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#Die Mafia bittet zur Verkostung

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Die Mafia bittet zur Verkostung

Was für ein Idyll: Sonnenschein umspielt das Rebengrün, Vater und Tochter steigen in den Weinberg, um die Beeren vor der anstehenden Lese zu kosten. Der Zucker stimmt, die Kerne lösen sich saftig von der Frucht, der Südtiroler Winzer Matteo DeCanin (Tobias Moretti) kann stolz und voller Hoffnung sein: auf den neuen Jahrgang in den Fässern und die nächste Generation, die in Gestalt seiner Tochter Laura (Tobias Morettis Tochter Antonia Moretti) das Familienunternehmen weiterführen wird. Nicht um irgendein Gut geht es hier, sondern einen traditionsreichen, preisgekrönten Spitzenbetrieb, ein Château wie aus dem Bilderbuch, mit einer Königin – DeCanins Ehefrau Stefania (Ursina Lardi) –, einem König und einer Prinzessin.

Wäre da nicht dieser Mann, der immer wieder breitbeinig im Hof steht, den Winzer mit Blicken fixiert, verschwindet und wiederkehrt, immer ein bisschen näher, immer ein bisschen bedrohlicher. Und wäre da nicht das Intro, das der Regisseur Andreas Prochaska (mit Ben von Rönne auch Drehbuchautor) dem Ausflug in die heile Weinbaufamilienwelt vorausschickt: Bei Nacht und Nebel laufen da junge Afrikanerinnen zwischen Rebenzeilen um ihr Leben, es fallen Schüsse, es fließt Blut, rot wie der Wein, den DeCanin mit seinem Kellermeister (Gerhard Liebmann) zu Klängen klassischer Musik ausbaut. Das helle Licht, in dem DeCanin sich noch sonnt, wird von der Dunkelheit erfasst werden, daran lassen die sich verdüsternden Bilder des Kameramanns Thomas W. Kiennast keinen Zweifel, lange bevor etwas Schlimmes geschieht. Matteo DeCanin ist gefangen „Im Netz der Camorra“.

Heile Familie und schöner Umgebung?

Der gleichnamige Zweiteiler im ZDF lässt auf eine heile Familie in schöner Umgebung, wie man sie sich auch bestens in einer Vorabendserie vorstellen kann, Figuren los, die auch in einer Mafiaserie wie „Camorra“ ein Zuhause finden könnten. Überwölbt wird das Ganze von den Ermittlungen eines Carabiniere namens Adrin Erlacher (Harald Windisch), der einem „Landkrimi“ des ORF entstiegen zu sein scheint. Ein schräger Verschnitt, könnte man meinen. Doch das Konzept geht erstaunlich gut auf: „Im Netz der Camorra“ ist tatsächlich ein Thriller , der die „Commissario Brunetti“-Behaglichkeit unzähliger Auslandskrimis aus dem deutschen Fernsehen wirkungsvoll zerschlägt. Die glaubwürdige, vielsprachige, multidialektale und internationale Besetzung unter anderem mit Fabrizio Romagnoli als Mafioso Nino Sorrentino und Precious Mariam Sanusi als von Erlacher unter hohem persönlichen Einsatz geschützte Zeugin Akua Mbaye trägt dazu bei.

Prochaska scheut sich nicht, immer wieder Untertitel zu verwenden, wo andere nach einem requisitenhaften „Ciao“ ins Deutsche wechseln würden. Noch konsequenter wäre es zwar gewesen, Gesprächssituationen, die sich den Geschichten der Figuren nach eigentlich auf Neapolitanisch ereignen müssten, nicht einzudeutschen. Doch Tobias Moretti lässt DeCanin trotz all der Nuanciertheit, die er seiner doppeldeutigen Figur zueignet, auch nicht wirklich wirken, als käme sie aus dem tiefsten Süden. Das geht in Ordnung, spielt Moretti doch einen halben Österreicher und zwecks Tarnung perfekt in Südtirol Akkulturierten, der den Namen seiner Frau angenommen hat und eine Vergangenheit in Kampanien verschweigt. Jetzt holt sie ihn ein, mit der ganzen Brutalität, zu der Camorristi fähig sind.

Es geht um Weinpanscherei für China im großen Stil, tatsächlich aber um ein perfides Machtspiel, mit dem ein Abtrünniger bestraft, gequält, erpresst und am Ende vielleicht zu Tode gebracht werden soll. Nach kultiviertem Nippen aus langstieligen Gläsern ist der Schock nur umso größer, wenn ein Schädel eingeschlagen wird, Leichen beseitigt werden oder verbal in einer finalen Brüllorgie Methoden des Mords aufgerufen werden, die in öffentlich-rechtlichen Fernsehfilmen sonst keinen Platz haben.

„Im Netz der Camorra“ ist dennoch kein effekthascherisches Gemetzel. Ruhig und bedächtig führt Prochaska, unterstützt von der dräuenden Musik Stefan Bernheimers, seine Figuren ins Verderben, lässt ihnen Raum zur Reflexion und zur Entfaltung. Eindrucksvoll verkörpert Harald Windisch den Polizisten als guten Menschen, auf dem die Begrenztheit seiner Macht auch physisch zu lasten scheint. Ursula Lardi zeigt DeCanins Ehefrau feinnervig zwischen Abscheu, Loyalität und Todesmut. Antonia Moretti spielt im Finale als junge Frau in einer Extremsituation groß auf. Allein das Ende allerdings wirkt seltsam angeheftet, wie ein Epilog, der dem Publikum weniger abverlangt als die emotionale Kelter zuvor. Den Weg in eine mögliche Fortsetzung lässt es offen.

Im Netz der Camorra, heute und am Dienstag, jeweils um 20.15 Uhr im ZDF

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