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#Das Hirn Italiens bei der EM

Das Hirn Italiens bei der EM

Meistens sind es Väter, die eigene Ambitionen durch ihre Söhne verwirklichen wollen. Der Sohnemann wird zum Fußball geschleppt, er soll ein Star werden, wird aber nicht selten unglücklich. Im Fall von Jorge Luiz Frello Filho, genannt Jorginho, war es anders. Seine Mutter Maria Tereza, eine brasilianische Amateurkickerin, ließ bei ihm nicht locker. Trainiert wurde schon im Kindesalter täglich am Strand.

Wie es scheint, ist der Sohn heute einigermaßen glücklich, sportlich könnte es kaum besser laufen. Jorginho, 29 Jahre alt, hat im Mai mit dem FC Chelsea unter Thomas Tuchel die Champions League gewonnen und ist der zentrale Spieler in der italienischen Nationalmannschaft. Die trifft an diesem Mittwoch im zweiten Spiel der Gruppe A in Rom auf die Schweiz (21.00 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur Fußball-EM, in der ARD und bei MagentaTV) und könnte sich mit einem Sieg bereits vorzeitig für das Achtelfinale qualifizieren.

Italiens Mannschaft ist ein Team ohne Stars. Beim 3:0-Auftaktsieg gegen die Türkei liefen die Spieler von Trainer Roberto Mancini Sturm gegen eine Abwehr, die erst nach gut 50 Minuten mit einem tumben Eigentor von Merih Demiral zusammenbrach. Bemerkenswert war die Art, wie die „squadra azzurra“ diesen Sieg erspielte. Sie kombinierte als Team, spielte intensives Pressing, hatte es auf blitzschnelle Rückeroberung des Balles abgesehen und bot eine der bislang attraktivsten Vorstellungen bei dieser EM.

Alle drei Stürmer, Domenico Berardi, Ciro Immobile und Lorenzo Insigne, waren jeweils an einen Treffer beteiligt. Die Mechanismen sind eingespielt, bei Ballbesitz verschiebt sich das 4-3-3-Gefüge zu einem ultraoffensiven 2-3-5-System. Entscheidend ist dabei das Gleichgewicht im Mittelfeld. Seit neun Spielen hat Italien kein Gegentor kassiert, seit 28 Spielen nicht mehr verloren.

Gutes Auge, gute Technik: Jorginho führt in Italiens Spiel Regie.


Gutes Auge, gute Technik: Jorginho führt in Italiens Spiel Regie.
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Bild: Reuters

Trainer Mancini warf nach der verpassten Qualifikation für die WM 2018 vieles um, der berüchtigte italienische Sicherheitsfußball ist lange passé. „Ich will ein Team, das den Gegner dominiert“, sagt der Coach.

Die Entdeckung des Maurizio Sarri

Dazu braucht man technisch und taktisch versierte, fußballerisch intelligente Spieler. Jorginho ist der Kern dieses Projekts, ein besonders ballsicherer, technisch feiner und zweikampfstarker Regisseur in der Zentrale, der Rhythmus und die Strategie des Moments bestimmt. Er gilt wegen seiner taktischen Intelligenz als verlängerter Arm des Trainers. „Er ist der einzige Unersetzliche im Team“, schreibt der Corriere della Sera. 1991 in Imbituba im brasilianischen Küstenstaat Santa Caterina zur Welt gekommen, fällt der Regisseur meistens nicht besonders auf, seine Spielweise ist nicht spektakulär.

Jorginho verteilt, kontrolliert, animiert, er ist das unauffällige Gehirn der Mannschaft. „Er hat etwas Besonderes, einen besonderen Blick für den Raum, er sieht mehr als die anderen“, sagt sein ehemaliger Trainer Maurizio Sarri über ihn. Beim SSC Neapel zog Sarri damals zunächst andere Spieler vor, Jorginho saß erst einmal auf der Bank. Bald entdeckte der Coach jedoch die Spielintelligenz des gebürtigen Brasilianers, der einen italienischen Ururgroßvater hat und deshalb seit 2012 auch die italienische Staatsbürgerschaft besitzt.

Sarri war schließlich so begeistert von dem Mittelfeldspieler, dass er ihn bei seinem Wechsel 2018 zum FC Chelsea unbedingt mitnehmen wollte. Der Kaufpreis soll 60 Millionen Euro betragen haben, Jorginho hatte es zunächst aber auch in London schwer. Die Fans pfiffen ihn aus, daran änderte auch der Gewinn der Europa League nichts. Es dauert überall, bis man Jorginho versteht.

„Bitte nennt mich nicht Giorgio“

Sarri wurde in Neapel wegen seines dominierenden Angriffsfußballs verehrt, eine Anlehnung an das Manchester City von Pep Guardiola. Italiens Nationaltrainer Mancini hat nun zur dominanten Attitüde auch das obsessive Gegenpressing Jürgen Klopps vom FC Liverpool ins italienische Repertoire aufgenommen. Jorginho ist zusammen mit Nicoló Barella der Mann hinter den Spitzen, der dafür die Tempi vorgibt.

Seine Bedeutung ist derzeit auch deshalb so gut sichtbar, weil der andere Regisseur, Marco Verratti (Paris Saint-Germain), noch verletzt auf der Bank sitzt. Spätestens im letzten Gruppenspiel gegen Wales soll auch Italiens technisch begabtester Fußballer wieder zum Einsatz kommen. Kaum eine Mannschaft verfügt über so viel Qualität in der Spielzentrale wie Italien.

„Bitte nennt mich nicht Giorgio“, sagte Jorginho nach seiner Einbürgerung 2012 in Verona. Mit 15 hatte er Brasilien verlassen, um den Traum der Mutter zu leben, der bald sein eigener wurde. 2007 begann er in den Jugendmannschaften von Hellas Verona, wurde an eine Viertliga-Mannschaft in der Provinz ausgeliehen. 2013 gelang ihm mit Hellas Verona der Aufstieg aus der zweiten in die erste italienische Liga. Es ging langsam weiter bergauf, immer mit Hürden.

Tippspiel zur Fußball-EM


Auch in der italienischen Nationalmannschaft. Antonio Conte berief Jorginho 2016 erstmals in die Nationalelf, zur EM im gleichen Jahr nahm er ihn aber nicht mit. Contes Nachfolger Gian Piero Ventura nominierte den Mittelfeldspieler nie, nur für das entscheidende Play-off-Spiel gegen Schweden 2017, das die Nicht-Qualifikation Italiens für die WM besiegelte, berief er ihn. Die EM ist für Jorginho die Chance, wieder einmal zu zeigen, was er wirklich kann.

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