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#Weihnachten im Lockdown: Die eigentlich Beschenkten

Weihnachten im Lockdown: Die eigentlich Beschenkten

Noch selten ist so viel über Weihnachten gesprochen worden. Weil es in diesem Jahr unter so vielen Restriktionen stattfinden soll. Das „härteste Weihnachten seit Jahrzehnten“ wurde angekündigt. In Bayern werden viele Weihnachtsfeiern um 21 Uhr enden, weil danach alle, die nicht über Nacht bleiben, wieder zurück in ihren Wohnungen sein müssen. Die nächtlichen Christmetten sind dort abgesagt. „Gott ist größer als aller Schrecken“, teilt hingegen der Präses der rheinischen Landeskirche mit, ohne allerdings zu sagen, ab welcher Inzidenzzahl genau Gott um wie viel größer ist.

Jürgen Kaube

Das „alles gut“ nach Abschluss einer Schöpfung, in der es Viren gibt, verlangt jedenfalls Erklärungen. Aber ob sie uns in Weihnachtsgottesdiensten wohl gegeben werden, die alle katholischen Bischöfe Nordrhein-Westfalens feiern lassen wollen? Das Recht der Pandemie-Verordnungen haben sie auf ihrer Seite. In Hessen ist wie andernorts gemeinsames Singen nicht gestattet, die Ausgangssperre beginnt dort am Heiligabend erst um Mitternacht, an den Tagen danach eine Stunde später als in Bayern. Der Papst in Rom wiederum hält seine Christmette zwei Stunden früher.

Weihnachten zieht also Paradoxien auf sich: Ein Familienfest ohne die ganze Familie, Nähe mit Abstandsgebot, Religion, aber ohne das Ritual? Feste, bei denen etwas gefeiert wird und nicht nur das Feiern selbst, sind tatsächlich nicht beliebig variierbar. Man könnte Fastnacht nicht ohne Verkleidung begehen oder Halloween vormittags. Auch diejenigen, die mit familienpsychologischen zahlen im Rücken ganz gern auf Streit unter Baum verzichten, haben sich schon gemeldet. Dass das kurzfristig angekündigte Stilllegen großer Teile des öffentlichen Lebens einerseits zu Kaufrallyes führte, anderseits zu einem weiteren Wachstum des Internethandels, wird vom Kopfschütteln vieler Politiker begleitet, die sich ein Fest mit Gutscheinen statt Geschenken vorstellen können. Aber wie kinderlos sind sie, oder haben sie schon alles?

Früher war es auch nicht besser

Das verweist auf die scheinbaren Widersprüche, die schon lange und bis zur Langeweile kritisiert werden, wenn es um Weihnachten geht. Das gefeierte Kind war arm, heißt es, aber es kümmert sich nicht nur von September an eine ganze Industrie um das Fest, sondern der Einzelhandel hängt stark von den Konsumschüben im Dezember ab. Zwar meldet Allensbach, der Anteil derjenigen Deutschen, die in diesem Jahr weniger für Geschenke ausgeben wollen, sei von 15 auf 25 Prozent gestiegen. Doch selbst wenn der Wille wirklich würde, wären die übrigbleibenden Beträge erheblich.

Einundsechzig Millionen Pakete hat in der vergangenen Woche allein die Post gezählt. Entsprechend ist nur eine teilweise Verlagerung der Einkaufshektik anzunehmen: von den Innenstadtbezirken und den Einkaufszentren auf die Webseiten. Und eine teilweise Verschiebung des Verwandtschaftsstresse in Diskussionen darüber, welche zwei Haushalte es denn nun konkret sein sollen, die pro Feier zugelassen sind, und ob Gesundheitsargumente fürs Fernbleiben bloß vorgeschoben werden.

Wer aus all dem den Schluss zieht, früher sei es besser und das Weihnachtsfest weniger belastet gewesen, täuscht sich. Denn erstens gibt es Weihnachten als Volksfest noch nicht so lange, und zweitens war es seit jeher umstritten. Wie anders, wenn es um die Behauptung geht, in einem Randbezirk des Nahen Ostens sei ein, nein der Gott als Kind und Sohn Gottes geboren worden. Das ist nicht nur eine historische und logische Zumutung. Doch es wurde auch weit diesseits des Glaubens so gut wie jedes Merkmal von Weihnachten erbittert diskutiert, wie man jetzt Karl-Heinz Götterts Buch „Weihnachten. Biographie eines Festes“ (F.A.Z. vom 23. Dezember) zusammengefasst entnehmen kann.

Ist nicht das Martyrium der Triumph?

Zunächst war der Termin der Geburt Christi lange kontrovers. Ostern hing an Pessach, da war nichts zu machen. Aber Weihnachten stand für Konstruktionen offen und also für politische, astrologische und mythische Argumente. Des Weiteren erschien auch die verwegene, vielleicht auf einem Übersetzungsfehler aus Jesaja 7,14 beruhende Jungfrauengeburt zweifelhaft. In den Evangelien, die sich durchgesetzt haben, herrscht erzählerische Vielfalt. Bei Lukas gibt es die Volkszählung, die zur Wanderung aus dem entfernten Nazareth nach Bethlehem geführt haben soll. Diese Zählung aber fand als regionaler Zensus 6 oder 7 nach Chr. statt. Matthäus weiß nichts von Krippe und Stall. Ochs und Esel sind später nach Jesaja 1,3 hinzugebeten worden. Dafür fügt Matthäus Herodes ein, der aber 4 v. Chr. schon tot war. Man maß die Zeit noch nicht nach der Uhr.

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