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#Detektivarbeit mit radioaktiven Partikeln

Detektivarbeit mit radioaktiven Partikeln

Radioaktivität (und ionisierende Strahlung) ist allgegenwärtig, kein lebender Organismus kann sich ihr entziehen. Sie stammt aus natürlichen Quellen etwas aus dem Gestein der Erdkruste, ist in der Luft und sogar im Trinkwasser nachweisbar. Große Mengen an Radioaktivität sind bei den Kernwaffentests der fünfziger und sechziger Jahre oder bei schweren Reaktorunfällen wie 1986 in Tschernobyl freigesetzt worden. Will man etwas über das Alter, die Aktivität, den Ursprung und die Gefährlichkeit von radioaktiven Materialien in Erfahrung bringen, hilft die Analyse der Atomkerne der radioaktiven Elemente (Isotope) in der Probe weiter. Doch viele Techniken haben Schwächen und liefern nur einen Teil der gewünschten Informationen. Ein neues Verfahren, das Forscher von den Universitäten Hannover und Mainz entwickelt haben, verspricht jetzt einen deutlichen Fortschritt bei der schnellen Isotopenanalyse.

Bei den bisherigen Verfahren ist meist eine aufwendige chemische Aufbereitung der zu untersuchenden Proben erforderlich. Dadurch entstehen mitunter unerwünschte Verbindungen, die die Analysen erschweren. Bei den Messungen wird zudem das ganze Material aufgebraucht, so dass nichts davon für weitere Untersuchungen übrig bleibt. Ein weiterer Schwachpunkt: Liegen Elemente vor, deren Atomkerne die gleiche Massenzahl haben, sogenannte Isobare, können diese nicht voneinander unterschieden werden. Dadurch gehen wichtige Informationen verloren, etwa über den Ursprungsort oder den Betriebszustand eines Reaktors während eines Unfalls.

Die Forscher um Clemens Walther können mit ihrem Verfahren, das sie in der Zeitschrift „Science Advances“  vorstellen, diese Mängel ausräumen, indem sie mehrere Analysetechniken in einem Gerät miteinander kombinieren: So können sie schnell feststellen, welche Elemente in welchen Mengen in ihrer Probe enthalten sind. Mit Hilfe resonanter Laserspektroskopie sind sie dann in der Lage, die Isotope jedes einzelnen Elements in der Probe zu identifizieren und dessen Häufigkeit zu bestimmen. Und es gelingt ihnen, die Probe, die sie gerade untersuchen, abzubilden und die Oberflächenstruktur sowie die chemische Beschaffenheit des Materials Punkt für Punkt untersuchen. Dabei können sie auf die Verteilung der Elemente und Isotope schließen. 

Stille Zeugen des Reaktorunfalls von Tschernobyl

Ein weiterer Pluspunkt, es werden nur winzige Mengen, rund 10.000 Atome, für die Messungen benötigt. Die Probe bleibt unbeschadet und kann wiederverwendet werden, für weitere Analysen, etwa chemische Untersuchungen, bei denen man beispielsweise Verwitterungsprozesse simuliert.

Zwei Forscher aus Hannover bei der Entnahme von Bodenproben in Tschernobyl.





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Radioaktive Forensik
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Von der Probenentnahme bis zur Isotopenanalyse

„Wir können im Prinzip fast alle Elemente des Periodensystems bestimmen“, sagt Projektleiter Clemens Walther vom Institut für Radioökologie und Strahlenschutz in Hannover. Hauptsächlich interessieren sich die Forscher aber für die Actiniden Uran, Plutonium, Americium, Curium, aber auch für Spaltprodukte wie Strontium, Cäsium und Technetium – Elemente, die bei der Kernspaltung in einem Reaktor entstehen und bei dem Reaktorunfall in Tschernobyl 1986 freigesetzt wurden. Ihr Verfahren haben Walther und seine Kollegen selbst an zwei mikrometergroßen Partikeln aus einer Bodenprobe getestet, die aus der Umgebung des havarierten Reaktors stammten.

Das Verfahren ist so empfindlich, dass die Forscher in einer Partikel das Isotop Americium-242m nachweisen konnten, das nur in äußerst kleinen Mengen im Brennstoff vorkommt. „Das Isotop verrät uns, welche Betriebszustände der Reaktor in Tschernobyl vor der Explosion durchlaufen hat“, sagt Walther. Auch die Signale der isobaren Isotope Plutonium-241 und Americium-241 konnten aufgelöst werden, so dass sie als getrennte Linien in den Massenspektren erschienen. Das ist, so Walther, von großem Interesse, da Plutonium-241 mit einer Halbwertszeit von nur 14 Jahren in Amercium-241 zerfällt. Letzteres ist als Alpha-Strahler äußerst radiotoxisch und wird in einigen Jahren das dominierende strahlende Isotop rund um Tschernobyl darstellen.

 „Für die Nutzung kontaminierter Flächen ist wichtig, ob und wie schnell und welche Isotope aus den Partikeln vor Ort möglicherweise freigesetzt werden. Hier könnten wir einen Beitrag leisten.“ Die Forscher wollen ihr Verfahren schneller machen. „Derzeit brauchen wir einen Arbeitstag, um ein Partikel zu extrahieren in die Apparatur zu bringen und maximal vier Elemente anzuschauen“, sagt Walther.

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Das ist zu lang. Ihr Ziel sind zehn oder zwölf Elemente pro Tag. Eine Voraussetzung dafür ist, dass das Lasersystem zur Isotopenanalyse, das von Forschern um Klaus Wendt von der Universität Mainz entwickelt wurde, schnell über den  Wellenlängenbereich vom Infraroten bis zum ultravioletten Spektralbereich durchgeschaltet werden kann. Bisher ist der Abstimmbereich limitiert. Größere Änderungen der Wellenlängen des eingestrahlten Laserlichts erfordern Umbauten des Lasersystems.

Anwendbar ist das Verfahren aber auch für nichtradioaktive Proben, erklärt Walther. Dadurch eignet es sich auch zur Herkunftsbestimmungen archäologischer Proben, von  Lebensmitteln oder Umweltgiften.

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