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#Der Weg ins Duckmäusertum ist verführerisch

„Der Weg ins Duckmäusertum ist verführerisch“

Stellen Sie sich vor, Sie werden erpresst. Sie müssen wählen: Entweder Sie bespitzeln im Auftrag eines totalitären Staates Ihre Nachbarn, oder Sie riskieren, dass die eigene Tochter im Umerziehungs­lager landet. Was tun? Im Videospiel „Beholder 3“ steht es dem Spieler frei, den Lauf der Dinge selbst zu bestimmen. Doch wird dem Spieler, der Gutes tut, hier meist nur Schlechtes widerfahren.

Der Titel des Berliner Entwicklerstudios Paintbucket Games steckt den Spieler in die Rolle von Frank Schwarz, einem braven Familienvater und Ministeriumsbeamten in Großanführerstadt, einer fiktiven Me­tropole zwischen Drittem Reich und Stasi-Überwachungsstaat. Franks Karriere findet ein jähes Ende, als urplötzlich eine Datei des Widerstands auf seinem Rechner aufploppt. Alle Versuche, das belastende Material loszuwerden, sind vergebens. Das Ministerium sieht alles – und Aufrührer sind höchst unerwünscht. „Früher hätte man Verräter wie Sie erschossen, Schwarz“, lässt uns ein Ministeriumsmitarbeiter, gehüllt in Hut und Mantel, wissen. „Vorbei sind die Zeiten im privilegierten Vorstadthäuschen.“ Frank wird zum Hausverwalter degradiert, der nun im Auftrag des Staates die Mieter beschatten soll. „Wenn jemand im Haus eine Revolution anzettelt – Sie sind schuld.“

Wer ist staatstreu? Wer ist im Widerstand?

Wer im Haus ist staatstreu? Wer plant den Umsturz? Und was hat diese Frau Feinbein aus dem dritten Stock eigentlich mit unserer Tochter zu schaffen? Künftig heißt es also Heizöl besorgen, Waschmaschinen reparieren und Überwachungskameras in Wohnungen installieren, wenn gerade mal niemand daheim ist.

Der Spitzel ist im Haus unterwegs.


Der Spitzel ist im Haus unterwegs.
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Bild: Paintbucket Games

Orwell hat es beschrieben und hätte es hier kaum bedrückender in Szene setzen können: Eine Staatspartei verfolgt jede Opposition, ein Ministerium mit enigmatischem Anführer spielt den großen Bruder, und kein Bürger traut dem Nächsten, weil hinter jeder Ecke ein Spitzel lauert. Die Gesetze unter anderem aus dem Jahr 1984 sind so absurd wie die Bürokratie bei Kafka und der Begriff Freiheit so leer wie das Glas der Pessimisten, von denen es hier einige gibt. Die Spielwelt, durch die wir Frank steuern, ist finster und fahl, die einzigen Lichtquellen sind elektrisch. Die Sonne scheint nie. Einzig die Uhr verrät die Tageszeit. Und nicht weniger düster sind die Charaktere, die diese Welt bevölkern. Schwarze Schemen, mit weißen Löchern im Gesicht, Fenster zur Seelenlosigkeit. Franks ganzes Leben spielt zwischen zwei Gebäudekomplexen. Es könnte kaum trostloser sein.

Überwachung auf Schritt und Tritt.


Überwachung auf Schritt und Tritt.
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Bild: Paintbucket Games

Aber die Pflichten eines Hausverwalters in staatlichem Auftrag halten Frank auf Trab. Ständig klingelt das Telefon und ein ranghoher Ministeriumsmitarbeiter raunt ihm neue Aufgaben zu: Frank soll jedes noch so kleine Geheimnis der Mieter aufdecken, um es ans Ministerium zu melden. Und wenn der freundliche Nachbar von nebenan keinen Dreck am Stecken hat, muss Frank eben erfinderisch werden. Was dabei im Rahmen der Gesetze liegt und was nicht, ändert sich mit jeder neuen Verordnung: Jeanshosen sind etwas für modernistische Aufrührer und daher verboten. Ebenso wie ausländisches Salz, Schokolade, Nonkonformität und der Kontakt ins Ausland generell. Auch von Soda sind die Finger zu lassen, die mache „Kinder krank und Erwachsene verrückt“. Das ist ein großer Spaß für Paragraphenreiter, denn „Beholder 3“ erwartet von seinen Spielern, die Verordnungen und ihre jeweiligen Ziffern zu kennen, um Verstöße zu melden. Formfehler sind natürlich verboten und werden geahndet. Das kann auf Dauer ermüden.

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