Nachrichten

#Der Wettbewerb ums Öffnen hat begonnen

Inhaltsverzeichnis

Der Wettbewerb ums Öffnen hat begonnen

Endlich lohnt es sich, Corona unter Kontrolle zu halten. Bislang war das nicht ganz so offensichtlich. Gewiss, wenn ein Landkreis, eine Kommune es in der gemeinsamen Anstrengung aller Bürger schafften, die Infektionszahlen nach unten zu drücken oder von vornherein niedrig zu halten, dann erkrankten weniger Menschen schwer, weniger starben. Aber für die Mehrheit, die es nicht erwischte, waren das abstrakte Zahlen, wenig greifbar im eigenen Alltag. Sie sahen nur, dass das Alltagsleben in einer Stadt wie Rostock mit ihrer niedrigen Corona-Inzidenz über die längste Zeit dieses Winters praktisch genauso beschränkt blieb wie im Erzgebirge, wo viele Leute ohne Maske herumliefen und den virologischen Kontrollverlust geradezu mutwillig provozierten.

Ralph Bollmann

Ralph Bollmann

Korrespondent für Wirtschaftspolitik und stellvertretender Leiter Wirtschaft und „Geld & Mehr“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in Berlin.

Wenn der in den zurückliegenden Tagen viel kritisierte Lockerungs-Beschluss von Kanzlerin und Ministerpräsidenten einen großen Vorteil hat, dann ist es dieser: Er schafft eine Art marktwirtschaftliches Anreizsystem, das Anstrengungen spürbar belohnt und Versäumnisse empfindlich bestraft. Landkreise oder kreisfreie Städte, die auf 100.000 Einwohner schon jetzt weniger als 50 Neuinfektionen in der Woche verzeichnen, dürfen schon an diesem Montag ihre Geschäfte und Museen öffnen, zwei Wochen später sogar Außengastronomie und Theater: Wer hätte noch vor einer Woche gedacht, dass das Leben so schnell wieder in Gang kommt. Und wenn die Inzidenz zwischen 50 und 100 liegt, ist das zumindest mit Terminbuchung oder Schnelltest möglich. Das betrifft nach dem Stand der vorigen Woche ungefähr 350 von 400 Landkreisen. Passen Verbraucher, Unternehmer und Lokalpolitiker nicht auf, müssen sie indes wieder dichtmachen.

Wenn es gut läuft, ist das ein immenser Anreiz, nicht zuletzt für jene Landräte oder Bürgermeister, die das Ganze zuletzt vielleicht eher locker sahen, nach dem Motto: Kann man eh nichts machen. Von kommunalen Teststationen ist jetzt mancherorts schon die Rede, mit denen sich am Eingang zur Fußgängerzone bereits das Virus fernhalten ließe. Kreative Ideen dieser Art könnten sprießen, wenn es darauf ankommt, die Öffnungen in der eigenen Stadt nicht zu gefährden. Ladeninhaber hätten einen Anreiz, Hygienevorschriften strikt einzuhalten, weil sie wüssten, dass eine neuerliche Schließung vor allem sie selbst träfe. Und wer eine private Party ohne Schnelltest feiert, der wüsste, dass ihm dann womöglich bald eine Ausgangssperre droht.

Down–Under als Vorbild

In abgewandelter Form könnte Wirklichkeit werden, was zuletzt die Braunschweiger Virologin Melanie Brinkmann empfahl: Australien habe im vorigen Jahr seine No-Covid-Strategie auch deshalb umsetzen können, weil es zwischen den Regionen eine Art sportlichen Wettbewerb gab. Je schneller man die Zahlen auf null brachte, desto rascher konnte man wieder ein normales Leben führen. Nun ist „No Covid“ erklärtermaßen nicht das Ziel der deutschen Länderchefs, nach den Monaten eines zähen Halb-Lockdowns wäre das wohl auch unrealistischer denn je. Aber das Prinzip des Wettstreits lässt sich durchaus vergleichen.

Im Nachhinein erstaunt es eher, dass ausgerechnet Deutschland so spät auf diesen Gedanken kommt, das Land, das einerseits so stolz ist auf seinen Föderalismus und andererseits wie kaum ein anderes damit hadert. Dabei hat sich die deutsche Version des Bundesstaatsprinzips im zurückliegenden Herbst und Winter auf paradoxe Art als hinderlich erwiesen. Die Länder brauchten ewig, um sich auf eine gemeinsame Linie zu einigen, wollten aber auch auf keinen Fall tun, was doch der Sinn ihrer Eigenstaatlichkeit ist: auf eigene Faust zu entscheiden und zu handeln. „Kooperativer Föderalismus“ heißt dieses sehr deutsche Prinzip, das den Konsens erzwingt, Vielfalt aber eher erschwert.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!