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#Das Startfenster von Artemis I – Astrodicticum Simplex

„Das Startfenster von Artemis I – Astrodicticum Simplex“

Am 29. August 2022 sollte Artemis I zum Mond fliegen. Der Start musste abgebrochen werden. Der nächste Versuch fand am 3. September 2022 statt und wieder wurde der Start verschoben. Der Grund dafür waren Probleme mit einer Verbindung die flüssigen Wasserstoff in die Rakete tanken sollte. Wann der nächste Start versucht werden soll, ist aktuell noch nicht fix. Aber klar ist: Man kann nicht nach Lust und Laune zum Mond fliegen; dafür gibt es Regeln und die schauen wir uns ein wenig genauer an.

Die meisten Raketenstarts der Vergangenheit haben Satelliten in eine Erdumlaufbahn gebracht oder Menschen zur Raumstation. In beiden Fällen geht es um vergleichsweise kurze Distanzen; das Artemis-Programm der NASA hat aber ein ganz anderes Ziel. Es geht zurück zum Mond! Artemis I wird ein Raumschiff in eine Umlaufbahn um den Mond und zurück zur Erde schicken; noch ohne Menschen an Bord. Artemis II soll ein bis zwei Jahre später folgen und den Flug mit Menschen wiederholen. Um 2026 herum werden Menschen mit Artemis III dann auch tatsächlich auf dem Mond landen. Über die Notwendigkeit dieser Missionen, ihren wissenschaftlichen Zweck und die Tatsache, dass wir weniger über den Mond wissen, als man landläufig denkt werde ich vielleicht ein anderes Mal erzählen. Heute geht es um die möglichen Startfenster, also die Frage: Wann kann die Rakete zum Mond fliegen und warum geht das nicht immer?

Der Mond ist 400.000 Kilometer weit weg und es braucht jede Menge Energie, um ein Raumschiff samt Besatzung dorthin zu bringen. Deswegen hat die NASA auch eine völlig neue Rakete konstruiert die dazu in der Lage ist. Aber auch sie ist immer noch eine Rakete und kein Science-Fiction-Raumschiff. Könnte man einfach aufs Gas steigen ohne an Treibstoff denken zu müssen, dann könnte man auch zu jedem beliebigen Zeitpunkt starten und dann halt einfach dorthin lenken, wo man gerne hin will. Aber Raketen haben weder ein Gaspedal noch ein Lenkrad und schon gar nicht unbegrenzt Energie. Man kann die Triebwerke nur kurz anwerfen und das muss zum richtigen Zeitpunkt passieren. Und man muss darauf achten, dass die beteiligten Himmelskörper – in diesem Fall Erde, Mond und auch die Sonne – in der richtigen Konfiguration stehen, damit die Wege nicht zu lang werden.

Bild: NASA/Joel Kowsky

Beim Start von Artemis I kommt es vor allem auf vier Punkte an:

