#Die Christmette feiern sie im Hühnerstall

Im Winter kommen Pater Joseph manchmal ein paar Gläubige abhanden. Denn der Ort, an dem er predigt, wurde früher als Hühnerstall genutzt und ist deshalb reichlich zugig. „Manche gehen dann lieber zur Patriotischen Kirche, weil es dort wärmer ist“, sagt der Pater.

Chinas sogenannte Untergrundkirche lebt ihren Glauben unter prekären Bedingungen. In den vergangenen Jahren hat Pater Joseph für die Weihnachtsgottesdienste immer einen Hotelsaal gemietet. Das war möglich, weil der Hotelbesitzer selbst Katholik war. Doch weil der Besitzer gewechselt hat, wird es wohl auch am Heiligen Abend, trotz Temperaturen um den Gefrierpunkt, beim Hühnerstall bleiben.

Die Messe findet um acht Uhr abends statt, „weil dann die Regierung schon schläft“, sagt der Pater. Natürlich kennt die Staatsmacht das provisorische Gotteshaus. Aber nach Dienstschluss sinkt das Interesse, die Christen in die Schranken zu weisen. In welcher chinesischen Stadt sich der Pater befindet, muss zu seinem Schutz ebenso offenbleiben wie sein richtiger Name.

Zwei Monate ist es her, dass China und der Vatikan ein 2018 geschlossenes Abkommen verlängert haben. Die Lage der Katholiken in dem Land hat sich dadurch nicht verbessert, aber verändert. Die Priester und Bischöfe der sogenannten Untergrundkirche stehen nun unter Druck, der Katholisch-Patriotischen Vereinigung beizutreten. Auch Pater Joseph wurde dazu aufgefordert, hat es aber bislang abgelehnt.

Chinas Katholisch-Patriotische Vereinigung wurde 1957 mit dem Ziel gegründet, die Katholiken unter die Kontrolle der Kommunistischen Partei zu stellen. Den Papst erkennt sie als Oberhaupt nicht an. Ein Teil der Geistlichen lehnte dies ab und ging gewissermaßen in den Untergrund. Der Vatikan hat das Abkommen mit China auch in der Hoffnung geschlossen, diese Spaltung zu überwinden.

Ist der Papst in China-Fragen schlecht beraten? 

Pater Joseph hält das für eine Fehleinschätzung, er glaubt, dass der Papst in China-Fragen schlecht beraten sei. Besonders kritisch sieht er die Rolle von Kurienbischof Marcelo Sánchez Sorondo, der nach einem Besuch in China 2018 sagte, kein anderes Land komme der katholischen Soziallehre so nah wie China.

Chinesischen Geistlichen werde nicht gut genug zugehört; ihnen werde gesagt, dass die Lage der Katholiken in China sich seit der Kulturrevolution doch sehr verbessert habe. Das stimme zwar, aber frei sei man eben immer noch nicht. „Eine Vereinigung der Kirche funktioniert so nicht“, sagt der Pater. Zugleich legt er Wert darauf, Franziskus nicht zu widersprechen. „Der Papst schaut tiefer und weiter“, sagt er.

Den Begriff „Untergrundkirche“ lehnt Pater Joseph ab. Denn natürlich weiß die Regierung genau, was er tut. Aus diesem Grund kann der Geistliche zum Beispiel seinen Pass nicht mehr erneuern, was die Kommunikation mit dem Vatikan erschwert. Auch mit seinem Bischof kann der Pater nicht ohne weiteres sprechen, weil der seit Jahren unter Hausarrest steht. Manchmal kann er Besuch empfangen. Um den Ohren seiner Aufpasser zu entgehen, bleibt ihm nur der Beichtstuhl.

Die Lage der katholischen Untergrundkirche und ihr Verhältnis zur offiziellen Kirche kann je nach Provinz sehr unterschiedlich sein. Manche Gemeinden verfügen über große Kirchenhäuser. Auch die Meinungen zu dem Abkommen zwischen China und dem Vatikan gehen auseinander. Es gibt Stimmen, die eine etwas größere Dialogbereitschaft auf der anderen Seite zu erkennen glauben.