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#Die Luftfahrt braucht eine Perspektive

Die Luftfahrt braucht eine Perspektive

Lufthansa-Vorstandschef Carsten Spohr hat es früh geahnt: Die Luftfahrt wird als eine der letzten Branchen aus der Pandemiekrise kommen. Doch fallen die Corona-Folgen für diesen Verkehrszweig noch schwerwiegender aus, als Spohr befürchtet hatte. Menschen meiden Flugreisen, das zeigt die Leere in den Terminals. Was die Infektionszahlen vermuten lassen, belegen die Buchungen: Die Zurückhaltung wird länger dauern. Der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport erwartet auch im kommenden Jahr nur 35 bis 45 Prozent des Vorkrisenverkehrs. Lufthansa sieht für sich aber erst Chancen auf einen positiven Cashflow, wenn die Hälfte der Kapazität wieder im Einsatz ist. Düsterer könnten die Aussichten kaum sein.

Die Not führt zur Frage, warum Menschen das Flugzeug meiden. Es wäre zu simpel, einfach auf die Angst vor Ansteckung zu verweisen. Es ist ein Mix aus mehreren Gründen. Natürlich spielt die Sorge vor einer Krankheit, an (oder mit) der schon mehr als eine Million Menschen gestorben sind, eine wichtige Rolle. Hinzu kommt aber, dass Reisen kaum noch planbar sind. Bestehende, neue oder aufgehobene Risikogebiete samt staatlicher Regulierung bilden einen kaum überschaubaren Wust. Das schürt Ängste, irgendwo zu stranden. Nicht zu unterschätzen ist auch, dass Passagiere am Beginn der Pandemie erfahren haben, wie sie vom Reiseanbieter im Stich gelassen wurden. Wer einer berechtigten Rückforderung hinterherrennen musste oder eine Flugabsage erhielt, weil sich der Start für die Airline nicht mehr lohnte, misstraut Versprechen, dies werde sich nicht wiederholen.

Um die Sicherheit an Bord ist es dank spezieller Luftfilter, Maskenpflicht und Hygieneregeln gar nicht schlecht bestellt. Zwar hat die Branche 44 Corona-Fälle eingestanden. Angesichts von 1,2 Milliarden Passagieren in aller Welt taugt die Zahl aber nur als Mahnung zur Vorsicht, nicht als Anlass für Beschränkungen. Das Risiko, sich das Virus am Boden einzufangen, ist viel größer. Doch zur Flugreise gehört neben der Zeit an Bord der Aufenthalt am Ziel. Unternehmen schicken deshalb ihre Geschäftsreisenden nicht mehr los, Urlauber zögern, in die Ferne zu schweifen.

Reisen werden möglichst unattraktiv gemacht

Umso erstaunlicher ist es, mit wie viel Verve Politiker an weiteren Warnungen und Beschränkungen arbeiten – und dabei fast vergessen, dass die Mehrzahl der Infektionen im privaten Raum und bei großen Feiern entsteht. Trotzdem immer wieder Urlaube und Flüge regulieren zu wollen wirkt wie Aktionismus. Die Bevölkerung scheut das Fliegen vorerst ohnehin. Eine Reise- und Infektionswelle dürfte es auch dann nicht geben, wenn die Regulierung zurückhaltender ausfällt. Dennoch werden Reisen möglichst unattraktiv gemacht. Flüge sind nicht verboten, aber wer von nächster Woche an aus einem Risikogebiet landet, muss in Zwangsquarantäne – egal ob er einen Test selbst bezahlen möchte. Zuvor hatten Reisende erlebt, dass sich Erfassung oder Nachfragen bei der Heimkehr umgehen ließen, wenn sie in Europa nicht das Flugzeug, sondern das Auto nahmen. Die Kontrollen waren absurd löchrig.

Fluggesellschaften haben sich aber auch selbst um die Loyalität der Kunden gebracht. Die Branche verschleppte entgegen der Rechtslage Erstattungen, bis der Entrüstungssturm zu laut wurde. Danach wurde erstaunlich schnell gezahlt. Die Branche wäre gut beraten gewesen, offen mit ihren Kunden zu reden, statt zu beschwichtigen oder zu schweigen. Die Quittung dafür ist schon ausgestellt. Geschäftsreise- und Verbrauchervertreter fordern, dass Tickets künftig erst bei Flugantritt und nicht Monate im Voraus bezahlt werden müssen. Das würde bisherige Kalkulationen über den Haufen werfen. Dabei wollten die Fluggesellschaften gerade die für sie teuren Kundenrechte, die Gerichte stetig erweitert hatten, beschneiden. Nun wird es schwer zu argumentieren, warum nach einer historischen Krise grundsätzlich Hand an den Verbraucherschutz angelegt werden sollte.

Nach acht Pandemiemonaten braucht die Branche eine Perspektive. Die geforderte Schnelltest-Offensive kann nur eine Brückenlösung sein. Jeden Gast zu prüfen bleibt eine Utopie. Das Konzept taugt aber als Anlaufhilfe auf ausgewählten Strecken. Die Unternehmen müssen zudem über die Corona-Hochphase hinaus kundenfreundlicher werden. Gleichwohl ist mehr Unterstützung von Staat nötig – nicht nur mit Geld, sondern auch mit Worten. Mit dem Luftfahrtgipfel ist ein erster Schritt getan. Die Politiker-Schelte, die wie eine Stigmatisierung von Reisenden wirkt und künftiges Geschäft erschwert, muss enden. 800.000 Arbeitsplätze hängen an der deutschen Luftfahrt. Jeder Beschäftigte, dessen Stelle durch eine sanftere Tonart in der Debatte erhalten werden kann, wäre dankbar dafür.

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