  • 1) Nach dem Start wird sich das Orion-Raumschiff von der Rakete abtrennen und in einer weiten Umlaufbahn um den Mond herum fliegen. Dazu muss ein “trans-lunar injection burn” durchgeführt werden, also ein Manöver, bei dem Richtung und Geschwindigkeit exakt so angepasst werden, damit am Ende die angepeilte Bahn erreicht wird. Wie viel Masse Orion am Ende zum Mond transportieren kann, hängt unter anderem davon ab, wie gut dieses Manöver funktioniert und das hängt unter anderem davon ab, wie Erde und Mond im Verhältnis zueinander stehen.
  • 2) Orion will ja auch wieder zurück zur Erde. Das wird in diesem Fall mit einem neuen Manöver passieren, einem sogenannten “skip entry”. Nachdem die Raumkapsel in die Erdatmosphäre eingetreten ist, kann sie nicht beliebig weit fliegen, bevor sie im Ozean landet. Und idealerweise findet diese Wasserlandung nicht mitten im Pazifik oder im russischen Polarmeer statt – sondern in der Nähe der amerikanischen Küste, wo die Bergungsschiffe schnell vor Ort sein können. Die Erde aber dreht sich und Orion kann nicht einfach im Weltall stehen bleiben und warten, bis der passende Punkt unter ihr angelangt ist. Die Apollo-Kapsel aus dem ersten Mondprogramm der NASA schafften nach dem Eintritt in die Atmosphäre eine Distanz von knapp 2400 Kilometern. Bei Orion sollen es bis zu 8800 Kilometer werden. Dazu muss der Flug durch die Atmosphäre verlängert werden und das macht man, in dem man – vereinfacht gesagt – die Atmosphäre selbst zum bremsen verwendet. Aber nur ein bisschen; man fliegt quasi ein Stück in die Atmosphäre hinein, und dann wieder ein Stück raus, bevor man dann tatsächlich so weit bremst, dass man landen kann. Und auch das geht natürlich nur, wenn die Erde in der richtigen Position ist.
  • Orion braucht Energie um zu funktionieren und die kriegt sie durch Solarmodule. Das bedeutet, dass sie nicht zu lange im Schatten sein darf; nicht länger als 90 Minuten. Man muss also berücksichtigen, wann aus der Sicht von Orion die Erde oder der Mond gerade die Sonne verdeckt. Und wissen, wie der Ladezustand der Batterie zu dem Zeitpunkt gerade ist. Auch das schränkt die möglichen Flugbahnen und damit die Startmöglichkeiten ein.
  • Und schließlich sollte Orion dann auf der Erde landen, wenn es dort wo die Landung stattfindet, gerade hell ist. Ansonsten wird die Bergung der Kapsel (und der Menschen, wenn sie dann mitfliegen) unnötig schwer.

All diese Bedingungen sorgen dafür, dass ein Start der Rakete nur zu gewissen Zeitpunkten möglich ist, wenn die Mission erfolgreich sein soll. Noch komplizierter wird es, wenn ein Start abgebrochen werden muss. Bei einer Rakete schließt man nicht einfach die Tür ab und kommt dann ein paar Tage später wieder. Der Treibstoff muss aufwendig und langwierig getankt werden und wenn die Rakete voll ist, kann sie so nicht beliebig lange rumstehen. Der Tank muss nachgefüllt werden; beziehungsweise muss die Rakete komplett enttankt werden, wenn die Pause zu lange dauert. Und der Treibstoff ist auch nicht beliebig verfügbar; den kann man nicht eben von der Tanke nebenan holen. Insgesamt führt das dazu, dass – neben allem anderen – nach einem Abbruch mindestens 48 Stunden lang gewartet werden muss, bis ein neuer Versuch stattfinden kann und insgesamt nicht mehr als 3 Startversuche pro Woche möglich sind. Ach ja: Das Wetter gibt es auch noch. Wenn es zu stürmisch ist oder ein zu starkes Gewitter stattfindet, dann kann auch nicht gestartet werden.

Theoretisch wäre das nächste Startfenster morgen, am 6. September 2022. Aber man kann davon ausgehen, dass die NASA sich nach zwei Abbrüchen ein wenig mehr Zeit lässt. Danach geht es erst am 19. September 2022 wieder weiter; bis 26. September sind dann aber nur “kurze Missionen” möglich. Also Missionen, bei denen Orion nur eine halbe Runde um den Mond fliegt und nach 26 bis 28 Tagen wieder auf der Erde landet anstatt der eineinhalb Runden und den eigentlich geplanten 38 bis 42 Tagen im All. So eine lange Mission kann erst wieder am 27. und 28. September gestartet werden. Eine komplette Übersicht über alle Startfenster bis Juni 2023 kann man sich hier ansehen. Möglichkeiten gibt es noch genug und wir können davon ausgehen, dass die NASA nichts überstürzen wird. Besser man lässt sich Zeit, und am Ende klappt dann alles. Denn niemand will explodierende Raketen oder andere Katastrophen sehen, die das Mondprogramm auf unbestimmte Zeit verschieben.

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