#Die Pest des Nationalismus: Davos 1917 im Ersten
Inhaltsverzeichnis
Relativierte Seifigkeit: Die ambitionierte ARD-Serie „Davos 1917“ begreift Historisches als ernstes Spiel von Möglichkeit und Wirklichkeit. Das kann sich sehen lassen.
Die Weihnachtszeit ist auch die Zeit opulenter Historienserien im Fernsehen, und dieses Jahr macht keine Ausnahme. Wobei die Geschichtsgabe im Ersten, ein aufwendiger, brillant gefilmter schweizerisch-deutscher Spionagemehrteiler, sich eine Weltlage vornimmt, die Parallelen zur Jetztzeit aufzuweisen scheint. Lang könnte man über die Stichhaltigkeit solcher unterhaltend aufbereiteter Analogien streiten. Für das fiktionale Fernsehen gilt das Primat der Plausibilität der Erfindung.
Plausibel ist vieles in dieser Produktion: das Motiv der Kriegsmüdigkeit, die Friedenssehnsucht, die verheerende Auswirkung der Gewalt, auch in den Köpfen von traumatisierten Überlebenden; die Pest des Nationalismus; der Verlust von Mitmenschlichkeit und die Geschäftemacherei der Kriegsprofiteure, Akteure in zweiter Reihe, die aus dem Elend ihren Reibach machen. Dass es dieser Historienserie gelingt, trotz Seifenoper-Plot (dem Klassiker Krankenschwester-liebt-Arzt) gut mit Geschichte umzugehen, ist erfreulich.
Davos 1917. Die Zeit ist in der Weltferne des „Zauberbergs“ eingefallen. Die Zeitläufte des Flachlands sind nun, nachdem der Held Hans Castorp lange abgereist ist und sich im Schlamm und Feuer der Schlachtfelder wiederfand, selbst exiliert ins Sanatorium. Unten, etwa an der Westfront, scheinen die letzten Tage der Menschheit in vollem Gang. Untertanen sind Kanonenfutter.
Die Entente, der Kriegsverbund Englands, Frankreichs und des russischen Zarenreichs, hofft auf Unterstützung aus Übersee, und auf technische Neuerungen der Tötungsmethoden. Im April 1917 wird Amerika in den Ersten Weltkrieg eintreten, noch bangt man darauf hin. Das Deutsche Kaiserreich setzt insgeheim auf Lenin, der sich in Zürich befindet. Unterstützt wird die russische Revolution als Störfaktor des Krieges und Schwächung der Entente.
Trailer
:
„Davos 1917“
Video: ARD
Alle Parteien treffen sich im „Curhaus Cronwald“ (gedreht wurde im Hotel Schatzalp in Davos), vor erhabener, tief verschneiter Bergkulisse, auf nur vordergründig neutralem Boden. Der Zug bringt Tuberkulosekranke, hochrangige Militärs auf Geheimmission, russische und deutsche Adlige, Anarchisten und Kommunisten. Und er bringt die hochschwangere Lazarettschwester Johanna Gabathuler (Dominique Devenport) heim vom Einsatz an der Westfront. Im Gepäck hat die überzeugte Pazifistin das Buch der ersten Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner, „Die Waffen nieder!“ von 1889, Fotos ihres toten deutschen Geliebten, Unerschrockenheit, intakte humanistische Werte und eine chirurgische Begabung, die sie unter widrigsten Umständen und ohne formale Ausbildung allseits rettend einsetzt.
Meisterspionin und verführende Hasardeurin
Das Baby wird ihr direkt nach der Geburt von ihrem Vater, dem finanziell klammen Hoteldirektor (Hanspeter Müller-Drossaart), weggenommen. Nur hiervon ist die junge Mutter wirklich traumatisiert. Der Vater, die Schwester Mathilde (Anna Schinz) und der Schwager, der Davoser Polizeichef Caduff (Caspar Kaeser), zwingen Johanna, den Antrag des reichen Großrats Thanner (Sven Schelker) anzunehmen, eines selbstzufriedenen Widerlings, der die junge Frau schlägt, als sie beim Neujahrsball der kapriziösen russischen Prinzessin Olga Belova (Sunnyi Melles) mit dem Arzt Dr. Mangold (David Kross) tanzt. Später vergewaltigt Thanner sie, sein vermeintliches „Eigentumsrecht“ geltend machend.
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