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#„Das Geld kommt bei den Falschen an“

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„Das Geld kommt bei den Falschen an“

Vor drei Jahren erzählte Mustapha Sallah der F.A.Z. von seiner Odyssee durch Afrika. Er wurde in Tripolis als Sklave verkauft, floh durch Libyen und wurde wieder festgenommen. Der damals 26 Jahre alte Gambier träumte von einem Leben in Deutschland, wohin er von Libyen aus über das Mittelmeer aufbrechen wollte. Sallah wollte Informatik studieren und seine Familie in Westafrika finanziell unterstützen.

Erst in seiner zweiten Gefangenschaft verabschiedete er sich vom Mythos Europa und überlegte, wie er Gleichgesinnte im eigenen Land von der gefährlichen Flucht abhalten könnte. Nach seiner Rückkehr nach Gambia gründete er die Organisation „Youth Against Irregular Migration“. Seitdem tourt Sallah durch das Land und versucht jüngere Menschen davon abzuhalten, ihr Leben aufs Spiel zu setzen.

Zwischen 2014 und 2017 machten die Gambier eine der größten Einwanderergruppen über die Mittelmeerroute aus, die in der Heimat auch als „backway“ bezeichnet wird. Auch deswegen sind in dem Land Organisationen und Selbsthilfegruppen entstanden, die als Netzwerke für Rückkehrer dienen und gleichzeitig diejenigen warnen sollen, die gen Norden wollen. Rückkehrer hätten es schwer, sich wieder in die gambische Gesellschaft zu integrieren, sagt Sallah. Viele sähen in ihnen Verlierer, die es nicht geschafft hätten, mit dem gesammelten Geld nach Lampedusa zu kommen und ihre Familien aus der Ferne zu unterstützen.

Viele träumen von Europa

Sallah sagt, dass er seit seiner Rückkehr viele getroffen habe, denen er den Wunsch von Europa ausreden konnte. Doch nicht alle lassen sich überzeugen – denn die Möglichkeiten in der Heimat sind begrenzt. „Viele junge Leute wollen ihr Business starten, aber ihnen wird der Zugang verwehrt“, sagt Sallah. Die Regierung, die von der EU Geld erhalten habe, stelle zu wenig Minikredite aus. „Das Geld für Projekte kommt bei den Falschen an.“ Sallah glaubt, dass in nächster Zeit wieder viele Richtung Europa aufbrechen könnten. Die Corona-Krise habe den für Gambia wichtigen Tourismussektor schachmatt gesetzt, die Strände und Küsten seien leer. „Durch die Medien erfahren wir die Todeszahlen in Europa. Einige junge Leute denken hier, dass in Europa viele gestorben sind und nun Arbeitsplätze frei werden“, sagt Sallah.

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Die politischen Verhältnisse in Gambia haben sich in den vergangenen Jahren verändert. Der langjährige Diktator Yahya Jammeh war nach einer verlorenen Wahl 2017 ins Exil nach Äquatorialguinea gegangen. Der Demokrat Adama Barrow, einst selbst Migrant in Europa, wurde zum Präsidenten gewählt. Die Zahl der Migranten aus Gambia ist seitdem gesunken. Potentielle Ausreisende können nicht mehr behaupten, sie würden in ihrem Land von einem Diktator und dessen Schergen verfolgt.

Präsident Barrow hat freilich wenig Interesse daran, dass die vielen Gambier im Ausland nach Hause kommen. Knapp ein Viertel des Staatshaushaltes setzt sich aus den Rücküberweisungen zusammen. 2019 erklärte die gambische Regierung ein Moratorium für Abschiebungen aus der EU, das mehrere Monate später wieder aufgehoben wurde. Flugzeuge mit Rückkehrern kommen in der Hauptstadt Banjul aber trotzdem nicht an. Ähnlich ist die Situation im benachbarten Senegal, wo es seit 2018 keinen Abschiebeflug aus Europa gab.

Fehlende Perspektiven besonders für junge Menschen: Fischer am Strand von Dakar


Fehlende Perspektiven besonders für junge Menschen: Fischer am Strand von Dakar
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Bild: AFP

Laut Ingo Badoreck, dem Leiter des Rechtsstaatsprogramms Westafrika der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in Dakar, ist Fluchtursachenbekämpfung in Westafrika kein populäres Thema. Vielmehr stehe es bei den Deutschen und Europäern auf der Agenda. Badoreck lobt das deutsche Engagement in der Region, betont aber auch, wie wenig Einfluss Berlin oder Brüssel auf die wirtschaftliche Situation in den Ländern hätten. Das Marktpotential sei nach wie vor gering, die deutsche Wirtschaft mache um den Kontinent (noch) einen großen Bogen. Etwa 1800 deutsche Firmen befänden sich in Afrika. Allein das Außenhandelsvolumen zwischen Deutschland und der Slowakei ist größer als mit Subsahara-Afrika insgesamt. Badoreck erzählt, dass in diesem Monat eine Gruppe deutscher Mittelständler nach Senegal reisen wolle. „Wenn es gut läuft, schaffen sie ein paar hundert Arbeitsplätze in den nächsten Jahren.“ Das deckt nicht einmal ansatzweise den Bedarf.

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