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#Die Grünen schalten einen Gang zurück

Die Grünen schalten einen Gang zurück

Dass es so nicht weitergeht, war längst klar gewesen. Und doch machten die Grünen noch eine ganze Weile so weiter. Es kamen immer mehr Textstellen ans Licht, die Annalena Baerbock in ihrem Buch „Jetzt“ aus anderen Publikationen übernommen hatte. Doch die Grünen gaben keine Fehler zu, vielmehr erhoben sie ihrerseits Vorwürfe, sprachen von „Rufmord“ und „Dreckskampagne“. Unter dem Stichwort „Jetzt erst recht“ bildete sich eine grüne trotzige Front gegen alle, die über die Plagiatsvorwürfe sprachen oder berichteten.

Doch nun meldete sich die grüne Kanzlerkandidatin aus dem Urlaub und gab zu verstehen, dass sie den Konfrontationskurs nicht weiterverfolgen will. Zwar verteidigte sie nochmals ihre Vorgehensweise: Sie habe bewusst auf öffentlich zugängliche Quellen zurückgegriffen, gerade wenn es um Fakten gehe. Anders als in der Vergangenheit fügte sie allerdings hinzu: „Aber ich nehme die Kritik ernst“, rückblickend wäre es sicherlich besser gewesen, „wenn ich doch mit einem Quellenverzeichnis gearbeitet hätte“, sagte Baerbock der „Süddeutschen Zeitung“.

Es ging den Grünen immer auch um den Ton

Auch für den eigenen Ton in der Auseinandersetzung fand sie vorsichtig selbstkritische Worte. Sie sei in „alte Schützengräben“ gerutscht. Dabei habe sie mehr als drei Jahre lang „intensiv daran gearbeitet, über eine andere Ansprache und Haltung Gräben zu überwinden“. Baerbock und der Ko-Vorsitzende Robert Habeck hatten sich zum Ziel gesetzt, auf gesellschaftliche Gruppen jenseits der grünen Kernklientel zuzugehen, um die Stimmen in der politischen Mitte zu werben. „Bündnispartei“ nannten Baerbock und Habeck dieses Projekt.

Dabei ging es auch immer um den Ton: Die Grünen wollten nicht mehr über „schmutzige Kohle“ sprechen, weil das die Arbeiter im Bergbau verletzt, und sich auch keine Schlammschlachten mehr mit dem politischen Gegner liefern. Bei ihrer Nominierung als Kanzlerkandidatin Mitte April hatte Baerbock gesagt: „,If they go low, we go high‘ – das ist mein Anspruch.“ Damit zitierte sie die First Lady der Vereinigten Staaten, Michelle Obama, die die Angriffe des früheren amerikanischen Präsidenten Donald Trump sinngemäß so kommentiert hatte: „Wenn die anderen sich nicht benehmen können, antworten wir mit Anstand und Stil.“ Nun, wo es im Wahlkampf ernst wird, sind die Grünen doch wieder bei der „Dreckskampagne“ angekommen, wie in alten Tagen.

Auch Michael Kellner, der Bundesgeschäftsführer der Grünen und Wahlkampfleiter, spricht erstmals von „Fehlern“. „Es wurden Fehler gemacht, das ist offensichtlich“, sagte Kellner dem „Spiegel“. Gerade in harten politischen Auseinandersetzungen gelte es „auch selbstkritisch zu sein, immer mal wieder innezuhalten und zu überprüfen, wo man steht“. Diese Standortkontrolle bezog er auch ausdrücklich auf die Plagiatsvorwürfen gegen Baerbock: „Kritik ist stets legitim, auch hier.“ Doch eine 180-Gradwende zum Montag, als er noch von „aufgebauschten Bagatellen“ sprach, wollte er nicht vollführen. Kellner fügte daher hinzu: „Aus meiner Sicht und gemessen an den Herausforderungen unserer Zeit sind das Kleinigkeiten.“ Doch das klingt anders als „Rufmord“ und „Dreckskampagne“.

Schon seit Tagen rumort es bei den Grünen, auch wenn die Kritik bislang vor allem intern vorgetragen wird. Der Unmut liegt nicht nur an der Anzahl von Textstellen in Baerbocks Buch, über die mittlerweile diskutiert wird und die das Bild der perfektionistischen, stets gut vorbereiteten Kanzlerkandidatin weiter erschüttern. Ärger gibt es auch wegen des völlig missglückten Managements der Krise. Zwar befinden sich viele Grüne derzeit im Sommerurlaub, dennoch diskutierte die grüne Spitze intensiv, wie man aus dieser Sackgasse nun wieder rauskommen könnte.

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Der Auftritt von Oliver Krischer, dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden, in der Sendung „Markus Lanz“ dürfte der Parteiführung am Dienstag vor Augen geführt haben, dass es so nicht mehr weitergeht. Krischer verteidigte Baerbock vehement gegen den Vorwurf, Passagen aus anderen Veröffentlichungen übernommen zu haben, obwohl ihm eine Textstelle nach der anderen vorgehalten wurde, die seine Position unhaltbar erschienen ließen.

Vielleicht hat auch Horst Seehofer mit seinen warmen Worten den Ausschlag für den Strategiewechsel gegeben. Der CSU-Politiker hatte am Dienstag gesagt, er halte die Kritik an Baerbock für „übertrieben“. Ein oder zwei Tage könne man über die Plagiatsvorwürfe diskutieren, aber dann „muss es auch mal wieder gut sein“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“. In der Politik und insbesondere im Wahlkampf ist Mitleid des politischen Gegners mindestens peinlich, oft auch gefährlich. Vor allem dann, wenn es ehrlich gemeint ist.

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