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#Da staunen die Borussen auf einmal

Da staunen die Borussen auf einmal

An der Wand des Arbeitszimmers von Roberto Martínez in Tubize, ein paar Kilometer südlich von Brüssel, hängt ein Bild vom wohl intensivsten Moment der jüngeren belgischen Fußballgeschichte. Es zeigt das Tor von Nacer Chadli zum 3:2 im Achtelfinale der WM von 2018 gegen Japan in der vierten Minute der Nachspielzeit. Mitte der zweiten Halbzeit hatten die Belgier damals noch 0:2 zurückgelegen, aber sie bäumten sich auf, und der Siegtreffer schenkte der kleinen Fußballnation nicht nur Augenblicke des puren Glücks, sie hatten auch ein schönes Tor erzielt.

Eingeleitet mit einem perfekten Pass von Kevin De Bruyne auf den rechten Flügel, wo Thomas Meunier an den Ball kam, dessen Querpass zur Vorlage für Chadli wurde. Dieser Thomas Meunier findet nun auch im laufenden Turnier eine bestens austarierte Mischung aus Tempo in der Offensive und verantwortungsbewusster Verteidigungsarbeit – was er auch an diesem Freitag im Viertelfinale gegen Italien (21.00 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur Fußball-EM, im ZDF und bei MagentaTV) zeigen will. „Wir sind genauso selbstbewusst wie 2018“, sagt er. „Wir haben das Gefühl, dass die Mannschaft total bereit ist und jedem Gegner mit der gleichen Begeisterung und Motivation begegnen kann.“

Bei Kennern von Borussia Dortmund, wo Meunier seit dem Sommer 2020 unter Vertrag steht, werfen diese starken Leistungen allerdings die Frage auf, warum der 29 Jahre alte Profi bei seinem Verein bisher nicht auf diesem Niveau spielt. Dort agierte der Außenverteidiger oft fahrig und fehlerhaft, wirkte seltsam verunsichert. So ähnlich wie sein Landsmann Thorgan Hazard, der seit seinem Siegtor im Achtelfinale gegen Portugal ein gefeierter Held in Belgien ist.

Auch Hazard hat nach 20 Scorerpunkten in seinem ersten BVB-Jahr eine eher schwache Saison hinter sich, in deren Verlauf er in 16 Partien lediglich ein Tor schoss und mehrmals von Blessuren zurückgeworfen wurde. Bei der EM hat er in vier Einsätzen schon drei Scorerpunkte gesammelt. Das 1:0 gegen Portugal bezeichnet er sogar als „das wichtigste Tor in meiner Karriere“. Diese belgische Nationalmannschaft scheint einigen Spielern eine Kraft zu schenken, die ihnen in den Vereinen mitunter fehlt. Auch Axel Witsel, der dritte Dortmunder, erstaunt das Publikum mit Leistungen, die so nicht zu erwarten waren.

„Diese Generation hat eine Trophäe verdient“

Es ist knapp sechs Monate her, dass der Mittelfeldspieler sich in der Bundesliga eine Achillessehne riss, eine EM-Teilnahme war lange unwahrscheinlich. Nun stieg Witsel ohne echte Anpassungsphase an die Intensität des Wettkampfes ins Turnier ein und spielt hervorragend. In der ersten Partie gegen Russland pausierte er noch, beim 2:1 gegen Dänemark wurde er eingewechselt, die anderen beiden Duelle hielt er komplett durch.

Eine verschworene Gemeinschaft: Belgiens Nationalmannschaft ist gemeinsam gewachsen.


Eine verschworene Gemeinschaft: Belgiens Nationalmannschaft ist gemeinsam gewachsen.
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Bild: AP

Der neue Dortmunder Trainer Marco Rose erzählt, er habe „immer wieder hingeschaut“, wie Witsel sich bewegt, und findet es ziemlich „außergewöhnlich, wie man sich nach so einer Verletzung so professionell zurückarbeitet und dann ab dem dritten Spiel Stammspieler in so einem Turnier ist“. 97,7 Prozent von Witsels Abspielen erreichten einen Mitspieler, das ist eine spektakuläre Quote, auch wenn Witsel gelegentlich für seine Neigung zum Sicherheitspass kritisiert wird.

An den überzeugenden Leistungen der drei BVB-Spieler im Team wird der Geist erkennbar, der diese Mannschaft prägt, die seit fast drei Jahren ununterbrochen an der Spitze der Weltrangliste steht. In einer Dokumentation, die vor einigen Wochen auf BBC lief, hebt Trainer Martínez die historische Bedeutung dieser EM für die Belgier hervor: „Ich spüre, dass diese Generation eine große Trophäe verdient hat. Diese Spieler verdienen etwas, über das noch in den nächsten 50, 60, 70 Jahren gesprochen wird.“

Das Rückgrat der Mannschaft

Schon bei der EM 2016 zählte die Mannschaft zum Kreis der Titelkandidaten, scheiterte aber im Viertelfinale an Wales. Damals haben sie verinnerlicht, dass bei Turnieren auch gegen weniger prominente Gegner Leistungen am Limit erforderlich sind. Zwei Jahre danach in Russland verloren sie durch ein Gegentor nach einer Ecke gegen den späteren Weltmeister Frankreich, gegen „ein Team, das nicht besser war als wir und sich weigerte zu spielen“, sagt Martínez. Jetzt ist ein ausgeprägtes Bewusstsein für die kostbare Gelegenheit vorhanden, etwas Bleibendes zu hinterlassen.

Sie könnten auch hadern, dass mit Kevin De Bruyne der momentan vielleicht beste offensive Mittelfeldspieler der Welt angeschlagen ist und gegen Italien auszufallen droht. Sie könnten jammern, dass Kapitän Eden Hazard nach einem schwierigen, von Verletzungen gestörten Jahr bei Real Madrid nicht der Weltklasseprofi ist, der er einmal war. Dafür ist Belgien mehr noch als bei früheren Turnieren ein Kollektiv. Eine Leistung wie nach der Pause, nachdem De Bruyne vom Platz gehumpelt war, sei „vor zwei oder drei Jahren noch nicht möglich“ gewesen, sagt Martínez. „Ich könnte als Trainer nicht stolzer sein – auch auf das Rückgrat dieser Mannschaft.“

Dieses Rückgrat bilden eben nicht Eden Hazard, De Bruyne und Romelu Lukaku, sondern die etwas weniger gefeierten Leute wie die drei Dortmunder, die mit viel Selbstvertrauen zum BVB zurückkehren werden, am liebsten mit Silberpokal. Meunier glaubt sogar, dass ein Sieg beim Kontinentalturnier noch „wertvoller wäre als der Gewinn der Weltmeisterschaft“, weil sich gezeigt hat, dass auch die kleinen Nationen auf Augenhöhe spielen. Insofern ist es fast egal, dass Belgien mit Portugal im Achtelfinale, mit Italien im Viertelfinale und womöglich Spanien in der Runde der letzten vier auf lauter Giganten trifft.

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