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#Der höfliche Mister Connery

Der höfliche Mister Connery

Der Tod eines solchen Mannes ist der Beginn der Erinnerung an sein Leben – und Sean Connery würde es vermutlich gar nicht gefallen, wenn wir, seine Bewunderer, jetzt nostalgisch würden und anfingen, uns nach besseren Zeiten zu sehnen, nach einer Welt, in der Männer angeblich noch Männer waren.

Claudius Seidl

Denn erstens war Connery immer ein Mann für die Gegenwart; noch als alter Herr strahlte er im Kino meistens die Zuversicht aus, dass das Beste womöglich erst noch vor ihm liege. Und zweitens ist es zugleich eine ganz einfache und höchst komplizierte Sache, mit Sean Connery und der Männlichkeit. Ja, er schien, lange bevor der erste Satz gesprochen oder die erste schauspielerische Aktion gestartet war, eine ganz enorme Wirkung zu haben. 1958, so erzählen es sich die Filmhistoriker, bestand die große und damals sehr mächtige Filmdiva Lana Turner darauf, dass der damals noch absolut unbekannte Connery in dem Film „Another Time, Another Place“ ihre Affäre spielen durfte. Johnny Stompanato, Turners Liebhaber und ein gefürchteter Gangster, war eifersüchtig, bedrohte Connery mit einer Pistole und drohte, ihn zu erschießen, falls da etwas laufen sollte zwischen den beiden. Connery packte ihn am Handgelenk und entriss ihm die Pistole, worauf Stompanato aus dem Studio floh.

Es war also keine ganz abwegige Entscheidung, diesem Connery die Rolle eines Geheimagenten zu geben, der dauernd solchen Leuten begegnet und die Lizenz zum Töten hat. Aber anfangs wollten die Produzenten lieber David Niven oder Cary Grant, Engländer also, die wirkten, als hätten sie Stil und Klasse und Britishness schon im Kindergarten gelernt. Connery war Schotte und ein Kind der Unterschicht, Sohn eines Fernfahrers und einer Putzfrau; die Schule hatte er ohne Abschluss verlassen, danach als Baggerfahrer, Pferdekutscher, Möbelpolierer gearbeitet und es nebenher als Bodybuilder zum schottischen Meister gebracht.

Eine proletarische Form der Männlichkeit

Und genau so sah er eben aus. Eine muskulöse, starkbehaarte, proletarische Form der Männlichkeit, die genau dafür scheinbar nicht geeignet war: für elegant geschnittene Einreiher, noch elegantere Dialoge und die Kunst, am Klang der Eiswürfel die Marke des Gins im Martini-Cocktail zu erkennen.

Für die männlichen Fans war James Bond immer auch die monströse Angestelltenphantasie von ausgedehntesten Dienstreisen und unerschöpflichen Spesenkonten und vielen, völlig unriskanten Affären. Sean Connery als James Bond, das war außer einem Vergnügen auch die absolut glaubhafte Verkörperung eines Aufstiegsversprechens: auch ein sehr starker, rauher, barbarisch wirkender Mann kann sich formen und zivilisieren. Das war ja in den Sechzigern das britische Versprechen: dass in einer wahren Demokratie jeder das Recht hat, Upperclass zu sein und seine Anzüge in der Savile Row schneidern zu lassen. Es dauerte trotzdem bis zum Jahr 2000, dass die Königin ihn endlich zum Ritter schlug.

Es war eine Frage der Männlichkeit, sich wie ein Gentleman zu benehmen – und als Connery 1983 in „Sag niemals nie!“ noch einmal James Bond spielte, als erwachsenen und gereiften Mann, da schien er große Freude daran zu haben, dass er es jetzt auch mit ebenbürtigen Frauen zu tun bekam, mit Barbara Carrera und Kim Basinger. Und dann war Schluss, und das war auch gut so; Michael Althen hat einmal geschrieben, dass Bond-Filme etwas für Leute seien, die mit dem Kino gar nicht so viel anfangen können. Und im Rückblick möchte man fast sagen, dass James Bond der Rolle, ihrem Darsteller Connery, mehr verdankt als umgekehrt.

Weniger schauspielerischer Minimalismus als eine Frage der Autorität

Es spricht auch eher für als gegen Sean Connery, dass die alpacinoeske Mimikry nie seine Sache war. „No acting required“, das war der Satz, den einst Robert Mitchum an den Rand seiner Lieblingsdrehbücher schrieb – und von Sean Connery kann man sich Ähnliches vorstellen. Der erwachsene Connery war ein sehr guter Schauspieler, dem man jede Rolle anvertrauen konnte; aber er brachte eben diese ungeheure Präsenz mit, und sein Körper schien die Erinnerung an ein ganz anderes Leben gespeichert zu haben – und so musste er sich nicht abstrampeln, um überzeugend zu wirken. Um es nur ein wenig zugespitzt zu sagen: Connery brauchte bloß eine Kutte, dann war er ein Franziskanermönch (in „Der Name der Rose“); er brauchte eine Schiebermütze und eine Schusswaffe, dann war er der Polizist im Chicago der Zwanziger (in „Die Unbestechlichen“), was weniger schauspielerischer Minimalismus war als eine Frage der Autorität: Wer würde sich trauen, angesichts der Kraft und Präsenz dieses Mannes daran zu zweifeln, dass hier William von Baskerville auftritt oder Jim Malone?

Sean Connery auf einem Plakat von „James Bond - 007 jagt Dr. No“ (USA, 1962)



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Sean Connery
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Schotte im Kilt und Berberfürst

Es gab in der Karriere des Sean Connery nicht den einen Regisseur, das eine Genre, das eine Rollenfach. Und entsprechend gibt es nicht den einen Film, das definitive Meisterwerk, das gesehen haben muss, wer Connery gesehen haben will. Fast könnte man meinen, der höfliche Mister Connery habe ungern eine Rolle abgelehnt. Was von heute aus betrachtet aber eher ein Glück als ein Mangel ist. Connery als Indiana Jones’ Vater in dem herrlich verspielten „Indiana Jones und der letzte Kreuzzug“ oder der spektakuläre Mini-Auftritt als Richard Löwenherz in „Robin Hood“ oder als sowjetischer Kapitän in „Jagd auf Roter Oktober“: keine unsterblichen Meisterwerke. Aber unvergessliche Auftritte des erwachsenen Connery.

Muss man noch sagen, dass Connery, aller Wahrscheinlichkeit nach, ein guter Mensch war? 1971 nahm er die Rolle in „Diamantenfieber“ nur deshalb an, damit er die ganze Gage seinem Educational Trust spenden konnte. Und seit Jahren hat er sich finanziell und mit seinem ganzen Ruhm für den Klimaschutz eingesetzt.

Am Samstag ist er, 90-jährig, gestorben. Ein Mann wie er fehlt jetzt schon.

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