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#Deutsche Werften schlagen Alarm

Reinhard Lüken warnt schon seit Jahren davor, dass asiatische Werften den globalen Schiffbau immer stärker dominieren. Doch das Tempo, in dem sich das Feld der Produktionsländer derzeit auf wenige Anbieter konzentriert, überrascht auch ihn. Es gebe im Moment noch zwei Staaten, die im zivilen Schiffbau ernsthaft konkurrierten: China und Südkorea, sagt der Hauptgeschäftsführer des Verbands Schiffbau und Meerestechnik (VSM), Sprachrohr der deutschen Werftindustrie. Die Europäer sind weit abgeschlagen. Und wenn Korea an Boden verliert, was angesichts der Probleme dor­tiger Werften nicht ausgeschlossen ist, sei der Markt vollständig in einer Hand. „Dann haben wir eine komplette Abhängigkeit von China“, sagt der Branchenlobbyist aus Hamburg.

Nach Angaben des VSM haben chinesische Werften vergangenes Jahr Aufträge für Containerschiffe, Tanker und andere zivile Schiffe im Wert von 63,5 Milliarden Dollar eingesammelt. Das entspricht mehr als der Hälfte des gesamten Weltmarkts. Korea nahm Bestellungen über 45,7 Milliarden Dollar an und stand damit für knapp 40 Prozent aller Aufträge. Europa kam nur noch auf 5,4 Milliarden Dollar, ein Marktanteil unterhalb von 5 Prozent und weit weniger als im Vor-Corona-Jahr 2019. An deutsche Werften gingen Order für etwa eine Milliarde Dollar, womit die hiesige Industrie ihren langen Abwärtstrend fortsetzte.

Die wirtschaftliche Abhängigkeit von der Volksrepublik sorgt derzeit in vielen Branchen für Diskussionen. Rufe nach Protektionismus und staatlicher Hilfe werden lauter, von der Autoindustrie über die Chemie bis zum Handel. Auch die Interessenvertreter des VSM nehmen ihre Zahlen, die sie am Dienstag auf der Jahrespressekonferenz in Hamburg präsentiert haben, zum Anlass, um verstärkt Subventionen zu fordern. Auf dem Weltmarkt sehe man Angebotspreise, die weit unterhalb der Produktionskosten für Schiffe lägen – „ein klares Indiz für Marktverzerrung, die für den Schiffbau seit Jahrzehnten prägend ist“, so Hauptgeschäftsführer Lüken. In diesem Umfeld könnten Europäer nicht konkurrieren.

Hilfe für die heimische Industrie

Chinesische Werften profitierten von massiver staatlicher Rückendeckung, von Finanzierungshilfen bis hin zu direkten Zuschüssen, so der VSM. Auch in Korea und Japan sei das Standard. Zwar können auch deutsche Schiffbauer auf großzügige Staatshilfe zurückgreifen, etwa Kreditbürgschaften von Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Niedersachsen, ohne die der Sektor hierzulande noch viel schlechter dastünde. Doch das sei zu wenig, um hiesige Anbieter im immer brutaleren Verdrängungswettkampf vor der Übermacht aus Fernost zu schützen, so VSM-Chef Lüken.

Großer Rivale: Blick auf die Werften in Dalian im Nordwesten Chinas


Großer Rivale: Blick auf die Werften in Dalian im Nordwesten Chinas
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Bild: REUTERS

Der Verband regt an, Verkehre auf dem Seeweg innerhalb Europas verstärkt an heimische Reeder mit Schiffen aus hiesigen Werften zu vergeben. Die maritime Industrie müsse außerdem in den Kreis kritischer Technologiebranchen aufrücken, in denen die EU durch gezielte Schritte wirtschaftliche Abhängigkeiten verringern will. Zudem seien mehr finanzielle Zuschüsse nötig, entweder über Beihilfen, die Reeder beim Kauf europäischer Schiffe bekommen, oder über direkte Zahlungen an Hersteller.

Dabei gehe es nicht nur um Arbeitsplätze, sondern um den Erhalt eines strategisch wichtigen Industriezweigs, so Lüken. In dieser Sicht greifen für den Schiffbau ähnliche Argumente wie für Steuerungschips und Batteriezellen, beides Gebiete, in denen die EU-Länder mit erheblichen Subventionen eigene Wertschöpfungsketten aufbauen. Sie rüsten sich damit auch für den Fall einer militärischen Eskalation des Streits um Taiwan, das China als Teil des eigenen Staatsgebiets sieht. Sollte es so weit kommen, will Europa unabhängig von kritischer Technologie aus der Volksrepublik sein.

Mehr Tempo im Marineschiffbau

Bernd Hartmann, Personalchef der U-Boot-Werft Thyssenkrupp Marine Systems , fordert auf der Jahrespressekonferenz des VSM außerdem mehr Tempo in der Vergabe von Aufträgen für Militärschiffe. Die von Kanzler Olaf Scholz (SPD) ausgerufene „Zeitenwende“ mit einem 100-Milliarden-Euro-Programm für die Bundeswehr sei in den Unternehmen noch nicht angekommen, sagt er. Das müsse sich schnell ändern. Ähnlich sei es mit dem Ziel der NATO-Mitglieder, 2 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts in die Rüstung zu investieren. „Auch da ist nicht klar, wie sich das in den nächsten Jahren entwickeln wird.“

Derzeit arbeiten im deutschen Schiffbau noch knapp 17.000 Beschäftigte. Allein im vergangenen Jahr ist die Zahl damit um mehr als 14 Prozent gesunken. Etliche Insolvenzen haben den Sektor schrumpfen lassen, etwa der Kollaps der Schiffbaugruppe MV Werften . Sie war vergangenes Jahr trotz etlicher Sanierungsschleifen und öffentlicher Bürgschaften zusammengebrochen. Zu den Anbietern, die hierzulande weiter aktiv sind, gehört die Meyer-Werft in Papenburg, die Kreuzfahrtschiffe herstellt. Auch Lürssen und die Fassmer-Gruppe beschäftigen viele Mitarbeiter.

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