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Das saubere Land

Für deutsche Muttersprachler ist es einigermaßen unverständlich, wie andere Sprachen ohne den schönen Begriff „Fernweh“ auskommen können – gerade jetzt, da dieses Gefühl uns angesichts der Reisebeschränkungen immer wieder anweht. Zugegeben, die Schweiz ist vielleicht nicht das Ziel all unserer tiefsten Sehnsüchte, zu nah, zu langweilig erscheint das Nachbarland uns oft. Aber das mag auch eine Frage der Sozialisation sein und dessen, was einem interessant erscheint und was nicht.

Andrea Diener

Fünf Jahre lang ist Teju Cole immer wieder in die Schweiz zurückgekehrt, und immer mit Kamera und Farbfilm. Im Jahr 2014 war er als Autor zunächst Stipendiat des Literaturhauses Zürich, nachdem sein Roman „Open City“ auf Deutsch erschienen war. Dann hat dieses pünktliche, gut organisierte Land den im tendenziell eher chaotischen Lagos in Nigeria aufgewachsenen und in den Vereinigten Staaten lebenden Autor nicht mehr losgelassen. Fünf Jahre lang kam er immer wieder, bereiste alle Ecken der Schweiz und erlag der überwältigenden Schönheit der Berge. Natürlich, die müssen auch fotografiert werden, wenn man schon vor ihnen steht.

Immer ein Geländer vor dem Berg

Es sind aber weniger die majestätischen Alpenpanoramen, obwohl auch diese sich immer wieder als Original oder als Abbild in die Bilder drängen, es ist nicht die touristische Schweiz, die Cole hier zeigt. Die Natur ist immer wieder gerahmt von oder durchsetzt mit Infrastruktur. Es sind die mitunter wenig präsentablen, etwas unaufgeräumten Ecken dieses eigentlich so aufgeräumten Landes, die ihn fotografisch interessierten und die man erst auf den zweiten oder dritten Blick wahrnimmt. Wobei hier nichts entlarvt oder denunziert werden soll, Cole liebt die Schweiz, und das sieht man. Es ist ein Land, das sich um seine Bewohner sorgt, die wiederum das ihrige tun, einander das Leben so angenehm wie möglich zu machen.

Das Gegenteil von wilder Natur: In der Schweiz ist Infrastruktur überall.



Bilderstrecke



Teju Cole
:


„Fernweh“

Menschen sieht man nur selten in „Fernweh“, aber menschliche Spuren prägen die stillen Bilder. In Teju Coles Schweiz wird man nie alleingelassen, stets befindet sich noch ein sicheres Geländer zwischen dem Betrachter und dem Berg, und es hält, auch wenn es ein wenig rostig sein mag. Glasscheiben halten die Kälte ab, und das Boot bringt einen sicher über den See. Alles, wirklich alles hier ist verlässlich.

Teju Cole bringt neben seinem Blick als Reisender die theoretische Beschlagenheit eines studierten Kunsthistorikers mit, der sich auch in der Fotografiegeschichte bestens auskennt – als Kolumnist schrieb er regelmäßig im „New York Times Magazine“ über Fotografie. Das macht es dem Betrachter nicht ganz einfach. Im Gegensatz zu Coles vorherigen Band „Blind Spot“ verzichtet er außerdem weitgehend auf das Zusammenspiel mit Text, bis auf einige wenige, durch das Buch wehende Satzfragmente. In diesem Sinne ist „Fernweh“ eher suggestive Lyrik als berichtende Prosa. Aber wie sonst soll man auch von einem so flüchtigen Gefühl erzählen?

Teju Cole: „Fernweh“. Mack Books, London 2020. 216 Seiten, zahlreiche Farbfotografien. Gebunden, 40 Euro.

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