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#Die Politik hat kein Interesse an intakter Natur

Die Politik hat kein Interesse an intakter Natur

Einen Eindruck davon, was nach der Corona-Pandemie an menschlichem Willen übrig bleibt, unser nachhaltig gestörtes Verhältnis zur Natur zu reparieren, konnte Ende vergangener Woche aufs Anschaulichste in Brüssel verfolgt werden. Die Europäische Kommission hatte den nicht weniger als historisch zu nennenden „Green Deal“ als Kernelement einer ökologischen Kehrtwende in der Subventionspolitik angekündigt, doch Europa wird wohl die Kurven des Artensterbens vorerst nicht abflachen. Und es sieht sich offensichtlich auch außerstande, die nötigen Schritte jetzt konsequent einzuleiten.

Joachim Müller-Jung

Joachim Müller-Jung

Redakteur im Feuilleton, zuständig für das Ressort „Natur und Wissenschaft“.

In drei unterschiedlichen Instanzen waren die Weichen zu stellen, bevor es zum entscheidenden Trialog zwischen Parlament, Mitgliedsländern und Kommission kommen soll. Nur die Umweltminister waren mit der Annahme der Biodiversitätsstrategie am Ende bereit, die Grenzen der Belastbarkeit der Natur gebührend anzuerkennen – und damit die vor der Pandemie fast schon allseits anerkannten Abwärtstrends zu bremsen. Stichwort: Bienensterben.

Zehn Prozent mehr Raum für die Natur in der Agrarlandschaft und fünfzig Prozent weniger Pestizide bis 2030 – diese und ein paar mehr Minimalziele sollten als Sicherheitsabstand zu den Grenzen des ökologisch Tragbaren festgeschrieben werden. Doch die EU-Agrarminister und anschließend das Parlament haben als Weichensteller über die Vergabe von annähernd vierhundert Milliarden Euro in der Reform der „Gemeinsamen Agrarpolitik“ die Richtungsänderung verweigert. Die ökologische Großwetterlage hat sich in der aktuellen Krise nicht verändert.

Das hat mit Ökolandbau nichts zu tun

Stattdessen ist ein neuer Mythos geboren, der vom „Systemwechsel“. Die deutsche Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner, die ihn in die Welt setzte, hat damit unter dem Applaus von Bauernverband und anderer Agrarinteressen den Green Deal nicht gestärkt. Sie hat ihn, so deutlich muss das den Zahlen und Formulierungen nach ausbuchstabiert werden, dem Belieben einer industriell-ökologischen Avantgarde ausgesetzt, die nach eigenem Gutdünken und nicht etwa nach wissenschaftlich-ökologischen Maßstäben die Weichen stellt.

Was da beschlossen wurde, hat nichts mit Ökolandbau zu tun, wenn es etwa heißt, zwanzig Prozent der Subventionen sollten künftig als Neuerung in „Eco- Schemes“ und damit an vermeintliche ökologische Bedingungen geknüpft werden. Dass der Anbau von Biomassepflanzen oder die minimale Bodenbearbeitung und digitales „Precision Farming“ als Lösungen ausgeschlossen werden, weil ihr Nutzen für den Naturschutz nicht nachweisbar ist, das legt jedes Land in Europa für sich selbst fest. Die zehn Prozent Naturflächen auf Agrarland wurden von den Verhandlern auf fünf Prozent gekürzt. Wobei auch diese Flächen noch bewirtschaftet werden dürfen. Was das konkret bedeutet, lässt sich mit den Erfahrungen des Niedergangs der Vogelarten hochrechnen: Zehn Prozent mehr Platz für die Natur, damit könnte man die Zahl der Feldvögel um sechzig Prozent erhöhen, darunter fällt die Kurve steil ab.

Das Bedrohungspotential wird politisch kleingeredet

Die Kulturaufgabe bestünde also darin, solche „Rückschritte zum Überleben“ zu ermöglichen, wie das ehedem der Biologe Kurt Egger, ein Umweltschützer der ersten Stunde, schon vor Jahrzehnten formulierte. Unter vielen Acker- und Wiesenvögeln wie Kiebitzen oder Lerchen sind die Bestände mittlerweile um bis zu neunzig Prozent geschrumpft, und wie auch für den wissenschaftlich hinreichend belegten Verlust an Insektenmasse um drei Viertel wird die Industrielandwirtschaft hauptsächlich verantwortlich gemacht.

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