spiralförmige Struktur

Bei der Zellteilung ist unser Erbgut in den Chromosomen konzentriert und mithilfe von Hilfsstrukturen eng verpackt. Neue Analysen bestätigen nun, dass das Chromatin in den Chromosomen in spiraligen Windungen aufgerollt vorliegt. Die Dichte und Größe der Windungen hängt dabei unter anderem von der Position im Genom und der Gendichte auf der DNA ab, wie die Forscher am Beispiel der Gersten-Chromosomen ermittelt haben. Die Spiralstruktur des Chromatins widerlegt nicht-helikale Modelle der Chromosomenstruktur und bestätigt helikale Modelle, nach denen wahrscheinlich das Chromatin aller höheren Lebewesen in Metaphase-Chromosomen spiralig geordnet vorliegt. Ob die Spiralen der Schwesterchromatiden dabei gleichsinnig oder gegenläufig drehen, ist dagegen flexibel und je nach Art verschieden.

Die DNA ist der Träger unserer Erbinformation und damit eine Art Referenzbibliothek für alle unsere Zellen. Entsprechend umfangreich ist sie: Allein die DNA aus einer einzigen menschlichen Zelle ist rund zwei Meter lang, bei einigen Pflanzen stecken in jeder Zelle sogar fast 100 Meter an DNA. Diese liegt normalerweise lose-klumpig verknäuelt im Zellkern. Vor jeder Zellteilung muss das Erbgut jedoch in eine kompakte „Transportform“ überführt werden: die Chromosomen. Wie genau diese säuberliche Verpackung der DNA stattfindet, war lange Zeit unklar. In den letzten Jahren haben Wissenschaftler jedoch mehr Aufschluss über diese Mechanismen gewonnen. Demnach legen sogenannte Condensin-Proteine die DNA in Schlaufen und Falten und bringen sie so Schritt für Schritt in eine kondensierte Form. Diese kompakte DNA wird dann unter Mitwirkung der sogenannten Histonproteine im Chromatin der Chromosomen weiterverpackt. Nur durch diesen Mechanismus kann die DNA zehntausendfach komprimiert und zu kompakten Chromosomen zusammengeschnürt werden.

Spirale oder nicht-helikale Faltung?

Strittig war jedoch bisher, wie das Chromatin in den Chromosomen angeordnet ist. Einige Modelle gehen davon aus, dass das Chromatin in der Metaphase der Mitose in jeder Schwesterchromatide in Form einer Spirale angeordnet ist, dem sogenannten Chromonema. Nicht-helikale Modelle nehmen dagegen an, dass das Chromatin innerhalb der Chromatiden gefaltet ist, ohne eine Spirale zu bilden. „Die Darstellungen in Lehrbüchern suggerieren, dass die Ultrastruktur der Chromosomen gut verstanden ist. Das ist aber nicht der Fall“, sagt Seniorautor Veit Schubert vom Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben. Zwar legten mikroskopische Analysen eine spiralige Windung bei verschiedenen Pflanzenzellen, bei Hühnern und auch in menschlichen Zellkulturen nahe. Andere Studien konnten diese Spiralstruktur jedoch nicht finden. Es fehlte die direkte Visualisierung des gewundenen Chromonemas zur Bestätigung des Spiralmodells.

Dies ist nun dem Team um Schubert und Erstautorin Ivona Kubalova gelungen. Für ihre Studie nutzten die Wissenschaftler hochauflösende Mikroskopietechniken, eine Konformationserfassung (Hi-C) an isolierten mitotischen Chromosomen sowie eine spezielle Fluoreszenzmarkierung einzelner DNA-Abschnitte, um die übergeordnete Struktur des Chromatins in den Chromosomen sichtbar zu machen. Als Modell-Organismus verwendeten sie dabei das Erbgut der Kulturgerste (Hordeum vulgare), weil dessen insgesamt 4,88 Milliarden Basenpaare umfassendes Genom besonders große Chromosomen bildet. Zudem lassen sich die kondensierten Metaphase-Chromosomen bei dieser Pflanze besonders gut isolieren und untersuchen.

Spiraliges Chromonema bestätigt

Die Analysen zeigten, dass das Chromatin in den Chromosomen der Gerste tatsächlich spiralig gewunden ist. „Die gewundene Chromatidenorganisation und ihre Organisationseinheit, das Chromonema, wurden unabhängig voneinander mit verschiedenen Methoden bestätigt“, sagt Schubert. Mithilfe der Konformationserfassung konnten sie auch ermitteln, wie viele Windungen diese Chromatinspirale hat; “Wir haben festgestellt, dass die zwischen 522 und 675 Megabasen langen Gersten-Chromosomen je nach ihrer Größe zwischen 18 und 23 Windungen aufweisen”, berichten die Wissenschaftler. “Eine einzige helikale Windung umfasst dabei 20 bis 38 Megabasen DNA und bildet eine rund 400 Nanometer dicke Faser, die wir als Chromonema bezeichnen“, sagt Schuberts Kollegin Amanda Camara. Bei der Gerste sind die Spiralwindungen der Schwester-Chromatiden dabei jeweils gleichsinnig gedreht, während die Spiralen bei menschlichen Zellen und einigen anderen Pflanzen spiegelbildliche Windungen zeigen. “Bei einigen Pflanzengattungen kann die Drehrichtung sogar am Centromer und verschiedenen Teilen der Arme wechseln”, so die Forscher.

Nach Ansicht von Schubert und seinem Team deutet dies darauf hin, dass die Kontrollmechanismen nicht immer einheitlich im gesamten Chromosom wirken. “Es scheint, dass die helikale Drehrichtung des Chromonema eher flexibel statt strikt determiniert ist”, schreiben die Wissenschaftler. Die Enge der Windungen scheint zudem mit der Gendichte auf der DNA verknüpft zu sein. “Dies deutet auf eine mögliche Beteiligung epigenetischer Prozesse hin, hauptsächlich durch Histonmodifikationen, die die Struktur der Chromosonen bei der Mitose lokal regulieren können”, so das Team. Am Centromer der Chromosomen – der Mitte des “X” – bildet das Chromatin zudem statt der Spiralen glatte, parallel laufende Stränge, wie die Analysen enthüllten. Ähnliches gilt für die an den kurzen Armen einiger Chromosomen sitzenden Nukleolusorganisatorregionen, die für die Bildung der Kernkörperchen wichtig sind. Sie sind ebenfalls eingeschnürt und parallel strukturiert.

Die Forscher gehen davon aus, dass diese Struktur einen allgemeinen Mechanismus für die Bildung kondensierter mitotischer Chromosomen darstellt, der auf alle Eukaryoten mit einem breiten Spektrum von Genomgrößen anwendbar ist. „Wir erwarten, dass nach unserer Studie die Chromonema-basierte Organisation von Chromosomen in einer größeren Anzahl von Pflanzen- und Tierarten mit großen Chromosomen bestätigt wird”, sagt Camara.

Quelle: Ivona Kubalova (Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK), Gatersleben) et al., Nucleic Acids Research, doi: 10.1093/nar/gkad028

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