Das waren die prägenden Figuren der Saison 2024/25

Inhaltsverzeichnis
Dino Toppmöller: der Souverän
Die Entwicklung von Trainer Dino Toppmöller lässt sich in zwei Worten zusammenfassen: größere Souveränität. In seinem zweiten Jahr bei der Eintracht hat der 44 Jahre alte Moselaner die klassischen Schwächen eines Erstliga-Eleven abgelegt: Es zu gut machen zu wollen, es jedem recht machen zu wollen, sich selbst zu viel aufzubürden, sich ständig zu hinterfragen und sich dadurch vor harten Entscheidungen oder auch nur härteren Ansprachen zu scheuen.
Das liest sich, als wäre Toppmöller in seinem ersten Jahr ein Weichei gewesen, dem die anderen auf der Nase herumtanzten. Das war nicht so. Der Sohn der Trainer-Ikone Klaus Toppmöller bringt neben seinen fachlichen Qualitäten genügend Charakter und Persönlichkeit mit, um sich durchsetzen zu können, wenn es ans Eingemachte geht. Aber er setzt nun schneller Stoppschilder, tritt bei aller Freundlichkeit und Empathie, die er sich bewahrt hat, entschiedener und selbstbewusster auf, was sich gegenüber den Medien in inhaltsreicheren und originelleren Aussagen gegenüber der ersten Saison ausdrückt, in der er sich im Bestreben konsequenter Fehlervermeidung von Plattitüde zu Plattitüde hangelte.
Kurz: Es gibt kaum noch Momente, in denen Toppmöller unsicher wirkt, weil er lernfähig ist und nun die allermeisten Situationen im Haifischbecken Bundesliga kennt.
Und natürlich trägt sein erfolgreiches Wirken zu größerer Selbstsicherheit und besserer Ausstrahlung bei. Da ist an erster Stelle die Entwicklung von Omar Marmoush zum Weltklasse-Stürmer zu nennen, was die Grundlage für den Einzug in die Champions League bildete. Aber auch Hugo Larsson, Nathaniel Brown, Nnamdi Collins, Jean-Matteo Bahoya, Ansgar Knauff und Oscar Hojlund hat Toppmöller besser gemacht und er schaffte es, dass Hugo Ekitiké sein riesiges Potential nun meistens auch ausspielt.
Toppmöller verbesserte die Eintracht aber auch als Kollektiv, mannschaftstaktisch fand er eine Lösung, den Abschied von Marmoush nach der Hinrunde einigermaßen zu kompensieren. Den Fehler, manchen Profi mit Anweisungen zu überfrachten, begeht der Eintracht-Trainer auch nicht mehr. Seine vorzeitige, langjährige Vertragsverlängerung war eine logische Entscheidung der Eintracht.
Trapp und Santos: jung und alt
Eine der schönsten Geschichten dieser Eintracht-Saison handelt von zwei ungleichen Torhütern. Einem ganz am Anfang seiner Karriere, bei dem sich an guten Tagen das halbe Stadion fragte: „Wer ist das denn?“ – und an schlechten ebenso.
Als der Brasilianer Kaua Santos im Alter von 21 Jahren durch den Strafraum Tottenhams flog, schien es, als wären die Tage Kevin Trapps gezählt. Das Schienbein des Kapitäns wollte einfach nicht aufhören wehzutun. Als es dann besser wurde, Santos aber im Tor blieb, reagierte Trapp nach außen hin gelassen. Wie ein Spieler eben, der schon etwas mehr von der Fußballwelt gesehen hat. Er, der für Paris im Tor stand und auch für die deutsche Nationalmannschaft, sagte in einem Interview: Es geht um die Mannschaft.

Dann riss das Kreuzband von Santos. Und das Team wackelte plötzlich. Es ließ in Mainz die erste Chance liegen, und gegen St. Pauli die zweite, um sich frühzeitig für die Champions League zu qualifizieren. Doch als es am heißesten wurde, am letzten Spieltag in Freiburg, stand im Tor jener Spieler, auf den sich die Eintracht in großen Spielen immer verlassen konnte: Trapp. 3:1 gewann sie – und als der Schiedsrichter abpfiff, rannten alle Spieler in die Kurve. Bis auf einen. Wie in einer Yoga-Pose legte sich der Torhüter zwei Minuten ins Gras, das Gesicht versteckt zwischen den Halmen. Als er aufstand und langsam zur Bank lief, wischte er sich die Tränen von der Wange.
Das zehnte Jahr von Trapp bei der Eintracht war das wechselhafteste. Und das erfolgreichste: Nie landete der Klub in der Zeit des Saarländers auf einem besseren Ligaplatz. Santos kehrt gegen Jahresende zurück. Fürs Erste ist es also wieder Trapp, der in Madrid oder Mailand im Tor steht. Früher oder später wird es Santos sein – gut genug ist er. So ungleich sind sich der Junge und der Alte also vielleicht doch nicht: Beide haben sich die Bühne Champions League verdient.
Hugo Ekitiké: zauberhaft
Hinter Hugo Ekitiké, dem jungen Meister in Frankfurts Sturm, liegt eine märchenhafte Fußballsaison. Vom Zauberer und Künstler ist im Hinblick auf seine entwickelten Fähigkeiten die Rede. Mit seinem Torinstinkt, seiner Technik und seinem Tempo sticht der 22 Jahre alte, in Reims geborene Franzose unter den Hochbegabten im Scheinwerferlicht heraus.
Beim zukünftigen Königsklassenteilnehmer bringt er mit seiner Dribbelstärke und Leichtigkeit, die von seinem Spiel ausgeht, viel für eine große Karriere mit. Die der vielumworbene Angreifer nun aber wohl an anderer Stelle fortsetzen dürfte: Mehrere Klubs aus der Premier League, allen voran der FC Liverpool und der FC Arsenal, wollen sich in den kommenden Jahren mit dem treffsicheren Sturmjuwel schmücken.

