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#Dem Virus den Garaus machen: Geht es ohne Impfpflicht?

Dem Virus den Garaus machen: Geht es ohne Impfpflicht?

Es gibt Grund zur Hoffnung, dass diese elende Pandemie irgendwann vorüber ist. Dass sich nicht mehr praktisch alles nur noch um Corona dreht. Dass man wieder Freunde treffen, Restaurants besuchen, ins Theater gehen kann. Nach Monaten der Abstinenz fällt zur Adventszeit schmerzlich auf, wie privilegiert das Leben war, das viele Menschen vor dem Virus hierzulande führen konnten.

Der Impfstoff begründet die Hoffnung, irgendwann in dieses Leben zurückzukehren. Im Umgang mit der Pandemie sei die Impfung der „Game-Changer“, sagte Lothar Wieler, der Präsident des Robert-Koch-Instituts, kürzlich. Es stimmt. Im besten Fall verändert das Vakzin die Spielregeln dieser Krise so, dass das Virus verliert. Es verliert, wenn es sich nicht mehr vermehren kann.

Doch noch ist nicht ausgemacht, dass es so weit kommt. Zum einen sind jene Impfstoffkandidaten, die derzeit am dichtesten vor einer Zulassung in Deutschland stehen, im Schnellverfahren entwickelt worden. Was sonst Jahre braucht, haben die beteiligten Wissenschaftler in wenigen Monaten bewältigt – und dazu noch mit einer neuen Technik. Das ist eine beachtliche Leistung.

Auch wenn die bisher vorliegenden Daten dafür sprechen, dass die Impfstoffe vergleichsweise sicher und wirksam sind, müssen die Zulassungsbehörden die neuen Vakzine gründlich prüfen. Das ist nicht nur wichtig, damit später keine Menschen in Gefahr geraten. Wer ein erhöhtes Risiko trägt, das Vakzin schlecht zu vertragen, dürfte unter Umständen nicht geimpft werden. Oder der Betroffene müsste Risiko und Nutzen einer Impfung in Absprache mit seinem Arzt besonders gründlich abwägen.

Wie erhöht man das Vertrauen?

Aber auch die gesellschaftliche Ebene spricht dafür, den Impfstoff besonders gut zu prüfen. Es geht darum, das Vertrauen der Menschen in das Vakzin zu erhöhen. Damit ist nicht gemeint, dass eine betont langwierige Prüfung etwaige Mängel der Impfstoffkandidaten verschleiern soll. Dass so etwas passiert, ist nicht zu erwarten. Es liegt nicht im Interesse der deutschen und europäischen Zulassungsbehörden, ein problematisches Präparat mittels Symbolpolitik um jeden Preis unter das Volk zu bringen – auch wenn es gewiss irgendwo im Netz Verschwörungstheoretiker gibt, die genau das längst behaupten.

Dass die britische Zulassungsbehörde den Impfstoff von Biontech und Pfizer im Schnellverfahren zugelassen hat, war riskant. Doch die Entscheidung der Briten dürfte die europäischen Behörden nur stärken. Ohne dass sie eigens etwas dafür tun müssen, können sie sich gegenüber London als verantwortungsvolle Akteure abgrenzen, die sich nicht auf ein Wettrennen einlassen wollen.

Dass die Bürger hierzulande ein angemessenes Quantum an Vertrauen in den Corona-Impfstoff setzen, ist aus mehreren Gründen wichtig. Zum einen zwingt ein Impfstoff das Virus umso mehr in die Knie, je mehr Bürger sich schützen lassen. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation müssen zwischen 60 und 70 Prozent der Menschen in einem Land geimpft werden, damit sich das Virus praktisch nicht mehr ausbreiten kann.

Reicht die Zahl der Impfwilligen?

Laut Umfragen sind in Deutschland aber derzeit nicht so viele Menschen dazu bereit. Sollte nun der Eindruck entstehen, ein Impfstoff würde überstürzt zugelassen, weil das politisch so gewollt sei, entstünde daraus ein Problem: Das Vakzin wäre verfügbar, doch es fehlte an Bereitwilligen, die sich das Mittel in einem der vielen Impfzentren verabreichen lassen. Wie der Abschied von der Pandemie so gelingen soll, wäre völlig offen.

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Aus dieser Logik folgt auch, dass die meisten Wissenschaftler und Gesundheitspolitiker es bislang vermieden haben, über eine mögliche Impfpflicht zu diskutieren. Es ist richtig, dass derzeit niemand ernsthaft beabsichtigt, einen Zwang zur Impfung einzuführen. Auch der Ethikrat hat das Prinzip der Freiwilligkeit überzeugend betont. Doch es wäre falsch, das Thema kategorisch mit einem Tabu zu belegen. Denn es gibt ein Szenario, in dem diese Option zumindest offen diskutiert werden müsste.

Einmal angenommen, die derzeit aussichtsreichen Impfstoffkandidaten erweisen sich als sicher und als wirksam. Angenommen, sie werden zugelassen und in großer Zahl produziert. Wie soll die Regierung ihre schwächsten Bürger vor einer Infektion schützen, wenn sich nur eine Minderheit für die Impfung entscheidet? Wie lange kann man von Alten und chronisch Kranken verlangen, aus diesem Grund in Isolation zu leben?

Noch kann es sich die Regierung leisten, an die Vernunft ihrer Bürger zu appellieren. Sie kann einige Monate lang beobachten, wie sich die Impfzahlen entwickeln. Doch blieben sie dauerhaft zu niedrig, brauchte es zumindest eines: eine breite gesellschaftliche Debatte über eine Impfpflicht.

Gewiss, ein solcher Zwang wäre ein gravierender Eingriff in die Rechte der Betroffenen. Er müsste außerordentlich gut begründet und angesichts der zu erwartenden Grundrechtsklagen wohl auch höchstrichterlich bestätigt werden. Am besten wäre es, diese Debatte würde nie gebraucht. Dafür tun zumindest die Zulassungsbehörden gerade alles, was sie können.

Kim Björn Becker

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