#RBB-Skandal um Schlesinger zeigt Schwächen der Öffentlich-Rechtlichen
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„RBB-Skandal um Schlesinger zeigt Schwächen der Öffentlich-Rechtlichen“
Die Entscheidung war fast einstimmig: Mit den Stimmen von 22 der 23 Mitglieder hat der Rundfunkrat des Rundfunks Berlin Brandenburg Patricia Schlesinger fristlos abberufen. Die bereits zurückgetretene Intendantin hat das Vertrauen im Sender restlos verspielt, und sie hat das Vertrauen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk erschüttert. Ein System, in dem Eskapaden wie die ihren möglich sind, hat ein massives Problem. Dabei kommt es gar nicht darauf an, welche der zahlreichen Vorwürfe, die gegen Schlesinger erhoben werden, sich als strafrechtlich relevant erweisen werden. Auf die Summe kommt es an, denn diese weist ein Systemversagen aus.
Das taugt für eine Satireserie
Da werden unter fragwürdigen Umständen Beraterverträge vergeben, ein Bauprojekt gerät doppelt so teuer wie geplant, die Finanzierung soll angeblich mit Rückgriff auf die Pensionskasse der Mitarbeiter erfolgen. Seltsame Mietgeschäfte werden abgeschlossen, Boni ausgeschüttet, von denen niemand wissen darf, warum und in welcher Höhe. Für den Ehemann der Intendantin gibt es Verträge, zwar nicht beim Sender, dafür aber bei der Messe Berlin, deren Aufsichtsratschef zugleich der Verwaltungsratschef des RBB war. Luxusausstattung ganz oben ist an der Tagesordnung, vom Dienstwagen mit Massagesessel zum Vorzugspreis bis zum 1,4 Millionen Euro teuren Umbau der Chefinnenetage, inklusive vorgeöltem Parkett aus Italien und automatisch bewässerter Pflanzenwand. Hinzu kommen krumme Abrechnungen von Geschäftsessen im Hause Schlesinger. Die Details kann man sich gar nicht farbiger ausmalen. Das taugt bestens für eine Satireserie, die Drehbuchautoren müssen nichts hinzuerfinden.
Die Vorsitzende des RBB-Rundfunkrats, Friederike von Kirchbach, nach der Sondersitzung am Montag.
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Bild: dpa
Von Checks and Balances ist im RBB keine Spur, im Gegenteil. Der Verwaltungsratschef macht gemeinsame Sache mit der Intendantin, es gibt Absprachen unter vier Augen ohne Protokoll. Der Verwaltungsrat macht seinen Job nicht, und der Rundfunkrat seinen erst jetzt. Vor ziemlich genau zwei Jahren hatte der Rundfunkrat Schlesinger noch mit 26 von 28 Stimmen für eine zweite Amtszeit gewählt. Hätte nicht das Onlinemedium „Business Insider“ damit begonnen, die Verhältnisse im RBB zu durchleuchten, wäre dort alles beim Alten.
„Lückenlose Aufklärung“?
In den anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkhäusern ist es derweil erstaunlich still. Lückenlose Aufklärung fordert der neue ARD-Vorsitzende Tom Buhrow, und eine Stärkung der Aufsichtsgremien. Aber das war es auch schon. Das sagt sich leicht, und es sagt sich leise, weil die Intendantinnen und Intendanten wissen, was passieren könnte, drehte man in ihrem eigenen Haus jeden Stein um. Dann würde offenbar, dass wir es hier mit einem System zu tun haben, dem das von den Bürgern zwangsweise aufgebrachte Geld von zuletzt 8,42 Milliarden Euro pro Jahr automatisch zufließt, und die damit machen, was sie wollen. Das sollen sie ja auch, um Programm zu machen, damit der ziemlich arrogante Spruch von der „Demokratie-Abgabe“ Sinn erhält. Was mit dieser allerdings finanziert wird, hat nicht nur beim RBB mit dem Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wenig zu tun.
Zurückgetreten: die ehemalige RBB-Intendantin Patricia Schlesinger und der ehemalige Verwaltungsratsvorsitzende Wolf-Dieter Wolf, aufgenommen im April 2019
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Bild: rbb/Oliver Ziebe
Warum verdienen Intendanten mehr, als in höchsten Staatsämtern bezahlt wird? Wieso ist das Verdienstniveau in den Anstalten von der mittleren Ebene an generell außergewöhnlich? Ist es richtig, dass die Sender Hunderte Millionen in Beton investieren? Entspricht das Programm dem Aufwand? Müssen, sollen, dürfen die Sender auf allen Ausspielwegen alles machen? Teure Fußballrechte kaufen, Unterhaltungsmoderatoren zu Spitzenkonditionen beschäftigen?
Das sind Fragen, die jeden interessieren und zu denen sich Bundespolitiker aller Parteien dieser Tage äußern. Bearbeiten aber müssen sie die Bundesländer, und nur diese. Sechs Jahre haben die Länder gebraucht, um den ersten Teil des neuen Medienstaatsvertrags zu verabschieden, der den Sendeauftrag der Anstalten ein wenig schärft und den Aufsichtsgremien mehr Mitsprache sichert.
Doch ändert das nichts am System, einen Skandal wie den beim RBB würde es nicht verhindern. Die Aufsichtsgremien sind zahnlos, die Verwaltungsräte an entscheidenden Stellen mit Politprofis oder Funktionären besetzt, die das System am Laufen halten, so, wie es ist. Die Gebührenkommission KEF gibt immer wieder scharfe Hinweise auf Missstände. Doch da das Bundesverfassungsgericht die Pressefreiheit mit dem Recht der Öffentlich-Rechtlichen in eins setzt, sie müssten sich von niemandem kontrollieren lassen, ändert sich nichts. Schert jemand aus dem Kartell aus, wie Reiner Haseloff (CDU), der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, bei der letzten Beitragserhöhung, gilt er als Demokratiefeind.
Das würde nur ein Ende haben, wenn die Landesregierungen endlich den Mut fänden, dem öffentlich-rechtliche Rundfunksystem Transparenz, Rechenschaftspflicht und Bürgernähe zu verordnen und Grenzen zu setzen. Damit ist aber leider nicht zu rechnen.
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