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#Der Tenor, der unter Fischern aufwuchs

„Der Tenor, der unter Fischern aufwuchs“

„Früher dachte ich immer, mein Vater sei ein Superheld, der gegen Drachen kämpft und mit seiner Stimme Wände einreißt“, erzählt Lawrence Richards zu Beginn seines Dokumentarfilms „Son of Cornwall“. Die Superhelden-Idee war keine anlasslose kindliche Phantasie, denn Richards’ Vater ist der Operntenor John Treleaven, der in Wagner-Inszenierungen so manchen Drachen erlegte, wie das üppige Fotomaterial zeigt, das Richards’ Erinnerung bebildert.

Aus alten Familienalben, Zeitungsarchiven und Magazinen ausgegraben und digital mit räumlicher Tiefe versehen, blicken die Zeitzeugnisse auf ein bewegtes Leben zurück, das auch der Sohn nur in groben Strichen kennt. Denn in seiner Kindheit war der Vater kaum zu Hause. Der Beruf ging vor. William Lloyd Webber hatte Treleaven zunächst nach London geholt, nach der Gesangsausbildung folgten Auftritte als Tenor an den großen Opernhäusern von Barcelona über Frankfurt und Amsterdam bis nach Amerika und Australien. Als John Treleaven für ein Konzert in die englische Heimat reisen will, nimmt Richards das zum Anlass, den Vater neu kennenzulernen.

Der gemeinsame Roadtrip entlang der Küste Cornwalls führt von einem Gedächtnisort zum nächsten, angefangen im Fischerstädtchen Porthleven, in dem Treleaven in einer Fischerfamilie aufwuchs; mit 17 Jahren wurde er hier beim Singen im Hafenbecken entdeckt. Richards nähert sich der öffentlichen und privaten Person des Vaters über elegante Regieideen, geht mit ihm etwa in ebenjenem Hafenbecken noch einmal schwimmen. Der pensionierte Operntenor zeigt, dass er auch im Wasser dümpelnd noch die Atemtechnik für eine Arie beherrscht, und erzählt dann, dass er diese Technik genau hier erlernte, wo die Kinder sich in langen Tauchgängen zu überbieten suchten.

Die beiden besuchen auch alte Freunde des Vaters, wie die Mezzosopranistin Sally Burgess, die mit ihnen auf den Erfolg einer „Carmen“-Aufführung 1986 an der English National Opera zurückblickt. „Diese Operninszenierung hatte damals fast Kultstatus, war ein Wendepunkt in der Regiearbeit hin zum physischen Erzählen der Geschichte“, erinnert sich Burgess.

Doch es geht dem Filmregisseur nicht allein darum, Anekdoten aufzuwärmen oder Musikgeschichte zu vermitteln. Vielmehr ist „Son of Cornwall“ eine Gewissensbefragung des Künstlers: War die Karriere es wert, die Familie an die zweite Stelle zu setzen? Wie viel opfert man der Kunst? Und welcher Preis ist für Ruhm und Selbstverwirklichung zu hoch? All diese Fragen stellt Richards dem Vater im Verlauf der Reise in ruhigen Gesprächen.

Das tiefste Geständnis erfolgt in einer kleinen Kirche – und es ist zugleich der Moment, in dem man sich fragt, ob der Sohn nicht etwas zu weit ins Intime des Vaters eingreift, zu lange auf die Tränen schaut, die der Mann in seiner Reue vergießt. Der besonnene Ton des Gesprächs legt aber immerhin nahe, dass es sich hier nicht um Bloßstellung handelt. Vielmehr versucht Richards aus den Fehlern des Vaters fürs eigene Leben zu lernen und die gröbsten Fehltritte nicht zu wiederholen, und man schaut ihm bei diesem Lernprozess gern zu.

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