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#Deutsche Nationalmannschaft: „Wembley liegt uns“

Deutsche Nationalmannschaft: „Wembley liegt uns“

Sie sind noch einmal mit dem Schrecken davongekommen nach einem schrecklichen Spiel, das halbwegs glücklich zu Ende ging. Die nach dem teils berauschenden 4:2-Erfolg über Portugal fast schon wieder stark wie in besten Zeiten eingeschätzte deutsche Fußball-Nationalmannschaft wäre am Mittwochabend im bayerischen Platzregen über München beinahe derart ausgerutscht, dass das Aus schon nach den Gruppenspielen dieser Europameisterschaft gegen Ungarn drohte.

Zweimal lag der Favorit gegen Ungarn, den großen Außenseiter zurück. Schließlich aber konnte der viermalige Weltmeister Deutschland heilfroh sein, dass er nach dem Tor des Mainzer Mittelstürmers Adam Szalai (11. Minute), dem mühselig erzwungenen 1:1 durch Kai Havertz‘ Kopfball (66.) und dem prompt folgenden 1:2 durch Andras Schäfers Kopfball gleich nach dem Wiederanstoß (67.) doch noch durch den erstaunlicherweise nicht in die Startelf berufenen Leon Goretzka den 2:2-Ausgleich erzielte (81.).

Da sich im zweiten Spiel der Gruppe F Weltmeister Frankreich als Gruppensieger 2:2 von Portugal trennte, dem Europameister von 2016,, waren die Deutschen beim Blick auf die Abschlusstabelle nach einem Abend am Rande des Abgrunds doch noch im Glück. Als Gruppenzweite müssen sie nun am kommenden Dienstag im Londoner Wembleystadion bei den bisher auch nicht eben überzeugenden Engländern antreten. Kapitän Manuel Neuer, der als Erster zurück zu dem Optimismus fand, der die deutsche Nationalmannschaft nach dem sehenswerten Erfolg über die Portugiesen nachhaltig beflügelt zu haben schien, bewertete das Ungarn-Spiel als „absoluten Nervenkrimi“, prophezeite aber gegen den prompten Formverlust vom Mittwoch: „Wembley liegt uns.“

Tatsächlich wissen die Deutschen fürs Erste überhaupt nicht, wo sie in diesem Turnier der irren Wendungen stehen. Es begann mit dem zögerlichen, chancenarmen Auftritt bei der 0:1-Niederlage gegen Frankreich, setzte sich fort mit dem Zwischenhoch gegen Portugal, ehe die Horrorshow gegen Ungarn den vermeintlichen Positivtrend wieder zerstörte. Michael Ballack, der frühere Kapitän der deutschen Elf, hatte völlig recht, als er als Experte beim übertragenden Sender Magenta TV zwischen Ratlosigkeit und Entsetzen sagte: „Eigentlich sind wir nicht schlauer als vor dem Turnier.“

Mochten die Spieler und vor allem Löw selbst, der sich nach 15 Jahren als Bundestrainer nach dieser Europameisterschaft verabschiedet, auch rasch zu einem zuversichtlichen Ton nach dem glücklichen Ende eines überaus schwachen Spiels finden, so weiß der Fan derzeit überhaupt nicht mehr, was er von diesem Team und ihrem Coach halten soll. Was von Löws Versprechen für das K.o.-Spiel in London („wir werden gut vorbereitet sein, und es wird ein anderer Auftritt sein als heute“) zu halten ist, steht in den Sternen. Handwerklich gesehen, unterliefen gestandenen Profis großer Vereine wie Bayern München, Manchester City, Borussia Dortmund oder dem FC Chelsea am Mittwoch derart viele Fehler aus Nervosität und Naivität, dass eine Prognose für das Achtelfinale in London einem Glücksspiel gleichkäme.

Erkennbar war, dass sich die Mannschaft am letzten Gruppenspieltag unwohl in der derzeitigen Lieblingsformation des Trainers fühlte. Mit dem 3-4-3-System, in dem diesmal keinerlei Automatismen sichtbar wurden, wirkten die Spieler ob des unverhofften Spielverlaufs, hervorgerufen auch durch eigene Fehler, minütlich unsicherer. Als Löw mit der Einwechslung von Goretzka (58.) auf eine für das Gros der Profis vertrautere Viererkette umstellte, war es schon zu spät, um eine neue Klarheit ins Spiel zu bringen. Spätestens nach dem 1:2 wirkte alles nur noch fahrig bis panisch. Zum Glück kam mit dem 18 Jahre alten Münchner Musiala kurz vor dem drohenden bitteren Ende ein junger Spieler, der die eigene Unbeschwertheit mitbrachte und so das 2:2 durch Goretzkas knackigen Schuss („mir fällt der Ball vor den Fuß und dann nur noch rein damit“) ermöglichte.

Nicht einmal der von einer Kapselverletzung im rechten Oberschenkel halbwegs genesene Vorkämpfer und Vorredner Thomas Müller hatte beruhigend auf seine Kameraden einwirken können, als Löw ihn für Gnabry auf den Platz geschickt hatte (67.). Nichts im deutschen Spiel wirkte über weite Strecken durchdacht, zielstrebig und im Bewusstsein der zweifellos vorhandenen, diesmal aber verschütt gegangenen eigenen Stärke. Die Angst vor einer neuen Blamage nach dem Vorrunden-Aus bei der WM 2018 war an allen Ecken und Enden des frisch durchspülten Münchner Rasens spürbar.

Zum Glück wiesen wenigstens selbstkritische Führungsspieler wie Joshua Kimmich („wir sind überhaupt nicht hinter die (Fünfer-)Kette gekommen und standen nicht gut, wenn wir den Ball verloren hatten“) oder Leon Goretzka („du hast das erlösende 1:1 gemacht, und dann fällt das 1:2, das darf niemals passieren, wenn du bei so einem Turnier etwas erreichen willst“) auf gravierende Versäumnisse hin.

Löw, von dem nicht zum ersten Mal kein erkennbarer Veränderungsimpuls ausging, ließ den erstmals von Beginn an eingesetzten und nervlich überforderten Leroy Sané bis zum Abpfiff auf dem Platz, obwohl der labile Außenstürmer Fehler an Fehler gereiht hatte. Bis auf die vom Bundestrainer monierte mangelnde Zuordnung vor dem 0:1, an dem in einer Fehlerkette über sieben Stationen die Innenverteidiger Rüdiger, Hummels und Ginter ebenso wie der erfahrene Mittelfeldstratege Kroos Aktien hielten, ging Löw nach dem Motto Ende gut, alles gut bei seiner ersten Manöverkritik nicht ins Detail.

Michael Ballack wunderte sich dafür um so mehr über die zu lange ertragene Dysbalance im deutschen Spiel. „Der Bundestrainer“, sagte er, „wartet sehr lange, ehe er auswechselt oder umstellt. Er scheint das als persönliche Niederlage zu verstehen.“ Ein Satz, der beim Blick auf das Durcheinander im Duell mit den nach einer bravourösen Leistung ausgeschiedenen Ungarn vollkommen einleuchtend anmutete.

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