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#Die ewige Rebhuhnjagd

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„Die ewige Rebhuhnjagd“

Tag für Tag verschluckt die Himmelsgöttin Nut morgens die Sterne, um sie am Abend wieder von sich zu geben, mit der Sonne macht sie es umgekehrt. So hält es ein ägyptischer Text um das Jahr 1300 vor Christus fest, und so wird die Göttin auch in einer Sarkophagkammer in Abydos dargestellt: Eine riesige nackte Frau steht auf allen Vieren und überspannt dabei den Raum. Doch es bleibt nicht bei dieser bildlichen Vorstellung zum Auf- und Untergang der Himmelskörper. Denn unterhalb der Göttin sind an der Wand die Positionen bestimmter Sterne festgehalten. Das Bild der Nut, die von ihrem Bruder, dem Erdgott Geb, wegen ihres Appetits auf die Himmelskörper als „Schwein, das seine Ferkel frißt“ beschimpft wird, steht neben einem Katalog astronomischer Werte, es rahmt ihn geradezu ein. Die Kunst, so kann man sich das deuten, ist von der Wissenschaft nicht zu trennen.

Dieser Befund prägt die Ausstellung „Maschinenraum der Götter“, die jetzt im Frankfurter Liebieghaus eröffnet wurde. Sie wirft Schlaglichter auf die antiken Wissenschaften und fragt nach ihrem Fortleben bis in die Gegenwart. Weil es in dem Haus keine ausreichend großen Räume für Sonderausstellungen gibt, werden die jeweiligen Exponate gern in die Dauerausstellung integriert. Das muss nicht immer passen, in diesem Fall aber ergeben sich daraus die interessantesten Bezüge, etwa wenn in einer späteren Abteilung von „Maschinenraum der Götter“ ein niederländisches Fernrohr aus dem siebzehnten Jahrhundert gezeigt wird, ungefähr von der Art, die Galilei benutzte, und schräg gegenüber ein Kruzifix die Macht der Geistlichkeit in Erinnerung ruft.

Der sogenannte Atlas Farnese, die römische Kopie eines griechischen Bronzeoriginals, trägt den Himmel auf seinen Schultern.


Der sogenannte Atlas Farnese, die römische Kopie eines griechischen Bronzeoriginals, trägt den Himmel auf seinen Schultern.
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Bild: Giorgio Albano

Tatsächlich spielen Machtfragen in dieser chronologisch aufgebauten Ausstellung eine herausgehobene Rolle. Dargestellt werden sie an innovativen Gestalten der griechischen Mythologie – die Ausstellung zeigt einen leidenden, kunstvoll verwahrlosten Prometheus aus dem zweiten Jahrhundert nach Christus, eine wundervolle Ikarusstatue aus dem ersten Jahrhundert, beides Leihgaben, und ein Mosaik aus eigenen Beständen, das den Archimedes kurz vor seiner Ermordung durch einen römischen Soldaten darstellt. Damit sind drei Gefahren beschrieben, die denjenigen drohen, die forschend die Welt verändern wollen: Der Halbgott Prometheus wird dafür bestraft, das er den von ihm geschaffenen Menschen das Feuer bringt und sie dadurch den Göttern ein Stück näher rückt, der geniale Dädalus verliert seinen Sohn Ikarus, als der mit dem Prototyp einer seiner Erfindungen nicht zurechtkommt, und Archimedes schließlich, der – „störe meine Kreise nicht“ – so sehr in seine Berechnungen versunken ist, dass er den gewalttätigen Rest der Welt aus den Augen verliert. Einige Räume später ruft dann ein Foto des Observatoriums von Uluk Beg in Samarkand das Schicksal des großen Wissenschaftlers – Enkel und Nachfolger des entsetzlichen Timur Lenk – in Erinnerung, der als dezidiert friedlicher Herrscher gestürzt und 1449 ermordet wurde. Sein Erbe besteht unter anderem aus einer bis auf 58 Minuten exakten Berechnung der Dauer eines Jahres.

Eine Ausstellung, die antritt, um den hohen Stand antiker Wissenschaft zu vermitteln oder die Überlieferungsleistung arabischer Gelehrter zu feiern, dürfte bei vielen Besuchern offene Türen einrennen. Die von Vinzenz Brinkmann, dem Leiter der Antikensammlung des Liebieghauses kuratierte Schau, knüpft daran an und setzt ihre Akzente, indem sie Astronomie und Mechanik in den Mittelpunkt rückt, ohne etwa die Leistungen der Ägypter bei der Entwicklung synthetischer Farbstoffe zu übergehen. Das geheime Zentrum der Ausstellung ist das Werk Herons von Alexandria, der seine Schriften wohl im ersten nachchristlichen Jahrhundert verfasste. Er schildert darin mechanische Apparate, die – wie die von ihm konstruierten künstlichen Singvögel – die Natur nachahmen oder Gegenstände ohne sichtbare Krafteinwirkung bewegen.

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