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#Der unermüdliche Kämpfer

Der unermüdliche Kämpfer

Kurz nachdem am Morgen des 18. September 2019 der Rechtsanwalt Derk Wiersum vor seinem Haus im Süden Amsterdams erschossen worden war, erhielt Onno de Jong einen Anruf von der Staatsanwaltschaft. Er solle sein Büro auf keinen Fall verlassen. Am Abend wurde er abgeholt und nach Hause gefahren, wo er gemeinsam mit seiner Frau das wichtigste einpacken konnte. Die Polizei brachte die beiden in ein Hotel. Und wenige Tage später in ein Versteck. Bis heute leben sie in einem geheimen Safe House, bewacht von Soldaten der Marechaussee, die sonst für den Schutz des niederländischen Königshauses zuständig sind.

Thomas Gutschker

Politischer Korrespondent für die Europäische Union, die Nato und die Benelux-Länder mit Sitz in Brüssel.

Der Mord an Derk Wiersum erschütterte die Niederlande. Er war der Anwalt des Kronzeugen Nabil B. – der in Dutzenden Verhören ausgesagt und den Drogenboss Ridouan Taghi schwer belastet hatte. Dieser galt bis zu seiner Festnahme Ende 2019 in Dubai als gefährlichster Verbrecher der Niederlande, Staatsfeind Nummer Eins. Im sogenannten Marengo-Prozess in Amsterdam ist Taghi nun unter anderem als Auftraggeber von sechs Morden angeklagt.

Auch Onno de Jong vertrat als Anwalt einen Kronzeugen, in einem Verfahren gegen Mitglieder des Motorradclubs Caloh Wagoh. Unter der Führung ihres Vereinspräsidenten sollen die Männer mindestens fünf Morde und zahlreiche Mordversuche begangen haben. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass sie dabei nicht auf eigene Faust, sondern als eine Art Dienstleister der Unterwelt handelten. Die Aufträge sollen auch sie von Ridouan Taghi und dessen Netzwerk bekommen haben.

„Hätte es als Kapitulation empfunden“

Nach dem Mord an Derk Wiersum übernahm zunächst ein anonymer Anwalt, von dem sich Nabil B. aber bald wieder trennte. Er wandte sich persönlich an Onno de Jong, der das Mandat kurzentschlossen übernahm, gemeinsam mit seinem Kollegen Peter Schouten. „Wir sind im Grunde die einzigen Anwälte in den Niederlanden, die noch bereit sind, Kronzeugen zu vertreten“, sagte de Jong erst vergangene Woche in einem Videointerview mit der F.A.Z. Anonymität lehnten die beiden ab. Aus praktischen Gründen, weil sie es nicht für möglich hielten, ihren Mandanten vor Gericht und in der Öffentlichkeit angemessen zu vertreten, ohne dass ihre Namen und ihre Gesichter bekannt würden. „Ich hätte es außerdem als Kapitulation empfunden, wenn wir unsere Arbeit anonym machen müssten“, sagte de Jong.

Dem neuen Verteidigerteam des Kronzeugen, der in dem Verfahren selbst wegen der Beteiligung an zwei Morden angeklagt ist, schloss sich außerdem noch Peter R. de Vries an – der bekannteste Kriminalreporter der Niederlande. Nabil B. habe ihn wegen seines Rufs als Reporter gefragt und geradezu angefleht, ihm zu helfen, sagte de Vries kürzlich dem Magazin Vrij Nederland. Integrität, Unabhängigkeit und verschiedene Qualifikationen befähigten de Vries dazu: Er weiß, wie Polizei, Justiz und Anwälte operieren. „Da kenne ich auch jeden und – nicht unwichtig – ich weiß, wie die Medien arbeiten“, sagte er.

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De Jong und Schouten verglichen die Zusammenarbeit mit großen Gerichtsfällen in den Vereinigten Staaten, wo es üblich sei, dass auch Psychologen und Kommunikationsexperten mit Verteidigern kooperierten. „Der Kronzeuge in einem solch Prozess befindet sich in einer sehr schwierigen Lage, da gibt es alle möglichen Themen, die nicht in den Gerichtssaal gehören, die Sie aber mit jemandem vertraulich besprechen möchten: Familienangelegenheiten, Sicherheitsprobleme, die eigene Zukunft.“ De Vries habe all das übernommen. Da die Staatsanwaltschaft in Amsterdam einen Nichtjuristen im Verteidigungsteam des Kronzeugen zunächst nicht akzeptieren wollte, stellte Schouten de Vries in seiner Kanzlei an.

Schon seit Jahren ist de Vries nicht mehr nur Journalist. Angefangen hatte er in jungen Jahren bei der Zeitung De Telegraaf, dem boulevardesken unter den großen Blättern. Bald schon spezialisierte er sich auf Kriminalität, berichtete etwa über die Entführung des Bierbrauers Alfred Heineken. 1987 erschien ein viel verkauftes Buch über die Entführung, die er auf Grundlage von Gesprächen mit dem Mittäter Cor van Hout rekonstruierte. Mit van Hout freundet er sich an – wie im Laufe der Jahre auch mit anderen Akteuren jenes Geschehens, über das er berichtete, was de Vries von Kritikern angelastet wird.

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