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#Das Land in dem die Haselnuss wächst

Das Land in dem die Haselnuss wächst

Besonders im Spätsommer sind sie allgegenwärtig: Haselnüsse. Sie liegen zum Trocknen ausgebreitet auf Gehwegen, an Straßenrändern, in Parkanlagen, auf Autoparkplätzen, selbst der Platz vor einer staubigen Hotelbaustelle ist mit Unmengen kleiner brauner Früchte übersät. Kein Platz bleibt ungenutzt, ganz gleich, ob sie nun auf blauer Plastikplane oder gleich im feinen Staub der Straße vor sich hin dörren.

Andreas Mihm

Wirtschaftskorrespondent für Österreich, Ostmittel-, Südosteuropa und die Türkei mit Sitz in Wien.

Was am Ende weltweit als Brotaufstrich auf Frühstückstischen oder Power-Riegel in Schulranzen und Handtaschen landet, nimmt oft hier an der „Haselnussküste“ der türkischen Schwarzmeer­region zwischen Samsun und Trabzon seinen Anfang. Und das zu Bedingungen, von denen die wenigsten Konsumenten eine Vorstellung haben. Stichworte, die NGOs mit Inhalten füllen, lauten: schlechte Arbeitsbedingungen, geringe Bezahlung, Umweltgefahren, Kinderarbeit.

Anfang September sind es meist alte Männer und Frauen, die die findik, so lautet das türkische Wort für Haselnuss, am Straßenrand mit Schaufeln, Rechen oder Besen hin und her schubsen. Andere sind schon mit dem Packen beschäftigt. Sackweise sind Nüsse an der Uferpromenade gestapelt. Die Zeit drängt. Der Wetterbericht verheißt Regenschauer über Giresun, das Zentrum des Nussanbaus. Und feuchte Nüsse sind das Letzte, was die Nussfabriken jetzt brauchen.

Dabei ist feuchtes Klima das Lebenselixier der türkischen Schwarzmeer­region. Vor dem Pontischen Gebirgszug regnen die Wolken ab, sorgen für eine kontinuierliche Bewässerung des Landstrichs. Ist in der Türkei nach amtlichen Daten etwa jeder Fünfte in der Landwirtschaft tätig, so hat hier der Anbau von Tabak und Früchten einen besonders großen Stellenwert – und zwar für das ganze Land.

70 Prozent aller Haselnüsse stammen aus der Türkei 

Laut Regierung ist es der weltweit führende Produzent von Kirschen, Feigen, Aprikosen, Quitten, Mohn – und Haselnüssen. Die Welternährungsorganisation schätzt, dass 70 Prozent aller Haselnüsse aus der Türkei stammen. Die vorige Saison, von September 2019 bis August 2020, war die bisher beste – die aktuelle ist noch nicht abgerechnet. Auf 343.000 Tonnen veranschlagt die regionale Vereinigung der Nussexporteure 2020 allein die Ausfuhr, woraus sich eine Ernte von annähernd 500.000 Tonnen ergibt. Größte Abnehmer waren Italien, Deutschland, Frankreich, Polen, die Niederlande und China. Auf knapp 2 Milliarden Euro belief sich der Exportwert.

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So große Zahlen werden durch viele kleine Hände erwirtschaftet, zu oft prekären Arbeitsbedingungen. Das liegt an der Marktstruktur: Hunderttausende Kleinbauern – ihr Zahl wächst durch Erbteilung – bauen die Früchte an, geben sie an Zwischenhändler weiter, die sie an die Endabnehmer verkaufen. Millionen Menschen leben von der braunen Frucht, die hier beste Lebensbedingungen vorfindet. Allein die 1938 gegründete Dachorganisation Landwirtschaftlicher Verkaufsgenossenschaften, Fiskobirlik, hat nach eigenen Angaben 146.000 Kleinbauern unter Vertrag.

Fiskobirlik zahle seinen Bauern 26 oder 27 Lira für das Kilo Nüsse, je nach Qualität, sagt Exportmanager Yalcin Apaydin. Das sind umgerechnet etwa 2,60 Euro. Die Genossenschaft ist nicht der einzige Abnehmer, es sind auch andere Zahlen zu hören. Der zur rechtsradikalen MHP gehörende Politiker Cemal Enginyurt beschwerte sich unlängst darüber, dass Bauern nur 19 Lira je Kilo erhielten – und wurde von seiner Partei abgemahnt. Schließlich klang das wie Kritik an der eigenen Regierung, in der die MPH die AKP von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan unterstützt.

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