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#Die einen baggern, die anderen stellen Fragen

Die einen baggern, die anderen stellen Fragen

Die Anstrengungen, die Ever Given im Suezkanal freizuschleppen steigen – das gilt allerdings auch für Aufwand und Preis. An diesem Montag werden ein weiterer Schwerschlepper aus Italien und ein zweiter großer Sandbagger aus Zypern am Havarieort erwartet. Zugleich werden Vorbereitungen getroffen, die ersten Container vom Vorschiff zu entladen.

Christoph Hein

Christoph Hein

Wirtschaftskorrespondent für Südasien/Pazifik mit Sitz in Singapur.

Da die von den Ägyptern erwarteten Befreiungsversuche am Wochenende scheiterten, deutet vieles darauf hin, dass das Schiff der taiwanesischen Reederei Evergreen möglicherweise länger als eine volle Woche den Kanal blockieren wird. Die Reeder selber geben mit ihren Routenanweisungen einen Blick auf die Erwartungen: A.P. Møller-Mærsk erklärt, inzwischen 15 Schiffe auf den langen Umweg um das Kap der Guten Hoffnung geschickt zu haben. Man gehe davon aus, die Strecke dauere genauso lang wie die Verzögerung im Kanal. Dort stauen sich derzeit schon fast 400 Schiffe – normalerweise können 50 täglich die Wasserstraße befahren. Bis dieser Stau aufgelöst ist, wird es demnach nach einer Bergung der Ever Given eine zusätzliche Woche dauern.  

Das Problem-Fass läuft über

Damit steigen die Kosten für die Weltwirtschaft stündlich. „Das Problem liegt darin, dass die Blockade im Suezkanal das Fass zum Überlaufen bringt. Die Unterbrechung der Lieferketten seit dem Beginn des Jahres (zu wenig Container, Halbleiter) könnten das reale Wachstum des Welthandels 1,4 Prozentpunkte Kosten, oder rund 230 Milliarden Dollar, zusätzlich zum Stilllegen des Suezkanals“, warnen die Analysten der Allianz-Versicherung. „Erste Berechnungen ergeben, dass der Verkehr in den Westen täglich rund 5,1 Milliarden Dollar wert ist, der in Richtung Osten 4,5 Milliarden Dollar. Nach unseren Berechnungen dürfte jede Woche Schließung das jährliche Wachstum des weltweiten Handels zwischen 0,2 und 0,4 Prozentpunkte kosten“, fahren sie mit Blick auf die direkten Folgen der Blockade durch den 400 Meter langen Großfrachter fort.

Die Kanalbetreiber selber kostet die Blockade rund 15 Millionen Dollar täglich an Gebühren. „Das Ganze ist eine schwere Belastung der sowieso schon gedehnten Lieferketten, die sich gerade von den Corona-Folgen erholten. Dauert es Wochen, dürfte daraus etwas werden, das wir eine Katastrophe nennen“, warnt Rahul Kapoor, zuständig für den Bereich Seehandel bei IHS Global Insight in Singapur.

An der Bergung Beteiligte sehen die größten Chancen für einen Schleppversuch am Dienstag, wenn eine höhere Flut erwartet wird. Die Ever Given liegt vorn und hinten auf, da die eigentliche Fahrrinne des Kanals relativ eng ist – die Böschungswinkel der Ufer fallen, verglichen mit Tiefgang und Breite der Riesenschiffe der Goldklasse, nicht sehr steil ab. Während das Heck mit Schraube und Ruder schon am Samstag freilag, macht der Bug weiter Probleme: Unter ihm liege nicht Sand, sondern Fels, heißt es.

Vorbereitungen auf Container-Entladung

Die Fachleute aus den Niederlanden und Japan haben mehrfach darauf hingewiesen, das Entladen der Container, um Druck vom Schiff zu nehmen, werde schwierig und langwierig. Ein Problem sei der notwendige Spezialkran, ein weiteres die Lagerstätte am Ufer. Möglicherweise müssten Hubschrauber genutzt werden. Nachdem der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi die Vorbereitungen dafür am Samstag angeordnet hatte, spricht vieles für einen Beginn der Arbeiten frühestens am Dienstag. Scheitert ein Schleppversuch nach dem Ablassen von Ballastwasser und Treibstoff, sowie dem Ausbaggern des Buges rund um die Uhr auch am Montagabend, könnte sich die Blockade dann noch über Tage hinziehen – das Schiff ist mit mehr als 18.000 Containern beladen. Die Bergungsfirmen sprachen zunächst davon, etwa 600 auf dem Vorschiff entfernen zu wollen.

Derzeit werden der Zustand des Rumpfes und die Auswirkungen der Schlepp- und Baggerversuche ständig überprüft. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass einer der Ballasttanks im Vorschiff beschädigt ist. Maschine und Ruder aber seien betriebsbereit, erklärte der Schiffsmanager Bernhard Schulte Shipmanagement (BSM), der für Technik und Mannschaft verantwortlich zeichnet. Natürlich prüften Ingenieure und Taucher vor Ort, ob es angesichts der enormen Kräfte zu Spannungsrissen im Rumpf kommt.

Aber nicht nur das Schiff, sondern auch das Verhalten der Brückenbesatzung wird geprüft. Tracker verweisen auf Manöver vor der Einfahrt in den Kanal, aber auch auf Abweichungen von der schmalen Ideallinie dort, die als „eigenartig“ eingestuft werden. Allerdings soll es während der Durchfahrt, bei der zwei Lotsen an Bord waren, sehr starke Böen gegeben haben. Eine Außenfläche des Schiffes von rund 10.000 Quadratmetern, auf die Starkwind trifft, stellt bei einem so engen Fahrwasser auch die Frage nach der Verlässlichkeit und Manövrierbarkeit der 224.000 Tonnen schweren Riesenschiffe für den Einsatz in engen Wasserstraße. Auch auf der Elbe war es zu Havarien der Ever Given und eines vergleichbaren Schiffes gekommen.

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