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#Die Kirche wird die Missbrauchsskandale nicht los

Die Kirche wird die Missbrauchsskandale nicht los

Das zu Ende gehende Jahr dürfte in die Annalen der katholischen Kirche in Deutschland als ein weiteres des Missvergnügens eingehen. Lange Schatten wirft nicht allein das systemische Versagen in der Vergangenheit angesichts sexueller Gewalt gegenüber Kindern und Jugendlichen. Mittlerweile trägt auch der Umgang mit den Folgen des Unrechts Züge systemischen Versagens.

Daniel Deckers

in der politischen Redaktion verantwortlich für „Die Gegenwart“.

Die Arbeit der vor Jahresfrist mit viel Vorschusslorbeer eingesetzten Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) ist nur das jüngste Glied in einer langen Kette organisatorischer Fehlleistungen der deutschen Bischöfe. Das Gremium hat sich als viel zu klein erwiesen, um in überschaubarer Frist selbst über eine eher geringe Zahl von Zweitanträgen zu entscheiden. Nicht anders als in dem ursprünglichen, in der wichtigsten zum Thema Missbrauch vorgelegte Studie aus dem Jahr 2018 als willkürlich kritisierten Verfahren sind die Entscheidungsgrundlagen intransparent und die Höhe der Entschädigungsleistungen uneinheitlich. Die Betroffenen sexueller Gewalt werden abermals zu Opfern kirchlicher Willkür.

Keinen glücklichen Verlauf nahm auch das Reformprojekt Synodaler Weg. Über der personellen Fluktuation im Synodenpräsidium und einer bestenfalls rudimentären Prozesssteuerung ist die Arbeit der vier Synodalforen übers Jahr aus dem Ruder gelaufen. Mittlerweile sind derart viele Orientierungs- und Handlungstexte entstanden, dass dem Präsidium um den Vorsitzenden der Bischofskonferenz, den Limburger Bischof Bätzing, und der neuen Vorsitzenden des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Stetter-Karp, nichts Gutes schwant.

Eigenwillige Einstimmung auf den Katholikentag

Gleichwohl halten sie an der Idee fest, dass der Synodale Weg sein Ziel dann erreicht, wenn eine qualifizierte Mehrheit der Bischöfe einem bunten Strauß an Reformprojekten zustimmt. Dass die Redezeit bei den Beratungen der zweiten Vollversammlung Anfang Oktober über Vorhaben wie die Begrenzung von Amtszeiten oder die Notwendigkeit des Priestertums auf eine Minute beschränkt wurde und das Plenum nach fast zwei Tagen wegen mangelnder Beschlussfähigkeit vorzeitig nach Hause geschickt wurde, sind in den Augen der Veranstalter unschöne, aber unerhebliche Nebenwirkungen eines an sich guten Projektes.

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Im kommenden Jahr heißt es nicht nur, zwei weitere als Vollversammlungen deklarierte Textwerkstätten zu absolvieren. An den Ökumenischen Kirchentag aus dem vergangenen Frühjahr, der unter Corona-Bedingungen mit Kosten von mehr als 20 Millionen Euro als virtuelle Farce aufgeführt wurde, soll sich im Mai in Stuttgart ein Katholikentag anschließen. Zur Einstimmung wurde jüngst ein „Newsletter“ mit dem Hinweis versandt, neben der Katholikentagstasse und dem Multifunktionstuch gebe es „Vogelhäuschen, Vesperbrettchen, exklusiv von Bischof Fürst gesegnete Holzkreuze im Shop und das Klickbesteck im Katholikentags-Design!“ Gleichwohl dürfte die Zahl der Teilnehmer auch ohne corona-bedingte Einschränkungen nur einen Bruchteil der weit mehr als 250.000, wenn nicht 300.000 Katholiken erreichen, die 2021 ihre Kirchenmitgliedschaft vor Amtsgerichten, Notaren oder Rathäusern beendet haben werden.

Überdies ist auch im neuen Jahr mit Schockwellen zu rechnen. Noch vor dem Sommer soll eine Gruppe von Wissenschaftlern um den Hamburger Zeithistoriker Großbölting ihre Erkenntnisse über den Umgang mit sexueller Gewalt im Bistum Münster vorstellen. Zu erwarten ist ein methodisch breit angelegtes Gutachten, das vielfältige Verflechtungen sichtbar machen wird. Bischöfe wie Reinhard Lettmann, die dort vom Geist eines elitären Klerikalismus geprägt wurden, hinterließen nicht allein im Münsterland ihre Spuren, sondern auch in Hildesheim (Josef Homeyer) Limburg (Franz Kamphaus) und Trier (Hermann Josef Spital).

In München geht es nicht nur um Reputation

Schon im Januar wird in München ein umfassendes Missbrauchsgutachten erwartet. Erzbischof Reinhard Kardinal Marx hatte es 2019 bei ebenjener Kanzlei Westphal, Spilker, Wastl (WSW) in Auftrag gegeben, von der sein Kölner Widerpart Rainer Maria Woelki im Jahr 2020 nichts mehr wissen wollte. In Bayern steht allerdings noch mehr Reputation auf dem Spiel als am Rhein. Anders als in Köln sind die unmittelbaren Amtsvorgänger Marxens, Friedrich Kardinal Wetter und Joseph Kardinal Ratzinger/Benedikt XVI., noch unter den Lebenden. Was über deren Amtsführung zu erwarten ist, lässt sich einem Strafdekret aus dem Jahr 2016 entnehmen.

Es ging um den Fall des seriellen Missbrauchstäters Peter H., der 1980 aus dem Bistum Essen in das Erzbistum München „weitervermittelt“ wurde. „Der damalige Erzbischof Joseph Kardinal Ratzinger und sein Ordinariatsrat waren in Kenntnis der Sachlage zur Aufnahme des Priesters bereit“, heißt es in dem Dekret, das unter anderem von dem langjährigen Domdekan Lorenz Wolf unterzeichnet ist. 2010 hatte Ratzingers Generalvikar Gerhard Gruber noch die alleinige Verantwortung für die Aufnahme des Priesters übernehmen müssen.

Im Frühjahr 1986 wurde Peter H. wegen neuerlichen sexuellen Missbrauchs von Heranwachsenden von einem Landgericht zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. In dem Strafdekret aus 2016 heißt es, auf der Ordinariatssitzung vom 24. Juni 1986 sei über die Gerichtsverhandlung berichtet und beschlossen worden, Kaplan Peter H. „eine geeignete Stelle anzubieten“. Schon im Jahr darauf konnte der Mann wieder ohne Beschränkung als Seelsorger arbeiten. Bald darauf wurde er wieder gewalttätig. Die Verantwortung für diese Entscheidung wies Wolf 2016 Kardinal Wetter sowie dessen Weihbischöfen und Ordinariatsräten zu.

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