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#Die Angst vor der Vertreibung

Die Angst vor der Vertreibung

Die letzten Nächte des Ramadans haben in Jerusalem ein Ausmaß der Gewalt erreicht wie seit Jahren nicht mehr. Nach den Gebeten schleuderten Palästinenser Steine auf die Polizei, die bis auf das Plateau von Al-Aqsa vordrang. Die Beamten feuerten Gummigeschosse in die Menge und Videoaufnahmen zeigen, wie Sicherheitskräfte Schockgranaten selbst in den Eingangsbereich der Al-Aqsa-Moschee warfen, was neuerliche Gewalt nach sich zog.

Zweihundert Palästinenser und zwanzig Polizisten wurden am Freitag verletzt, neunzig weitere Palästinenser am Samstagabend. Zuvor hatte die Polizei Dutzende Busse mit palästinensischen Israelis vorübergehend angehalten, die auf dem Weg zum Al-Aqsa-Plateau waren, wo am Abend Al-Qadr begangen wurde, die heiligste Nacht im Ramadan. Nach Polizeiangaben wurden 29 Personen festgenommen, die im Umfeld der Muslimbruderschaft vermutet werden.

Netanjahu ist mit dem eigenen politischen Überleben beschäftigt

Die Polizei geht laut israelischen Medienberichten davon aus, dass Angehörige der Hamas eine führende Rolle bei den Zusammenstößen spielen. Weiter hieß es, dass die Unruhen im Zusammenhang mit der Entscheidung des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas stünden, die Parlamentswahl abzusagen. Abbas hatte das damit begründet, dass Israel die Wahl für Palästinenser im von Israel besetzten Ostjerusalem nicht ausdrücklich erlaubt habe. Die palästinensische Führung in Ramallah, die kaum Zugriff auf das arabische Ostjerusalem hat, hat das Vertrauen der eigenen Bevölkerung verloren. Sie macht hingegen Israel für die Unruhen in Jerusalem verantwortlich.

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Gleichzeitig marschierten während der Auseinandersetzungen Dutzende rechtsradikale jüdische Aktivisten durch die muslimischen Viertel der Altstadt und grölten antiarabische Parolen. In Jerusalem gärt es seit Wochen. Die andauernde Führungskrise der geschäftsführenden israelischen Regierung beruhigt die Lage nicht, Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ist mit seinem eigenen politischen Überleben beschäftigt.

In den Mittelpunkt der Auseinandersetzungen sind zuletzt die seit vielen Jahren andauernden Zwangsräumungen palästinensischer Wohnhäuser in Ostjerusalem getreten. Rund dreihundert palästinensische Ostjerusalemer, deren Familien seit mehr als fünfzig Jahren in strategisch bedeutsamer Lage wohnen, sind von der Vertreibung bedroht. Sie leben auf Land, das Juden im 19. Jahrhundert gemäß osmanischem Recht gekauft hatten. Die palästinensischen Familien wiederum wurden nach dem israelischen „Unabhängigkeitskrieg“ von 1948 in den fünfziger Jahren dort angesiedelt, als Jordanien Ostjerusalem kontrollierte. Viele waren selbst im Zuge des Krieges aus dem heutigen Israel geflohen oder vertrieben worden.

Eine jüdische Siedlerorganisation aus den USA klagt sich in Ostjerusalem ein

In Israel regelt ein Gesetz, dass Juden Besitz über Land, das sie im Krieg von 1948 verloren hatten, zurückverlangen können, während Israel das gleiche Recht den Palästinensern verwehrt: Nach Angaben der Zeitung Haaretz sind 30 Prozent der Immobilien in Westjerusalem vor 1948 in Besitz von Arabern gewesen, deren Besitz später enteignet wurde. Ein weiteres israelisches Gesetz „über den Besitz von Abwesenden“ legt vielmehr fest, dass Palästinenser diesen Besitz nicht mehr zurückfordern können.

Eine jüdische Siedlerorganisation, deren Hauptsitz in den Vereinigten Staaten liegt und deren Mitglieder mit den damals tatsächlich dort lebenden Juden keine verwandtschaftlichen Beziehungen haben, beruft sich auf dieses Gesetz, um die Gebäude beschlagnahmen zu lassen.

Seit Jahren gibt es jeden Freitag kleine Demonstrationen, auch jüdischer Israelis, gegen die Zwangsräumungen. Zuletzt haben sie breite und auch internationale Unterstützung bekommen. Zahlreiche junge Demonstranten aus arabisch-israelischen Städten sind in das Viertel Scheich Jarrah in Ostjerusalem gekommen, insbesondere nachdem ein extremistischer Knesset-Abgeordneter sein „Büro“ vor einem der besetzten Häuser aufgebaut hatte. Internationale Organisationen und Konsulate haben ihren Sitz in unmittelbarer Nähe.

Das Viertel ist zu einer strategischen Angelegenheit geworden, auch wenn das israelische Außenministerium den Fall als „Immobilienstreit zwischen privaten Parteien“ zu beschreiben versuchte.

Die US-Regierung äußert sich besorgt über die möglichen Zwangsräumungen

Das amerikanische Außenministerium sah das ganz anders: „Wir sind tief besorgt über die potentielle Zwangsräumung von palästinensischen Familien in den Vierteln Scheich Jarrah und Silwan, von denen viele dort seit Generationen leben.“ Washington rief die israelischen Behörden dazu auf, „die Bewohner von Scheich Jarrah mit Mitgefühl und Respekt zu behandeln und die Gesamtheit dieser komplexen historischen Fälle zu betrachten“. Kurz zuvor war ein Video aus Scheich Jarrah verbreitet worden, in dem einer der stellvertretenden Bürgermeister von Jerusalem, Arye King, einem Aktivisten eine Kugel in den Kopf wünscht.

Leute wie King und andere Siedleraktivisten sagen seit langem offen, dass sie das strategische Ziel verfolgen, Ostjerusalem zu judaisieren. Diese Politik wird zunehmend vom Staat unterstützt. So haben politische Entscheidungsträger erreicht, dass der für diesen Montag geplante erste Verhandlungstag vor dem israelischen Höchstgericht verschoben wird.

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