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#Die ratlose Republik und ihre Impfgegner

Die ratlose Republik und ihre Impfgegner

Die französische Ärztin Christine Spitz hat in der Pandemie einen einfachen Rat an ihre Landsleute: „Machen Sie genau das Gegenteil von dem, was man Ihnen im Fernsehen erzählt.“ Die Medizinerin im weißen Kittel tritt in dem französischen Dokumentarfilm „Hold-up“ auf, der mitten im Lockdown ein Millionenpublikum gefunden hat. Geschickt werden darin reelle Missstände wie die Ausflüchte prominenter Regierungsmitglieder zur Maskenknappheit oder zu fehlenden Testkapazitäten bei Ausbruch der Pandemie mit wilden Verschwörungstheorien vermischt.

Michaela Wiegel

Eindeutiger Held des Films, der am 11. November veröffentlicht wurde, ist der Marseiller Mediziner Didier Raoult – obwohl er selbst nicht auftritt. Die von Raoult empfohlene Behandlung von Covid-19-Patienten mit dem Malariamittel Hydroxychloroquin sowie mit dem Antibiotikum Azithromycin wird von französischen Ärzten und dem ehemaligen Gesundheitsminister Philippe Douste-Blazy als Wundermittel gefeiert, das vorgeblich von einer unheiligen Allianz aus profitgierigen Pharmaunternehmen und überheblichen Regierungseliten verboten worden sei.

Douste-Blazy hat sich inzwischen von dem Film mit dem Untertitel „Rückblick auf ein Chaos“ distanziert. Er fühle sich getäuscht, sagte der frühere Minister und Kardiologe, nachdem er entdeckt habe, wie er als Kronzeuge für eine Weltverschwörung herhalten musste. Denn „Hold-up“ will ein weltumspannendes Komplott aufdecken, das hinter der Pandemie stecke und von dem sich Bill Gates und andere durchtriebene Geschäftemacher nichts weniger als das Ersetzen des Bargelds durch Kreditkarten, die Zwangseinführung der 5G-Technologie sowie große Gewinne aus gefährlichen Impfungen versprächen. Zwar werden hauptsächlich Franzosen befragt, aber der Filmemacher Pierre Barnérias-Desplas lässt auch einen britischen Chemienobelpreisträger, einen früheren Manager des Pharmakonzerns Pfizer und den deutschen Anwalt Reiner Füllmich zu Wort kommen, der Klagen gegen den Virologen Christian Drosten und den Leiter des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler, angestrengt hat.

Holocaust-Vergleich für Pandemie

Die Soziologin Monique Pinçon-Charlot, deren Bücher über das Großbürgertum von französischen Linken als Standardwerke gefeiert wurden, argwöhnt in dem Film, dass die Pandemie dazu diene, „die Ärmsten der Menschheit auszulöschen, weil die Reichen sie nicht mehr brauchen“. Die Pandemie sei wie der Holocaust, behauptete sie. Inzwischen hat Pinçon-Charlot sich für den Holocaust-Vergleich entschuldigt und gesagt, ihre Aussagen seien aus dem Zusammenhang gerissen worden.

Aber die Richtigstellungen haben nichts daran geändert, dass sich der Film ungebrochener Beliebtheit erfreut. Große Videoplattformen wie Vimeo haben ihn zwar aus dem Programm genommen, aber über soziale Netzwerke wie Snapchat, Instagram oder Youtube werden weiterhin Raubkopien oder Ausschnitte geteilt. Der Fernsehsender CNews, der sich als französisches Pendant zu Fox News sieht, stellte „Hold-up“ mit einem Interview des Filmemachers vor, ohne dass es zu kritischen Rückfragen oder einer Einordnung durch die Redaktion kam.

Die Schauspielerin Sophie Marceau, die ganz oben auf der Popularitätsliste französischer Filmstars steht, empfahl „Hold-up“ weiter. Das wiederum gefiel Carla Bruni-Sarkozy, die das in einem „like“ auf Facebook ausdrückte. Auch der bekannte Rapper Stomy Bugsy (mit bürgerlichem Namen Gilles Duarte) hat seinen Fans „Hold-up“ ans Herz gelegt. Ein früherer Wortführer der „Gelbwesten“-Bewegung, Maxime Nicolle, verbreitete den Film weiter.

Keine protestierenden Corona-Leugner

Der Erfolg des Films sagt viel über die Befindlichkeit Frankreichs 20 Tage nach Beginn des zweiten Lockdowns mit strikten Ausgangsbeschränkungen aus. Anders als in Deutschland hat es die sonst so protestierfreudigen Franzosen nicht auf die Straße gezogen. Bilder von demonstrierenden Corona-Leugnern gibt es nicht. Aber in etlichen Wohnstuben und Homeoffices braut sich eine Mischung aus Ohnmacht und Wut zusammen, die für Verschwörungstheorien empfänglich macht.

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