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#Der Schöne ist das Biest

„Der Schöne ist das Biest“

Oliver Sim ist ein schöner Mann. Er hat etwas Elfenhaftes an sich, bernsteinfarbene Augen und ein Lächeln zwischen Lausbub und Filmstar. Es ist ein Gesicht, das auf ein Albumcover gehört, aber so etwas passt nicht zur minimalistischen Ästhetik seiner Band The xx. Seit er 15 Jahre ist – länger als sein halbes Leben –, spielt Sim dort Bass und singt mit der Gitarristin Romy Madley Croft, im Hintergrund tüftelt Jamie xx an Drumcomputer und Beats. Als die Gruppe 2009 ihr erstes Album herausbrachte, lag in den Pausen zwischen zwei Akkorden mehr Gefühl als in ganzen Diskographien ihrer Indie-Kollegen. Ihr „Intro“ verzeichnet auf Youtube Millionen Aufrufe, vor allem als Loop in der Ein-, Drei- oder Zehnstundenversion.

Zwei weitere Alben folgten, Jamie xx und Croft veröffentlichten erste Solostücke. Nun also Sim, der nie geplant hatte, allein Musik zu machen, und der jetzt doch so viel zu sagen hat. Es waren seine Bandkollegen, die ihm die letzten Ängste genommen haben, verrät er in Interviews. Das Cover des Debüts zeigt tatsächlich sein Gesicht – oder das, was davon übrig ist.

Rasierklingen stecken wie winzige Regale in seiner Haut, auf jeder von ihnen ein Buchstabe: „Oliver Sim“ auf neun Klingen in seinem Hals, der Albumtitel in der Stirn, den Wangen, den Lidern. „Hideous Bastard“ steht da, „abscheulicher Bastard“. Überall Blut. Sim aber schaut neugierig zur Seite, vergnügt sogar. Was gibt es da zu lachen? Es könnte die Erleichterung sein.

Seit 15 Jahren lebt er mit HIV

„Radikale Ehrlichkeit könnte mich befreien“, singt Sim im Opener „Hideous“ und lüftet in den nächsten Zeilen sein Geheimnis: Seit er 17 Jahre alt ist, lebt der 32-Jährige mit HIV. Die Vorurteile, die schwule Männer wie ihn treffen, sind immer noch da: „Hässlich“, „pervers“ und eben „abscheulich“ sind Zuschreibungen, die den Text spicken wie die Rasierklingen Sims Porträt. Und doch ist es ein erhebender Song.

Die Arrangements darin klingen nach einer Mischung aus Radiohead in besten „In Rainbows“-Zeiten und dem Talent von Jamie xx, noch der größten Schwermut Leichtigkeit zu verleihen. Er hat das Album produziert, und das hört man. „GMT“ beginnt als Trennungsballade mit einem summenden Chor im Hintergrund. Kaum setzt der Beat ein, tut es weniger weh: „Mir wird es gut gehen, wenn ich dich vermisse.“ Zu süßlich wird es dabei nie. „Sensitive Child“ etwa basiert auf einem Sample von Del Shannons Herzschmerzlied „Break Up“ aus dem Jahr 1975; Oliver Sim und Jamie xx machen daraus einen basslastigen, wütenden Hit.

Durch alles zieht sich Sims Bariton. Wie bei The xx ist es oft ein Gesang auf Zehenspitzen, aber gleich bei „Hideous“ kommt die erste Überraschung: Er schreit, und es klingt nach der Befreiung, ein Gewicht endlich von den Schultern geladen zu haben. Mit der Teenage-Angst der ersten Bandjahre hat das nichts mehr zu tun. Auf diesem Album spricht und singt ein erwachsener Künstler.

Gesang auf Zehenspitzen

Der Zauber von The xx bestand darin, dass sie aus so wenig so viel machten. Einzelne Gitarren- und Bassnoten schwangen endlos, viele der Texte beschrieben den Kosmos eines Liebespaars, losgelöst von Raum und Zeit. Aber auch: kein „boy meets girl“, nur „you and I“. Das hatte Charme, war diese Art des Songwritings doch offen für Interpretationen jenseits des Heterosexuellen. Und es war im besten Sinne naiv, denn: Was sollen Teenager schon groß über die Liebe erzählen?

Sim und seine Bandkollegin Croft sprechen jetzt aus Erfahrung. Wo Croft in ihrer Debüt­single „Lifetime“ an ihre frühen DJ-Versuche in Londoner Lesbenklubs anknüpft, gießt Sim die großen Themen seines Albums – schwule Scham, Angst und deren Überwindung – in sein bevorzugtes Genre: Horror.

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