Seine 22 erzielten Tore und zwölf Torvorlagen in 48 absolvierten Pflichtspielen künden von der Extraklasse Ekitikés, der mit seinen außergewöhnlichen Anlagen einer der besten Angreifer in Europa werden kann. Er sei „einer der interessantesten Stürmer auf dem europäischen Markt“, sagte Eintracht-Sportvorstand Markus Krösche unlängst. „Ich bin froh, dass wir ihn haben. Wenn er sich anders entscheidet, ist das unser Credo, ein Gesetz, an dem wir festhalten: Wenn sich ein Spieler schneller entwickelt als wir, lassen wir ihn ziehen, wenn unsere Forderung erfüllt wird.“
Ekitiké treibt seine Karriere im Sauseschritt voran. Offenbar hat sich der Offensivspieler entschieden: Er soll die Frankfurter davon in Kenntnis gesetzt haben, dass er seinen Arbeitsplatz in diesem Sommer wechseln möchte – trotz seines bestehenden Vertrags bis zum 1. Juli 2029. Dementsprechend kostspielig würde eine Verpflichtung von Ekitiké für dessen neuen Klub werden. Zwischen 90 und 100 Millionen Euro an Ablösesumme hält die Eintracht für einen angemessenen Wert. Nach Randal Kolo Muani (rund 90 Millionen Euro Ablöse, Paris Saint-Germain) und Omar Marmoush (80, Manchester City) wäre Ekitiké schon der dritte Stürmer, mit dem die Hessen ein großes Geschäft machen würden. Die exorbitante Einnahme könnte den Trennungsschmerz ein bisschen abmildern. Das viele Geld hätte für den Klub auch etwas Märchenhaftes.
Omar Marmoush: sein Moment
Ein Abend voller Energie und Emotionen: Der 17. Januar 2025 bescherte der Eintracht und allen, die im Stadion unmittelbar dabei waren, einen Bundesligaspieltag, bei dem der Sieg gegen Borussia Dortmund hinterher nur das zweitrangige Gesprächsthema blieb. Im neuen Jahr waren gerade mal ein paar Tage vorbei, da kam es bereits zu einem Moment des Abschieds, der in seiner atmosphärischen Wirkung auf absehbare Zeit schwer zu toppen sein wird.

Omar Marmoush, das wurde in den späten Nachmittagsstunden dieses Freitags deutlich, als sich die Meldungen aus England verdichteten, wird nicht mehr im Kader der Frankfurter Mannschaft stehen, die er in den Monaten zuvor mit seinen Toren in Rampenlicht geschossen hatte. So fehlte sein Name auf dem Spielberichtsbogen. Und doch war er da, von den Massen unentdeckt, in den Katakomben.
Nach dem Abpfiff, als der Jubel über das 2:0 gegen den BVB über die Ränge hinweg hallte, betrat Marmoush, gekleidet mit Jeans und schwarzer Lederjacke, plötzlich den Rasen. Das Publikum rieb sich verwundert die Augen. Fast schüchtern mischte sich der 26-Jährige unter seine Kollegen, doch jeder spürte: Das war sein Moment.
Arthur Theate schob ihn sanft Richtung Nordwestkurve, wo die lautstärksten Stimmungsmacher unter den Anhägern ihren Platz haben – und Applaus aufbrandete, gefolgt von Sprechchören, die dem Ägypter huldigten. Marmoush klopfte sich mit der Hand aufs Herz. Und die Eintracht-Fans verstanden. Der „Mexit“, sein Wechsel zu Manchester City, wird kommen. Inklusive Boni, das wurde danach bekannt, spülte der Deal den Hessen 85 Millionen Euro in die Kassen. Doch hier und jetzt ging es nicht ums Geld, verwandelten sich auch die Profis, die so gerne tun, als könnte ihn nichts und niemand etwas anhaben, zu mitfühlenden Zeitgenossen, von denen manche mit den Tränen kämpften.
„Das war ein Gänsehaut-Moment“, sagte Trainer Dino Toppmöller. Auch Sportvorstand Krösche wurde grundsätzlich: „Omar wird für immer ein Teil von uns sein.“ Frankfurt hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Spieler, die als kleine Lichter an diesen Standort kamen und mit glänzender Starperspektive verließen, ziehen lassen. Nicht alle verabschiedeten sie so wie Marmoush: hinaus durchs große Tor. Der Stürmer ging mit Stil – und mehr als nur die Erinnerung an seine Treffsicherheit wirkt nach. Marmoush hinterließ Spuren im Herzen der Eintracht-Fans.
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