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#Die Mezzosopranistin Janet Baker wird 90

Sich am schönen Klang einer Stimme zu berauschen, losgelöst vom Sinn des Wortes, zeuge „von einer Amnesie des Geistes“, schrieb der Komponist Reynaldo Hahn in seinem Buch „Du chant“. Die englische Mezzosopranistin Janet Baker hat all ihre Energien darauf verwandt, die Sinneinheit von Wort und Musik zu erschließen. „Ich habe meine Stimme immer als Mittel der Verständigung und der Kommunikation verstanden und nicht als Qualität, die mich von den anderen absetzt.“ Damit hat sie implizit ein Credo abgelegt: „Ich möchte von ernsten Dingen singen und nicht von trivialen Erlebnissen.“ Zu spüren ist die gleichermaßen intellektuelle wie emotionale Kraft ih­res Singens im stammelnden Abschiedsgesang der Ottavia in Monteverdis „L’Incoronazione di Poppea“ oder in Didos Abschied in Henry Purcelles „Dido and Aeneas“: Wir hören die Klage der Welt aus einem Menschen.

„Ich wurde unter Druck gesetzt“

Nach ersten musikalischen Erfahrungen im Kirchenchor ihrer Heimatstadt Hatfield (York) und dem Studium bei Helene Isepp schloss sich Janet Baker 1955 den Ambrosian Singers an. Ein Jahr später gewann sie den zweiten Preis des von der „Daily Mail“ ausgelobten Kathleen-Ferrier-Wettbewerbs, absolvierte Liederkurse bei Meriel St Clair für die französische Mélodie und bei Lotte Lehmann für das deutsche Lied. Am Morley College debütierte sie 1958 in der Titelpartie von Glucks „L’Orfeo“. In den folgenden Jahren sang sie für die Handel Opera Society, die English Opera Group, am Sadler’s Wells Theater, bei den Festivals in Glyndebourne und Edinburgh, an der Scottish Opera und an der Covent Garden Opera. 1962 folgte sie der Ein­ladung von Peter Pears, mit dem Ensemble English Opera Group in Drottningholm und Aldeburgh die Partie der Dido in Henry Purcells „Dido und Aeneas“ zu singen.

Der Erfolg führte zu Aufführungen der von Britten aktualisierten „Beggar’s Opera“, von „Albert Herring“, der Fernsehoper „Owen Wingrave“ und „The Rape of Lucretia“. Doch widmete sie sich in den ersten Jahren ihrer Laufbahn überwiegend der geistlichen, oratorischen und konzertanten Musik, erst seit Mitte der Sechzigerjahre, auf dem Höhepunkt der stimmlichen Entwicklung, den Opernpartien von Händel, Rameau, Mozart, Gluck, Berlioz und Britten. Den Lockungen für Starauftritte in den Musikmetropolen hat sie widerstanden: „Ich wurde unter Druck gesetzt“, sagte sie in einem Gespräch mit der Londoner „Times“, „eine internationale Opernsängerin zu werden. Einige europäische Bühnen boten sogar Carte blanche für die Auswahl der Rollen.“ Sie lehnte ab, weil sie durch die Arbeit in Aldeburgh und Glynde­bourne gewohnt war, sorgfältig und mit vertrauten Kollegen zu studieren; und auch deshalb, weil sie viele Kollegen erlebt hatte, die „von Stadt zu Stadt jettend ihre Stimmen ruiniert haben“.

Extreme der Leidenschaft

Was die Wahl des Repertoires betrifft, war sie so klug, die Musik Ros­sinis zu meiden, nicht aus stimmlichen Gründen, sondern wegen ihrer „Gestimmtheit“; während sie den „dramatischen“ Mezzo-Partien Verdis ausgewichen ist, weil ihre Stimme nicht die metallische Brillanz mitbrachte. Doch ist in ihren Darstellungen von Glucks Orfeo, von Mozarts Vitellia in „La Clemenza di Tito“ (einer Lady Macbeth des 18. Jahrhunderts) oder von Brittens „The Rape of Lucrezia“ immer zu spüren, welche Leidenschaft in der Musik glüht und welche Person hinter den Extremen der Leidenschaft steht. Von der Opernbühne nahm sie 1982 Abschied als Mary Stuart (von Gaetano Donizetti) in London und als Orfeo in Glyndebourne und in der Londoner Albert Hall. Zu früh, wie ihre Bewunderer sagten. Aber in einem Traum, so sagte sie, habe sie eine ferne Stimme gehört, die ihr sagte, dass sie sich verabschieden könne. „Ich hatte getan, was ich tun musste.“

Ihr diskographisches Erbe ist nicht nur numerisch riesig, sondern auch von großem Gestaltenreichtum. Es gibt, in polemischer Zuspitzung gesagt, Sänger, die man nach drei ihrer dreißig oder sieben ihr siebzig Aufnahmen kennt, sei es wegen des Wohlklangs, sei es wegen ihres routinierten Allzweck-Espressivos. Wie anders Baker! Ihre Stimme diente immer als Stimme der Musik. Wie fast alle Sänger ist sie am „besten“, wenn sie in ihrer eigenen Sprache singt; wenn sie die Wort-Musik von John Dowland, Thomas Cam­pion und Henry Purcell bis hin zu Benjamin Britten, Vaughan Williams, Roger Quilter, Frederick Delius und Edward Elgar erklingen lässt. Aber auch mit ihren Aufnahmen der Musik von Bach, Schubert, Schumann und Mahler wie der von Cavalli, Monteverdi, Fauré und Berlioz beschenkt sie ihre Hörer mit den Wunschbildern des erfüllten Augenblicks. An diesem Montag wird Dame Janet Baker neunzig Jahre alt.

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