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#„Das ist eine Sauerei und peinlich“

„Das ist eine Sauerei und peinlich“

Es sah so aus, als hätten Emotionen am Sonntagnachmittag in Sao Paulo eine gewaltige Rolle gespielt. Die Mimik im Mercedes-Lager sprach dafür. Der teils grimmige Blick von Teamchef Toto Wolff vor dem Start des Großen Preises von Brasilien und während des Rennens. Der Funkspruch von Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton nach den ersten Runden in Interlagos: „Los, lasst uns die Jungs kriegen.“

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Die da vorne, die Red-Bull-Fraktion mit Max Verstappen an der Spitze vor dessen Teamkollegen Sergio Perez. Und er bekam sie gegen alle Widerstände an diesem Wochenende. Hamilton gewann vor Verstappen, Dritter wurde der zweite Mercedes-Pilot Valtteri Bottas. Drei Rennen vor Saisonende verkürzte der Engländer den Rückstand in der Fahrerwertung auf Verstappen auf 14 Punkte.

Strahlend, mit der brasilianischen Nationalflagge wedelnd, blies Hamilton nach der erfolgreichen Jagd zur nächsten: „Ich hätte nie gedacht, dass wir die Lücke so schließen können, es lief ja alles gegen uns. Aber ich kämpfe immer weiter, ich gebe nie auf. So hat es sich gedreht.“ Das klang nach einer süßen Rache eines in die Rolle des „Underdogs“ gedrängten Fahrers.

Hamilton hatte vor dem Rennen den Eindruck recht konkret vermittelt, ihm, dem Champion, sei übel mitgespielt worden: Souverän Erster am Freitag im Qualifikationstraining, aber dann am Samstag wegen 0,2 Millimetern zu viel Spielraum an einer Stelle zwischen zwei Heckflügelelementen disqualifiziert, beraubt um die Frucht der Arbeit. Aber dann im Sprintrennen vom letzten Startplatz durchs Feld gepflügt, Fünfter geworden. Mit Wut im Bauch?

So funktioniert das nicht in der Formel 1. In solche Phasen ist die Überhitzung des Oberstübchens eher ein gewaltiger Bremsfaktor, wenn nicht gar die Vorstufe zur Selbstzerstörung. Erst fliegt das Auto, dann fliegen die Fetzen. Coolness ist gefragt unter Vollgas, wenn es bis ins Ziel reichen soll. Gerade weil Hamilton, noch dazu durch einen Motorwechsel um fünf Plätze zurückversetzt auf Startplatz zehn, einen gewaltigen Anschub brauchte, musste er am Sonntag die Kontrolle behalten über die Gefühle.

Schwer genug, wenn man als Favorit nach Sao Paulo kommt, weil die Rennstrecke dem eigenen Boliden so liegt und dann so zurückgeworfen wird. Die Piste ist Mercedes-Terrain, ein Erfolg war zwingend, einkalkuliert in die WM-Kalkulation. Und so sprach Wolff von einem „Witz“ mit Blick auf das Urteil des Verkehrsgerichtes im Namen des Internationalen Automobil-Verband in der Heckflügelaffäre. Der Fall ist komplizierter, etwas für Ingenieure und Juristen, nicht zu klären auf der Piste. Aber dennoch werden sofort folgende Triumphe im laufenden Wettbewerb als rechte Antworten auf solche – je nach Perspektive – Attacken betrachtet.

Die Demonstration am Sonntag gab Hamilton im Streitfall nicht Recht, aber sie bereitete ihm Genugtuung: Am Samstag von Rang 20 auf fünf. Beim Start am Sonntag von zehn auf sieben vorgeschossen, dann Sebastian Vettel (Aston Martin/11.), Carlos Sainz und Charles Leclerc (beide Ferrari) überholt, als seien die Kollegen keine Gegner. Bottas machte als Startverlierer gegen Verstappen nach Ansage von der Boxenmauer Platz: „Danke Valtteri“, sprach der Chefpilot ins Mikrofon. Schon war er Zweiter, nach nicht mal sechs von 71 Runden. Wie das geht?

Mit einem selbst in dieser Klasse außergewöhnlichen Gefühl für Form und Fassung des Rennwagens. Sonst hätte Bottas kaum den Start verloren und gleich die nächste Position. Aber ohne den Qualitätssprung des Silberpfeils wäre auch Hamilton nicht so weit gekommen. Weitaus der Schnellste im Feld. Der Mercedes auf der Bergauf-Passage zum Ziel raketengleich. Wegen des neuen Motors? Weil sich der Heckflügel unter Vollgas verbiegt, wie es Red Bull zumindest immer mal wieder andeutet? Das Thema wird der Formel 1 erhalten bleiben.

Nach ein paar angeordnete Tempoverschleppungen wegen verstreuter Trümmerteile von Hinterbänklern wie Mick Schumacher im Haas (18.), nach je zwei Boxenstopps sollte die Entscheidung beim eins gegen eins auf der Strecke fallen. Mann gegen Mann, Rad an Rad. 47. Runde: Hamilton saust längst in Schlagdistanz hinter Verstappen her. Mit viel Schwung setzt er zum Überholmanöver an in Kurve vier. Es sieht so aus, als könne sich der Niederländer kaum wehren. Aber er bremst spät, macht sich breit, beide driften in die Auslaufzone. Die Rennleitung greift nicht ein.

„Natürlich“, ruft Hamilton via Funk. Sein Sarkasmus ist nicht zu überhören. Beim nächsten Versuch wehrt sich der Herausforderer mit einem Zickzack-Manöver. Ein untrügliches Zeichen, dass Fahrkunst und Fahrzeug nicht reichen, den Hintermann auf Abstand zu halten. Die Rennleitung verwarnt Verstappen. In der 59. zieht Hamilton vorbei in Führung und davon auf gut zehn Sekunden. Wolff lässt sich in der Mercedes-Box zu einer Geste in Richtung des Rennleiters hinreißen. Sie lässt Noblesse vermissen, aber die Auflösung eines Emotionsstaus erkennen. Das Publikum jubelt.

Die Formel 1 zieht weiter ins Finale mit spannenden Fragen im Gepäck: Welchem Rennwagen werden die beiden neuen Rennstrecken in Qatar am nächsten Sonntag und am 5. Dezember in Saudi Arabien liegen, ehe es zum letzten Grand Prix der Saison in Abu Dhabi kommt? Immerhin gibt es schon zwei Antworten: Es bleibt eng im Kampf um den Titel und das Finale wohl frei von diplomatischen Kommentaren: „Max fährt mit dem Messer zwischen den Zähnen, er kann das“, sagte Wolff anerkennend, „aber dass er keine Fünf-Sekunden-Strafe bekommt für das Rausdrängen ist eine Sauerei. Das abzutun als Racing ist peinlich für die Rennleitung.“

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