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#Der Statthalter des IS

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Der Statthalter des IS

Der Eifer ist noch da. Jedes Wort saugt Ahmad A. auf, das da jenseits der dicken Glasscheibe gesprochen wird. Manchmal hüpfen die dunklen Augen hin und her, wenn eine Bewegung im Saal seine Aufmerksamkeit fängt. Im Mienenspiel von Ahmad Abdulaziz Abdullah A. findet der Prozess auf eigene Weise statt. Wenn seine Verteidiger einen guten Punkt machen: Jubel in den Augen. Wenn ein Zeuge das Falsche sagt: theatralische Empörung.

Alexander Haneke

Seit bald dreieinhalb Jahren sind die Stunden, die Ahmad A. jeden Dienstag und Mittwoch in dem schmalen Glaskasten der Anklagebank des Oberlandesgerichts Celle verbringt, sein wesentlicher Kontakt zur Außenwelt. Wobei „Außenwelt“ ein großes Wort ist für den engen Hochsicherheitssaal, der irgendwann zu Zeiten der RAF in den Neorenaissance-Bau gezwängt worden sein muss. Eine niedrig hängende Lamellendecke mit Neonlicht, drei flache Fensterspalte, durch die kaum Tageslicht fällt. Zwischen der grauen Kunststoffverkleidung erinnert nur etwas Holzfurnier daran, dass man sich hier in einem Gerichtssaal befindet.

Die Bundesanwaltschaft hat gegen A., der sich als Prediger stets Abu Walaa nannte, einen außergewöhnlich aufwendigen Prozess geführt. Nach 245 Verhandlungstagen sieht sie es als belegt an, dass Abu Walaa die zentrale Figur eines Netzwerks war, das junge Dschihadisten für die Terrormiliz „Islamischer Staat“ rekrutierte, und dass er in direktem Kontakt zum IS stand. Die beiden Mitangeklagten Boban S. und Hasan C., die damals im Ruhrgebiet zu den radikalsten Predigern der Szene gehörten, sollen die jungen Männer ideologisch vorbereitet und eingestimmt haben, ehe sie sie nach Hildesheim zu Abu Walaa schickten. Nach den Ferienseminaren, die er in seiner Moschee in einer früheren Schleckerfiliale gab, stellten die Sicherheitsbehörden immer wieder auffällige Ausreisebewegungen in Richtung Syrien und Irak fest.

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Und nicht nur das: Die beiden Islamisten, die 2016 eine Bombe vor einem Essener Sikh-Tempel zündeten, waren kurz vor ihrem Anschlag nach Hildesheim gefahren. Auch der Attentäter Anis Amri war mit allen drei Hauptangeklagten verbunden. Bei Boban S. soll er eine Weile sogar gewohnt haben; mehrmals nahm Amri am Freitagsgebet von Hasan C. teil. Auf einem Seminar in Hildesheim soll er eine halbe Stunde mit Abu Walaa allein gesprochen haben. Als der Tunesier Amri am 19. Dezember 2016 mit einem Sattelzug in den Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Breitscheidplatz raste, saß Abu Walaa schon in Untersuchungshaft.

Das Netzwerk als Kopfgeburt?

Die deutschen Sicherheitsbehörden sind überzeugt, dass Abu Walaa mehr war als ein Rekruteur, der ein paar junge Eiferer verführte. Er soll der ranghöchste Vertreter des IS in Deutschland gewesen sein, gleichsam der Statthalter des damaligen „Kalifen“ Abu Bakr al Bagdadi, mit direktem Kontakt in die Führungsebenen der Terrororganisation. Die Bundesanwaltschaft hat in ihrem Plädoyer Ende Januar gefordert, ihn wegen der Mitgliedschaft im IS zu elfeinhalb Jahren Haft zu verurteilen. Es wäre die höchste je gegen einen Hintermann der Terrororganisation in Deutschland verhängte Strafe. Am Mittwoch will der Staatsschutzsenat in Celle sein Urteil verkünden.

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