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#Das schwierige Erbe des Markus Anfang

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Das schwierige Erbe des Markus Anfang

Nach seinem letzten Heimspiel als „Lilien“-Trainer war Markus Anfang gedanklich schon in der neuen Saison. Er stand auf unebenem Grund auf der Baustelle Böllenfalltorstadion und sagte, dass er sich sorge mit Blick auf die nahe Zukunft. Der Abschied wichtiger Spieler war beschlossen und verkündet, namhafte Neue nicht in Sicht, das Budget in Corona-Zeiten begrenzt. Und das vor einer Spielzeit, in der die zweite Liga von so vielen schwergewichtigen (Traditions-)Klubs bevölkert sein würde wie nie zuvor.

Kurz darauf stellte Anfang die Darmstädter Verantwortlichen trotz laufenden Vertrags vor vollendete Tatsachen und wechselte gegen Gebühr zu einem ebenjener Schwergewichte: Werder Bremen. An diesem Sonntag (13.30 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur 2. Bundesliga und bei Sky) kommt es zum Wiedersehen am Böllenfalltor, das mittlerweile deutlich weniger nach Baustelle aussieht. Die mit dem neuen Trainer Torsten Lieberknecht sehr zufriedenen Südhessen (13 Punkte) liegen mit den Norddeutschen (14) fast gleichauf.

Was hat Anfang bei den „Lilien“ bewirkt und hinterlassen? Das Gesamtergebnis von Anfangs einjährigem Intermezzo ist gut. Nach langem Aufenthalt an der Schwelle zum Abstieg führte er den SVD dank einer fulminanten Rückrunde noch auf Rang sieben (51 Zähler). Und doch war er ein Trainer, der polarisierte – und zwar mehr nach innen als nach außen. Einer, der den „Lilien“-Betrieb mitunter überforderte, zumindest aber dauerhaft anstrengte.

Dominanz und Ballbesitz

Anfangs Ehrgeiz und Ungeduld, Anspruch und Selbstvertrauen machten nicht davor Halt, die Spielweise rigoros umzukrempeln. Dominanz und Ballbesitz waren die wichtigsten Schlagworte. Zwischen dem einen Extrem, dem Ballbesitz-Verweigerer Dirk Schuster (bis Februar 2019) und dem Ballbesitz-Fetischisten Anfang (ab Juli 2020) lag nur wenig Zeit.

Wer Markus Anfang verpflichtet, muss damals wie heute wissen, was er bekommt: einen Fachmann, der eine unverrückbare Spielphilosophie mitbringt und seinen Teams (überwiegend erfolgreich) überstülpt. Er verfolgt einen Ansatz, der viele Tore und viele Gegentreffer nahezu heraufbeschwört. Bis zum Ende war damit beim Darmstädter Publikum und auch manchen Spielern ein gewisses Unwohlsein zu registrieren.

Anfang setzte auf feste, möglichst automatisierte Abläufe. Er gab jedem quasi einen Fahrplan mit, an dessen Inhalt es sich auf allen Positionen präzise zu halten galt. Das ging auf Kosten von eigenverantwortlichen Entscheidungen der Spieler auf dem Platz, was nicht allen Profis gefallen haben soll. Nicht selten haben sich die „Lilien“ mit ihren langen Ballbesitzphasen hinten in Stresssituationen manövriert und vorne eingelullt.

Lieberknecht fand eine Mannschaft vor – obwohl auf vielen Positionen verändert –, die sich in Ballbesitz deutlich wohler fühlte als vorige „Lilien“-Jahrgänge. Er hat aber auch schon mal angedeutet, dass es einiger Anstrengung bedurfte, die ein Jahr beharrlich eingetrichterten Muster aus den Spielerköpfen zu lösen. Obwohl Anfang in der tabellarischen Not trotz Bauchgrimmen von seinem Ansatz abgerückt war – und damit letztlich den Aufschwung der Rückrunde initiiert hatte, bei dem manche Spieler wie von einer taktischen Fessel gelöst wirkten.

Die Spielweise nach Anfangs Umdenken hat durchaus Ähnlichkeiten mit Lieberknechts Herangehensweise, das „Lilien“-Spiel geradliniger und effektiver zu gestalten. „Wir haben in der abgelaufenen Saison durch die im März mit dem Auswärtsspiel in Paderborn eingeleitete Trendwende letztendlich doch noch eine erfolgreiche Spielzeit bestritten“, sagt Rüdiger Fritsch der F.A.Z. Doch mit einer Rückschau will sich der Vereinspräsident nicht aufhalten. „Was zählt, ist die Gegenwart. Und mit der sind wir sehr zufrieden. Wir sind froh, mit Torsten Lieberknecht einen Trainer zu haben, der mit seiner Art perfekt zu uns passt und sich der Möglichkeiten in Darmstadt, die mittlerweile absolut wettbewerbsfähig sind, bewusst ist“, so Fritsch.

Lieberknecht steht für hochgekrempelte Ärmel und Fürsorge zugleich. Dinge, die Anfang nicht wirklich bieten konnte. Die Spieler begrüßen seinen Kommunikationsstil, der jeden mit einbeziehe und niemanden im Unklaren lasse über sein aktuelles Standing. Der Pfälzer kommt mit seiner die Anhänger eher umarmenden statt fordernden Art persönlich besser an.

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Lieberknecht wurde am Böllenfalltor schon mit Sprechchören gefeiert – und das war in Darmstadt länger keinem Trainer mehr vergönnt. Der 48-Jährige agiere „nach vorne ausgerichtet, um mit uns langfristig Erfolg zu haben“, sagt Fritsch. Und das „langfristig“ darf man wohl so verstehen, dass die SVD-Führung sich nicht vorstellen kann, dass Lieberknecht schon nach einer Saison wieder von Bord gehen könnte wie sein Vorgänger.

Dass Anfang den Weg von Mittelfeldspieler Nicolai Rapp, der im Sommer kurz vor einer Einigung auf Weiterbeschäftigung in Darmstadt stand, noch zu sich nach Bremen umleitete, schmerzte den SVD zusätzlich. Ob der vom FC Bayern ausgeliehene Innenverteidiger Lars Lukas Mai noch ein Jahr in Südhessen verblieben wäre, ist zwar unsicher, doch auch er ist Anfang an die Weser gefolgt. Nun ist das Trio zurück – wenn auch nur für ein Spiel.

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