#Clyde verlässt sich auf Bonnie
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„Clyde verlässt sich auf Bonnie“
Wenn man im neuen Film der Regisseurin Emily Atef, „Jackpot“, sieht, wie Maren (Rosalie Thomass) und Dennis (Friedrich Mücke) vor der floralen Tapete der Hotelsuite ihr üppiges Zimmerservice-Frühstück genießen, könnte man meinen, man habe es mit der modernen Version von Bonnie und Clyde zu tun. Die beiden sind zwar keine Bankräuber und Mörder, befinden sich aber immerhin mit einer gestohlenen Sporttasche voller Geld auf der Flucht. Wäre ihr Mann Dennis nicht durch einen Arbeitsunfall an den Rollstuhl gefesselt und würde die Versicherung seine hohen Behandlungskosten übernehmen, dann hätte Maren die Sporttasche vielleicht nicht vom Beifahrersitz des falsch geparkten Autos genommen, das sie auf Geheiß des Ordnungsamtes abschleppen musste.
Im Inneren der Tasche findet sie mehr als 600000 Euro. Ihr ist schnell klar: Das kann nur Schwarzgeld sein – und „wenn man Schwarzgeld klaut, ist das nicht klauen“. So in etwa geht die Ganovenlogik dieser unscheinbaren Blonden, von der man nicht vermutet, dass sie schon einmal wegen bewaffneten Raubes im Gefängnis saß. Auch, dass sie bei einem Abschleppunternehmen arbeitet und ihren Mann täglich über mehrere Stockwerke in die gemeinsame Wohnung wuchtet, traut man ihr auf den ersten Blick nicht zu.
Dennis ist skeptisch, aber bevor sich Gelegenheit bietet, die Chose auszudiskutieren, überschlagen sich die Ereignisse. Das Paar muss fliehen, denn der Gangster mit dem schönen Namen Henning Karoske (Thomas Loibl) will sein Geld zurück, um mitsamt Frau und Tochter im Ausland ein neues Leben jenseits der Kriminalität zu beginnen. Weil er zwar ein Mörder, aber auch ein guter Vater ist, deckt er seine kleine Tochter noch zu und streichelt ihr über das Haar, bevor er sich auf den Weg macht, um das Geld zurückzuholen. Er steuert beharrlich auf den Showdown zu.
Vor Hass angespannte Gesichtsmuskeln
Die nach einem Drehbuch von Frédéric Hambalek gefilmten knapp neunzig Minuten dieses Gangsterdramas vergehen in angespannter Atemlosigkeit. Dass in der Postproduktion auf allzu schnelle Schnittfolgen verzichtet wurde, verleiht dem Film einen getragenen Ton und eine sehenswerte Schwermütigkeit. Gerade weil die düsteren Einstellungen oft einige Sekunden stehenbleiben können, wirken viele Szenen nach. Das fällt besonders dann auf, wenn die Kamera von Bernhard Keller auf die vor Hass angespannten Gesichtsmuskeln des skrupellosen Killers hält. Einzig durch die teils deplaziert wirkende klangliche Untermalung büßen die Bilder einen Teil ihrer Wucht ein.
Mit „Jackpot“ hat das Erste einen Film im Programm, der nicht nur kurzweilig, sondern erfrischend forsch ist, ohne sein Thema zu überstrapazieren: Rosalie Thomass überzeugt als starke Hälfte des Paares: Maren ist keine Frau, die schwach und abhängig erscheint, gar gerettet werden müsste. Sie tritt als mutige Partnerin auf, die aus Liebe handelt. Zur Gangsterbraut wird sie nicht stilisiert. So zeichnet Emily Atef ein Bild, das realistischer ausfällt, als man zu Beginn denkt. Nur ab und an wirken die Dialoge gestelzt, etwa wenn Maren ihren Mann im Hotelbett mit großen Augen ansieht und haucht: „Es gibt was, das du nicht von mir weißt.“
Jackpot läuft heute um 20.15 Uhr im Ersten.
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