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#Deutschland wächst auch 2024 nur so stark wie Russland

Die OECD dämpft ihre Wachstumsaussichten für die deutsche Wirtschaft. Hatte sie im Juni noch ein Plus von 1,2 Prozent im kommenden Jahr prognostiziert, erwartet sie nun nur noch 0,9 Prozent – genauso viel wie übrigens für Russland. Für die Eurozone prognostiziert sie ein Plus von 1,1, für die USA von 1,3 und für die Weltwirtschaft von 2,7 Prozent. Das teilte die Industrieländerorganisation am Dienstag in ihrem neuen Wirtschaftsausblick mit. Sie ist für Deutschland damit noch pessimistischer als das Münchner Ifo-Institut und die EU-Kommission, die ihre Prognosen jüngst ebenfalls nach unten korrigiert haben, für das kommende Jahr aber zumindest noch mit einem Wachstum von 1,4 und 1,1 Prozent rechnen.

Als Pessimistin möchte die im Mai ins Amt gekommene OECD-Chefökonomin Clare Lombardelli gleichwohl nicht verstanden werden. Ja, dieses Jahr sei schwierig für die deutsche Wirtschaft. Aber trotz Prognosekorrektur stünden die Zeichen für 2024 auf Erholung. Dafür gebe es viele Gründe. „Der Hauptgrund ist, dass die Inflation wieder sinkt und die Realeinkommen steigen werden“, sagte Lombardelli im Gespräch mit der F.A.Z. Die privaten Investitionen setzten sich fort. Für dieses Jahr erwartet die OECD im Übrigen einen Rückgang der deutschen Wirtschaftsleistung von „nur“ 0,2 Prozent, während Ifo-Institut und EU-Kommission mit einem doppelt so großen Minus rechnen.

„Es gibt strukturelle Probleme für die deutsche Wirtschaft, wie für viele andere Volkswirtschaften auch“, entgegnete Lombardelli auf den Einwand, wonach die aktuelle Wachstumsschwäche wohl kaum nur konjunktureller Natur ist. Natürlich bedeute vor allem der Übergang hin zu mehr Klimaschutz, dass es zu einer Anpassung von Geschäftsmodellen komme. „Restrukturierungen“ seien nötig, Sorgen verständlich.

„Aber es gibt auch einige ziemlich große Stärken in Deutschland, auf denen man aufbauen könnte“, betont die Britin mit italienischen Wurzeln väterlicherseits, die an der London School of Economics und in Oxford studiert hat, zuletzt leitende Wirtschaftsberaterin im britischen Finanzministerium war und bei der OECD auf Laurence Boone gefolgt ist, die in die französische Regierung gewechselt ist. Zu den Stärken gehörten hochqualifizierte Arbeitskräfte und starke Kapitalinvestitionen. Es bestehe kein Grund, warum Deutschland nicht zu den „großen Gewinnern“ zählen sollte.

„Eine Machtverschiebung zugunsten der Arbeitnehmer“

Lombardelli mahnt allerdings mehr längerfristiges Denken an. Es sei verständlich, sich Sorgen um Arbeitsplätze zu machen und nach schützenden Subventionen für die Industrie zu rufen. Letzteres verzögere aber notwendige Anpassungen und Investitionen. „Ich glaube nicht, dass das auf lange Sicht funktioniert“, sagte die OECD-Chefökonomin über Subventionen für die Industrie wie einen vergünstigten Strompreis. Sie beklagte, dass viele der Debatten, die im Moment geführt werden, im Hier und Jetzt verharrten. Dabei sei wichtig, dass die Politik in Europa über die langfristigen Trends nachdenke. Man müsse stärker prüfen, ob die Industrie für die Welt von morgen gerüstet sei.

Politische Anstrengungen fordert die Ökonomin auch zur Senkung der hohen Staatsverschuldung und in der Sozialpolitik. „Wir begrüßen die Art von Rentenreform, die die Franzosen durchführen“, sagte Lombardelli mit Blick auf die Anhebung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre und der Beitragsdauer für die vollen Bezüge. Lombardelli nannte die Demografie „eine wirklich große, wichtige Herausforderung, die derzeit alle Volkswirtschaften belastet, auch in Deutschland“. Eine der Antworten darauf müsse sein, das Arbeitsleben der Menschen zu verlängern. Es sei nun mal „nicht nachhaltig“, wenn das Rentenalter gleich bleibt und immer mehr Menschen über dem erwerbsfähigen Alter von der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter abhängig sind. Von solchen Reformen gehe im Übrigen auch ein Signal an ausländische Investoren aus.

Noch keine klare Meinung hat Lombardelli zur Viertagewoche, die es nicht nur in Deutschland, sondern auch in ihrer britischen Heimat vermehrt gibt und für Diskussionen sorgt. Es sei zu früh, die Auswirkungen auf die Produktivität zu beurteilen, auch wenn einige Studien auf eine Erhöhung hindeuteten. Sicher sei, dass die Arbeitsmärkte sehr angespannt seien, Menschen mit bestimmten Fähigkeiten sehr gefragt seien und die Menschen ihre Einstellung zur Arbeit geändert haben. Deshalb bestehe im Moment „eine Diskrepanz zwischen den Wünschen der Menschen und den verfügbaren Arbeitsplätzen“ und sehe man „eine Machtverschiebung zugunsten der Arbeitnehmer“, die die Bedingungen ein wenig mehr diktieren können. Es würde sie aber überraschen, wenn die Viertagewoche künftig zur Regel werden würde, sagte Lombardelli. In der OECD gebe es sie noch nicht.

Lombardelli verbindet den am Dienstag vorgestellten Wirtschaftsausblick unter der Überschrift „Bekämpfung von Inflation und niedrigem Wachstum“ mit einem klaren Appell für den Welthandel. Man müsse „klug darüber nachdenken, wie man auf die sehr berechtigten Sicherheitsbedenken reagieren“ und die Lieferketten durch mehr Diversifizierung widerstandsfähiger machen könne, sagte sie. Klar müsse sein: Der Welthandel sei eine wichtige Quelle des langfristigen Wohlstands, und der Abbau von Handelsbeschränkungen fördere Produktivität und Wachstum. Diese Vorteile würden die Menschen sehen und spüren.

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