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#Der Preis der Null-Toleranz-Strategie

Der Preis der Null-Toleranz-Strategie

Für die Deutsche Simone Toll klang die Aussicht auf ein Leben im sonnigen Australien durchaus verlockend. Doch die Corona-Pandemie und die australische Abschottungspolitik haben die Freude des Auswanderns getrübt. Seit Oktober 2018 hat sie ihre Familie in Deutschland nicht gesehen. „Meine Eltern, obwohl diese vollständig geimpft sind, dürfen nicht einreisen. Ich, obwohl ich Deutsche bin, mein regelmäßiger Wohnort aber in Australien ist, darf nicht ausreisen“, berichtet die 31 Jahre alte Youtuberin der F.A.Z. aus Perth. Unter den australischen Corona-Bestimmungen muss sie eine Ausnahmegenehmigung beantragen, die jedoch immer wieder abgelehnt wird. Für sie ist das besonders bitter, weil sie mit ihrem australischen Ehemann in der Pandemie eine Tochter bekommen hat. „Ich persönlich habe Angst, dass meine Großeltern, die fast 90 sind, ihre Urenkelin nie zu sehen bekommen“, berichtet sie.

So wie der Deutschen geht es vielen Menschen in Australien und nicht nur denjenigen mit ausländischem Pass. Im März 2020 hat Australien seine Grenzen geschlossen. Seitdem darf niemand ohne Genehmigung ein- und ausreisen. Jeder Einreisende muss außerdem in eine 14 Tage lange Quarantäne in einem Hotel und die Kosten von 3000 Dollar tragen. Die Plätze sind begrenzt, Tausende Australier sind deshalb seit Monaten im Ausland gestrandet. Australien hält außerdem seine Staatsbürger sowie Menschen, die wie Simone Toll eine ständige Aufenthaltserlaubnis besitzen, von der Ausreise ab. Dabei gebe es „bestimmt schlimmere Fälle“ als ihren, räumt Toll ein. In Facebook-Gruppen klagen Menschen etwa darüber, dass sie sich nicht von sterbenden Angehörigen verabschieden können oder seit Monaten von ihren Partnern getrennt leben.

Da 30 Prozent der Australier Wurzeln im Ausland haben, sind viele davon betroffen. Trotzdem schottet sich das Land aus Angst vor der ansteckenden Delta-Variante nun sogar noch weiter ab.

In der Tat lebte diese Woche fast die Hälfte der Australier unter irgendeiner Art von Lockdown. Am Freitag hat Premierminister Scott Morrison nun verkündet, dass die Zahl der Einreisen auf die Hälfte reduziert werde. Zwar kündigte er zugleich eine Aufstockung der Rückkehrer-Flüge für im Ausland gestrandete Australier an. Doch für die Betroffenen scheint klar, dass Ein- und Ausreisen dadurch nicht einfacher werden. „Diese Reduzierung internationaler Einreisen ist eine verheerende Nachricht für die mehr als 34n000 Australier und ihre Familien, die immer noch im Ausland gestrandet sind“, sagte Sophie McNeill von Human Rights Watch.

Es sieht so aus, als ob Australien immer mehr zu einem Opfer seines eigenen Erfolgs wird. Auf 25 Millionen Einwohner kommen 30.685 nachgewiesene Corona-Fälle und 910 Tote infolge einer Infektion. Dieses Ergebnis der faktischen Null-Coronavirus-Strategie hat allerdings dazu geführt, dass schon bei kleineren Ausbrüchen die Alarmglocken läuten. In Australien lebten viele „sicher in der eigenen kleinen Blase“, sagt Simone Toll. Gleichzeitig wächst jedoch Kritik an der „Festung“ Australien und ihren Folgen für die Menschen, die Wirtschaft und die Gesellschaft. Auf diese Kritik hat die Regierung am Freitag nun ebenfalls reagiert, indem sie zum ersten Mal einen vierstufigen Plan verkündete, der einen Weg aus dem Pandemie-Gerüst aus Grenzverschärfungen, Quarantäne und Lockdowns aufzeigen soll.

Dieser Plan führe darauf hinaus, dass das Coronavirus nicht mehr anders als andere ansteckende Krankheiten behandelt werde, teilte Premierminister Morrison mit. Einige Kommentatoren reagierten skeptisch auf die Ankündigung, der es noch an entscheidenden Details fehle. Insbesondere sollen die jeweiligen Öffnungsschritte laut Morrison mit dem Erreichen noch nicht definierter Impfziele erfolgen.

Doch gerade bei den Impfungen hinkt Australien anderen Industrieländern weit hinterher. Nur sechs Prozent der Bevölkerung sind komplett geimpft, 25 Prozent haben mindestens eine Impfung erhalten. Auch in dieser Hinsicht hat der Erfolg im Kampf gegen das Virus unerwünschte Folgen. Die Regierung hatte sich mit dem Kauf von Impfstoffen Zeit gelassen. Die Bevölkerung sieht angesichts der niedrigen Ansteckungsgefahr keine große Notwendigkeit, sich impfen zu lassen.

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