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#Das Zaudern von EZB und Fed

Das Zaudern von EZB und Fed

Im Umgang der Zentralbanken mit dem aktuellen Anstieg der Inflationsraten lassen sich zwei Lager unterscheiden. Die großen Zentralbanken neigen unter Führung der amerikanischen Federal Reserve zur Annahme, dass sich die Inflationsraten ab dem kommenden Jahr wieder zurückbilden werden und die Geldpolitik aufgerufen bleibt, die Stimulierung der Wirtschaft nicht aus dem Blick zu verlieren. In mehreren kleinen Ländern dagegen gehen die Zentralbanken mit Leitzinserhöhungen gegen die Inflation vor.

In Kommentaren ist die Ankündigung der Fed, ihre Anleihekäufe allmählich zu reduzieren, als Indiz für eine große Wende hin zu einer strafferen Geldpolitik verstanden worden. Dem ist nicht so. Anleihekäufe besitzen in Zeiten guter Konjunktur fast keine Wirkung, aber Leitzinserhöhungen, die eher wirkten, sind auf absehbare Zeit in den Vereinigten Staaten noch nicht zu erwarten. Die Fed hält, wie in der Vergangenheit schon mehrfach geschehen, die Entwicklung am Arbeitsmarkt offenbar für wichtiger als mögliche Inflationsgefahren, die sie lieber kleinredet. Angesichts eines soliden Wirtschaftswachstums und einer Inflationsrate von gut fünf Prozent bleibt die amerikanische Geldpolitik ex- pansiv. Das zeigt auch die Reaktion an den Finanzmärkten; die Aktienkurse sind gestiegen und die Anleiherenditen gefallen.

In das Lager der Zauderer hat sich die Bank of England eingereiht. Sie hatte die Finanzmärkte in ihrer Kommunikation auf eine Erhöhung ihrer Leitzinsen in dieser Woche vorbereitet, dann aber Angst vor der eigenen Courage bekommen und sich gegen einen solchen Schritt entschieden. Dies führte am Anleihemarkt zu einem deutlichen Fall der Renditen britischer Anleihen.

EZB könnte Fed bei Anleihekäufen folgen

In ihrem Bemühen, ihre Geldpolitik noch langsamer zu straffen als die Kollegen in Washington und London, hat EZB-Präsidentin Christine Lagarde gleich für das gesamte kommende Jahr Leitzinserhöhungen ausgeschlossen, obgleich kein nachvollziehbarer Grund vorliegt, weiter am negativen Einlagenzins festzuhalten. Auch hier fielen die Anleiherenditen.

Die EZB wird wohl wie die Fed in den kommenden Monaten ihre Anleihekäufe reduzieren, da das mit der Pandemie verbundene Kaufprogramm im Frühjahr 2022 auslaufen dürfte. Die EZB wird sich aber im Rahmen ihres im Jahre 2015 erschaffenen und noch in Betrieb befindlichen Programms genügend Flexibilität bewahren, um auch künftig Anleihen zu erwerben. Länder wie die Schweiz und Dänemark, für deren Geldpolitik der Wechselkurs ihrer Währungen gegenüber dem Euro eine erhebliche Bedeutung besitzt, werden sich dem Schneckentempo der EZB anschließen.

Dem Zaudern der Großen stehen Zentralbanken aus anderen Ländern entgegen, die sich aktiver gegen Inflationsgefahren wenden. Unter anderem in Neuseeland, in Polen und in Tschechien sind die Leitzinsen bereits gestiegen. Die Zentralbank in Australien will zwar ihren Leitzins noch nicht erhöhen, aber sie verzichtet künftig auf die Kontrolle der Renditen von Staatsanleihen.

Kommt es zu einer Lohn-Preis-Spirale?

Wer behält recht – die zögernden Großen oder die vorauseilenden Kleinen? Die Antwort auf die Frage sollte das Jahr 2022 liefern, wenn absehbar wird, ob die aktuell hohen Inflationsraten eine kurze Episode bleiben oder ob deutliche Lohnerhöhungen eine Spirale aus steigenden Löhnen und Preisen einläuten. Gegenwärtig ist nicht eindeutig erkennbar, welches Szenario die größere Eintrittswahrscheinlichkeit besitzt.

Unbestreitbar kann die Geldpolitik gegen die aktuell vor allem durch Beeinträchtigungen der Globalisierung bedingten Verknappungen des Angebots an Rohstoffen und anderen Gütern unmittelbar nichts tun. Keine Zentralbank vermag auf die Angebotsbedingungen in einzelnen Gütermärkten Einfluss nehmen; hierfür besäße sie auch keinerlei Mandat.

Eine Zentralbank kann aber sehr wohl verhindern, dass nach einem Ende der Angebotsverknappungen ein zu kräftiger Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage das Preisniveau deutlich steigen lässt. Hierfür besitzt sie das Mandat und die notwendigen Instrumente, wobei nach aller Erfahrung Leitzinserhöhungen mehr Wirkung zeigen als die Reduzierung von Anleihekäufen. Noch trifft sich das Zaudern der Großen mit der Mehrheitsmeinung an den Finanzmärkten, die Inflation ebenfalls als ein vorübergehendes Phänomen betrachtet. Längerfristigen Erwartungen sollte man in turbulenten Zeiten aber nicht zu viel Vertrauen schenken. Inflationsgefahren dürfen nicht auf die leichte Schulter genommen werden.

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